Die Magier 04. Kinder der Ewigkeit - Le Doyen Eternel
hatte. Er hatte sich von seinen Gefühlen mitreißen lassen. Mit einem Mal fehlten ihm die Worte.
»Ihr werdet ganz rot. Das habe ich ja noch nie gesehen«, neckte Lana.
»Wenn Ihr mich weiter so anlächelt, werde ich für den Rest meines Lebens rot wie eine Lubilie sein«, sagte Rey. »Priesterin, Ihr lasst mein Herz erglühen.«
Nun verschlug es Lana die Sprache. Rey war so selbstsicher und redegewandt, dass er einen guten Lehrer abgegeben hätte - zumindest, wenn es ihm gelang, seinen Hang zur Provokation zu überwinden. Sie bewunderte seinen Mut und seine Entschlossenheit, die seine Großspurigkeit wettmachten. Mit seiner spontanen, ungestümen Art schien er alle Schwierigkeiten überwinden zu können, und wenn nichts anderes mehr half, blieb ihm immer noch der Humor.
»Reyan … Glaubt Ihr an die Göttin?« »Man müsste schon blind sein, um ausgerechnet hier nicht an die Götter zu glauben.«
»Das meine ich nicht. Glaubt Ihr an Eurydis? An ihre Lehre?«
Er schwieg eine Weile, bevor er antwortete: »Wenn die drei eurydischen Tugenden die Menschen dazu bringen, so zu sein wie Ihr, bin ich ihr eifrigster Verfechter.«
Voller Freude ging Lana weiter. Eine solche Antwort hatte sie sich erhofft. Mit einem Mal erschien ihr die Zukunft sehr viel rosiger. Alles war möglich. Alles war denkbar.
»Warum wolltet Ihr das wissen?«, fragte Rey kokett.
»Wisst Ihr … Ich … Es war mir einfach wichtig zu erfahren, ob … äh … Ich … Ich musste es einfach wissen, weil …« Lana kam sich plötzlich dumm vor. Sie wollte nicht sagen, dass sie keinen Ungläubigen lieben konnte, aber sie wollte Rey auch nicht anlügen.
Er spürte ihre Verwirrung und zog sie an sich. Mit einem Kuss bereitete er ihrem Stammeln ein Ende.
»Reyan … Ich …«
»Könnt Ihr mich nicht endlich Rey nennen?«
Sie küssten sich erneut und verfielen ganz und gar dem Rausch und der Euphorie des Gwels. Man sagt, wenn sich zwei Menschen einander hingeben, gibt es nichts anderes mehr auf der Welt. Im Jal’dara war dieses Gefühl noch hundertmal verstärkt. Ihre Gedanken vernebelten sich, und sie bestanden nur noch aus Liebe.
Und Begehren.
Lana zog Rey in einen flachen Bach, der sie vor den Blicken der Kinder abschirmte. Dann liebten sie einander in dem magischen Wasser, ohne nass zu werden, beschienen von der Abendsonne des Jal’dara.
»Vielleicht verpassen wir etwas«, sagte Yan, während Léti entschlossen auf die Berge zumarschierte. »Wir hätten bei den anderen bleiben sollen.«
»Grigán kommt uns holen, falls irgendetwas geschieht«, entgegnete sie. »Seit heute Morgen haben wir nichts getan, als Nol zuzuhören. Ich brauche etwas Bewegung! Du nicht?«
»Doch, sicher«, antwortete er halbherzig.
Er war gerne allein mit Léti, aber er hatte sich den Ausflug mehr als romantischen Spaziergang vorgestellt und weniger als anstrengende Besteigung. Sie lief die ganze Zeit voraus, und es schien sie nicht zu kümmern, ob er Schritt halten konnte. Sie wollte tatsächlich den Berg erklimmen.
Yan hob den Blick und versuchte vergeblich, den Punkt zu erkennen, auf den Léti gezeigt hatte. Sie war überzeugt, dass sich an dem Berghang in einer Höhe von etwa sechzig Schritten ein Felsvorsprung befand. Dort zog es sie hin. Yan hingegen war nicht sicher, ob es diesen Vorsprung überhaupt gab. Dafür konnten sie in dem felsigen Gelände jederzeit ausrutschen und in die Tiefe stürzen. Doch er folgte Léti voller Vertrauen, so wie er es immer getan hatte. Er nahm alles in Kauf, solange er nur bei ihr sein konnte.
Am Fuß einer Felswand blieben sie stehen. Enttäuscht suchte Léti einen Weg nach oben. Sie lief jeweils hundert Schritte nach links und rechts, fand jedoch keinen Aufstieg. Aber deswegen gab sie noch lange nicht auf.
»Wir sind schon ziemlich hoch«, sagte Yan und genoss die Aussicht auf das Tal dreißig Schritte unter ihnen.
Sie hatten einen steilen Hang erklommen und sich an Büschen und Sträuchern festgehalten, die zwischen den Steinen wuchsen. Von hier oben hatten sie eine noch bessere Aussicht auf das Jal’dara als von dem Hügel, auf dem die Pforte stand. Der Marmorbogen wirkte aus dieser Entfernung weniger imposant, als Yan und Léti ihn in Erinnerung hatten.
Auch die Wiese in der Mitte des Tals war gut zu erkennen. Nicht weit vom Rand saßen Grigán, Bowbaq und Corenn im Gras. Etwas weiter hinten sahen sie Nol, der zwischen schlummernden Kindern umherging. Ab und zu beugte er sich über ein Kind und schien ihm
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