Die Magier 04. Kinder der Ewigkeit - Le Doyen Eternel
hatte in seinem Geist gelesen. Saat spürte, wie sich sein Schützling von ihm abwandte und ihm seine Kraft verweigerte. In Gedanken bettelte und winselte er, schwor ihm Freundschaft und ewige Treue, doch der Dämon blieb taub für sein Flehen. Allein kämpfte Saat gegen den Tod, sein Leben rann unaufhaltsam mit seinem Blut aus ihm heraus, und die Erkenntnis, dass er einen Fehler begangen hatte, verdrängte jeden anderen Gedanken.
Er war zu machtgierig gewesen. Er hätte sich nicht vornehmen dürfen, der Erzfeind zu werden.
Er hätte sich damit begnügen sollen, mit einem Unsterblichen im Bunde zu stehen.
Er hätte sich wenigstens einen Freund bewahren müssen.
Léti sah, wie sich seine Brust noch ein letztes Mal hob und ihm ein Schwall schwarzen Blutes aus dem Mund quoll. Saat hatte seinen letzten Atemzug getan.
Sie starrte den Mann an, der ihre Vorfahren gekannt hatte, der das Jal besucht und den sie nun eigenhändig getötet hatte. Er würde seine Erinnerungen mit ins Grab nehmen.
Einer nach dem anderen rappelten sich die Erben hoch, und während sie einander stützten, betrachteten sie die sterblichen Überreste jenes Menschen, der selbst in der Kinderstube der Götter für Aufruhr gesorgt hatte. Jetzt waren sie die letzten Hüter des Geheimnisses von Ji. Und diese Bürde lastete schwerer denn je auf ihren Schultern.
Léti schüttelte als Erste die Schatten der Vergangenheit ab. Sie ging zur Tür und stellte fest, dass sie nicht länger blockiert war. Mit Saats Tod war auch sein Zauber gebrochen.
»Gehen wir«, sagte sie mit heiserer Stimme. »Yan macht sich sicher schon Sorgen.«
Das gesamte arkische Heer hatte sich vor Sombres Mausoleum versammelt, nachdem die Männer den Schrei des Dämons gehört hatten. Als Yan bleich und blutüberströmt aus dem Labyrinth getaumelt war, hatten ihn einige besonders abergläubische Kämpfer gefangen genommen. Erst als Berec und die schwarzen Wölfe eingeschritten waren, wurde er freigelassen und als einer der ihren erkannt.
Sogleich hatte sich der junge Mann zu Saats Palast geschleppt. Schon auf halber Strecke kam ihm Léti entgegen. Auf der Suche nach ihm hatte sie das ganze Lager durchkämmt. Der Anblick der vielen Verletzungen, die seine Versprochene erlitten hatte, tat ihm in der Seele weh, doch dann überwog die Erleichterung, sie lebend wiederzusehen und außer Gefahr zu wissen. »Saat ist tot«, flüsterte sie ihm ins Ohr. Sie fielen einander um den Hals und hielten sich umarmt, ohne überhaupt an einen Kuss zu denken. Für einen kurzen Moment ließ sie ihre Liebe alles um sich herum vergessen.
»Was ist mit den anderen?«, fragte Yan mit zitternder Stimme.
»Sie sind alle verletzt, aber das wird schon wieder«, antwortete Léti leise. »Was ist mit dir? Du bist verwundet …«
»Das erzähle ich dir später, wenn du nichts dagegen hast.«
»Natürlich nicht, liebster Yan, das ist jetzt alles nicht mehr wichtig. Es ist vorbei, aus und vorbei.«
»Ja … Vielleicht«, sagte er mit einem seltsamen Blick zum Mausoleum.
Er fühlte sich noch nicht stark genug, um von dem, was er erlebt hatte, zu berichten. Das hatte Zeit, bis er sich ausgeruht und über die Begegnung mit Sombre nachgedacht hatte.
Léti löste sich von ihm, nahm seine Hand und führte ihn zur Kampfarena des hohen Dyarchen, in die sich die Erben geflüchtet hatten, um ihre Wunden zu verbinden. Keiner von ihnen hatte sich noch länger in Saats Palast aufhalten wollen. Grigán und Corenn sprachen davon, die Festung zu schleifen, auch wenn sie nicht wussten, wie sie das bewerkstelligen sollten.
Als er zu seinen Freunden stieß, die in schweren Zeiten so unerschütterlich zusammengehalten hatten, war Yan fast so glücklich wie bei seinem Wiedersehen mit Léti. Tief in seinem Innern wusste er, dass sich die Erben nie mehr für längere Zeit voneinander trennen würden. Was sie gemeinsam erlebt hatten, war einfach zu stark, und die Freundschaft, die sie nun verband, würde ewig währen.
»Da ist ja unser Glückspilz«, sagte Rey, kaum dass er ihn erblickt hatte. »Weißt du eigentlich, dass du das Beste verpasst hast?« Er lag mit bloßem Oberkörper auf einer Decke, während Lana die Wunde reinigte, die in seinem Bauch klaffte.
»Danach seht Ihr aber nicht gerade aus«, gab Yan liebenswürdig zurück.
Bowbaq griff sich erstaunt ins Gesicht, woraufhin Corenn grinsen musste. Sie war gerade damit beschäftigt, Grigán die Schulter zu verbinden.
»Na warte«, warnte ihn der Krieger.
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