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Die Magier 04. Kinder der Ewigkeit - Le Doyen Eternel

Titel: Die Magier 04. Kinder der Ewigkeit - Le Doyen Eternel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierre Grimbert
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den Mog’lur, wie ihn Bowbaq und Grigán beschrieben hatten, und ihm lief ein eisiger Schauer über den Rücken.
    Er schwieg und strich sich vorsichtig über die Wange. Dieses Mal blutete er. Der Dämon war ihm mit scharfen Krallen übers Gesicht gefahren und hätte ihm fast ein Auge ausgekratzt. Yan fragte sich, ob er Narben davontragen würde, doch in seiner Lage war das nicht länger von Bedeutung.
    Er beschloss, es anders zu versuchen. Mit der Wand im Rücken war er einigermaßen geschützt gewesen, doch nun trat er mit ausgestreckten Armen in die Mitte des Gangs. Diese Geste der Unterlegenheit würde Sombre vielleicht einige Dezillen lang verwirren, gerade so lang, wie Yan brauchte, um seine vielleicht letzte Mission zu erfüllen.
    »Saat ist nicht Euer Herr«, rief er, die Muskeln schon in Erwartung des nächsten Angriffs angespannt. »Ihr müsst ihm nicht gehorchen.«
    Er schwieg eine Weile und rechnete fest mit einem weiteren Schlag aus dem Nichts. Doch die Finsternis blieb so still wie das Meer nach einem Sturm. Hatte er einen wunden Punkt getroffen? Yan nahm all seinen Mut zusammen und sprach mit festerer Stimme weiter. »Saat achtet Euch genauso wenig wie alle anderen. Ihm geht es nur darum, aus Eurer Kraft zu schöpfen. Und nichts zwingt Euch dazu, das zuzulassen.«
    »Du lügst«, grollte die Stimme hasserfüllt.
    Dieses Mal erahnte Yan die Bewegung des Ungeheuers, bevor ihn der Schlag traf. Er erwischte ihn mit voller Wucht im Magen und raubte ihm für eine Dezille den Atem. Er hörte sogar die Krallen des Dämons über den Stein kratzen, als dieser sich von seinem Opfer zurückzog. All das gehörte zu seinem heimtückischen Spiel: Der Dämon weidete sich an der Todesangst seiner Beute.
    Yan griff an sein zerrissenes Hemd. Er spürte, wie Blut über seine Haut rann und den Stoff durchtränkte. Wenn es so weiterging, würde ihm bald keine Kraft mehr bleiben, sich weiter voranzuschleppen.
    Als plötzlich Lichtpunkte vor seinen Augen flimmerten, befürchtete er das Schlimmste. Doch die Punkte wurden größer, vervielfachten sich und ließen die Steinwände bald leuchten wie einen Feuerteppich. Die Schatten wichen zurück, und Yan, die Hand noch immer auf den Magen gepresst, stand dem Dämon, der die Erben verfolgte, von Angesicht zu Angesicht gegenüber.
    Sein Herz setzte kurz aus, als sich das Ungeheuer im Funkenschauer aufrichtete. Einen Wimpernschlag lang erblickte Yan den Mog’lur in seiner fürchterlichsten Gestalt, ein Wesen, das an nichts mehr Gefallen fand, als seine Opfer in Stücke zu reißen, ihren Schmerzensschreien zu lauschen und zu kämpfen, immer weiter zu kämpfen und jedes Mal zu siegen. Er sah den Gott, wie Saat ihn erschaffen hatte.
    Im nächsten Augenblick war es vorbei.
    Vor Yan stand nur noch ein junger Mann mit schwarzem Haar und fragendem Blick, gekleidet in eine nachtschwarze Tunika, wie man sie auch in Kaul oder Lorelien fand. Sombre sah aus, als könnte er sein Bruder sein. Das verwirrte Yan so sehr, dass er fast glaubte, in einem Traum zu sein.
    Aber nur fast. Erinnerungen an seine Reise stiegen in ihm auf. Das Jal’karu hatte sich ihm am stärksten eingeprägt. Im fahlen Licht des Mausoleums fühlte sich Yan ins Land der Dämonen zurückversetzt, und einige Schritte vor ihm stand das jüngste, das einsamste, aber auch das furchterregendste Kind der Unterwelt.
    »Ich lüge nicht«, widersprach Yan und versuchte, seiner Stimme Nachdruck zu verleihen. »Saat nutzt Euch nur aus. Alles, was er unternimmt, dient nicht Eurer Macht, sondern der seinen. Ihr seid nur eine Marionette«, sagte er und hoffte, damit nicht seine letzten Worte gesprochen zu haben.
    Sombre zog die Augenbrauen so weit zusammen, dass sie eine geschlossene Linie bildeten. Yan wollte den richtigen Moment abpassen, um seinen letzten Trumpf auszuspielen, doch er war nicht sicher, ob er dazu überhaupt noch Gelegenheit haben würde. »Saat hat Euch alles genommen, selbst die Möglichkeit, ein anderer zu werden«, sagte er verzagt. »Ihr seid kein richtiger Gott: Ihr seid nur ein Abbild, eine schlechte Kopie, erschaffen vom Geist eines Sterblichen. Saat ist der eigentliche Bezwinger. Ihr seid nichts, und das ist allein seine Schuld. Ihr solltet ihn hassen, anstatt ihm zu helfen!«
    »Er ist mein Freund!«, rief der Dämon mit erschreckender Heftigkeit.
    Yan hätte schwören können, ein Schluchzen in seiner Stimme zu hören. Sombre wirkte geradezu verstört. Yan erinnerte sich an den Blick der Kinder im Dara und

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