Die Magier 04. Kinder der Ewigkeit - Le Doyen Eternel
stürzen. Er wollte kämpfen, siegen, töten und vernichten. Er wollte die Säulen des Großen Tempels eigenhändig zum Einsturz bringen. Er wollte in den brennenden Trümmern stehen und den Todesqualen der Maz lauschen. Das wäre der Beginn seiner Ära: der Neuen Ordnung.
Sombre konnte nichts tun, als diesen Moment herbeizusehnen und abzuwarten, so wie es ihm bestimmt war.
Er wusste, dass sich die meisten seiner Brüder und Schwestern die Zeit damit vertrieben, die Sterblichen zu beobachten. Sombre fand das sterbenslangweilig. Er war der Bezwinger: Seine einzige Zerstreuung war der Kampf seine einzige Freude die Vernichtung seiner Gegner.
Vor allem die eines ganz bestimmten Gegners. Des Sterblichen, der für alle Zeiten eine einzige Chance hätte, ihn zu besiegen. Des Menschen, dessen Tod sich Sombre mehr wünschte als alles andere.
Aus Gewohnheit machte er sich auf die Suche nach seinen Feinden. Aber seit sie im Jal waren, hatte sich ihre Spur verloren. So gründlich der Dämon die Welt auch durchstreifte, er fand immer nur zwei Erben der weisen Gesandten. Und diese konnten ihm nicht gefährlich werden, zumindest nicht für den Moment: Es waren Kinder, Nachfahren in fünfter Generation des Weisen Moboq vom Vogelklan.
Am liebsten hätte Sombre sie zermalmt, zerstückelt und enthauptet. Doch Saat hatte es ihm verboten. Eins der Kinder konnte der Erzfeind sein, und gegen ihn musste Sombre persönlich kämpfen und nicht in Gestalt eines Avatars. Der Vorfall im Eroberten Schloss hatte gezeigt, dass Sombres Avatar verwundbar war. Allerdings war der Gott mittlerweile viel stärker als damals.
Sombre, der sich seiner Macht sicher war, glaubte nicht, dass ihm der Erzfeind gefährlich werden könnte. Aber er würde Saat gehorchen und seinem Rat folgen, weil er das schon immer getan hatte. Er kannte nichts anderes.
So ließ der Dämon nur seinen Schatten um die arkischen Kinder herumtanzen und ärgerte sich über ein Verbot, das er nicht verstand. Er stellte sich vor, wie er ihre kleinen Körper zerfetzen würde, sobald seine Feinde das Jal verließen und er endlich den Namen des Erzfeinds in ihren Gedanken lesen konnte.
Nol und die Erben gingen vorsichtig auf die Kuhle zu, in der sich der Zugang zur Unterwelt befand. Ohne die unmelodische Harfenmusik hätten sie daran gezweifelt, überhaupt eine Stimme gehört zu haben. Aber es verbarg sich tatsächlich jemand in dem schmalen, modrigen Gang: eine Kreatur mit näselnder Stimme und meckerndem Lachen, die Gefallen daran zu finden schien, ihr Instrument zu malträtieren.
»Lloïol?«, rief Nol und bedeutete seinen Besuchern, auf Abstand zu bleiben.
»Dein bester Freund, mein lieber Nol!
Ja, das bin ich, Zwerg Lloïol!«
»Willkommen zu Hause, Lloïol. Aber wir können nur miteinander reden, wenn du dich zeigst.«
Die Musik verstummte abrupt, und über das Jal’dara senkte sich wieder Stille.
»Die Dämonen können die Unterwelt verlassen?«, wisperte Lana erstaunt.
»Nicht alle Bewohner der Unterwelt sind Dämonen«, erklärte Nol. »Die Sterblichen sind so wankelmütig, dass sich manche Kinder nicht zwischen der Unterwelt und den Gärten entscheiden können. Sie wechseln zwischen den Welten hin und her, bis ihr Schicksal eines Tages besiegelt ist.«
»Ist der Zwerg auch ein Kind?«, fragte Léti.
»Das war er einmal. Lloïol ist fast vollendet, wie er Euch sicher erzählen wird. Er entwickelt sich schon seit mehreren Jahrtausenden und müsste das Jal in wenigen Jahrhunderten verlassen.«
»Dann sind Zwerge also auch Götter«, murmelte Bowbaq. Er fügte dieses neue Wissen mühelos in seine religiösen Überzeugungen ein.
»Gewissermaßen. Aber sie haben weniger Macht. Wie viele Kreaturen des Jal sind sie Mittelwesen zwischen Sterblichen und Göttern. Sie werden auch die Grotesken genannt.«
»Dieser ganz spezielle Grotesk scheint sich jedenfalls nicht zeigen zu wollen«, sagte Rey ungeduldig. »Warum muss er das überhaupt? Wir könnten ihn doch auch von hier aus befragen.«
»Solange er sich weigert, zum Vorschein zu kommen, steht er unter dem Einfluss der Unterwelt«, erklärte Nol. »Solange er dort unten ist, dürft Ihr nicht auf ihn hören. Begeht nicht den gleichen Fehler wie Vanamel oder Pal’b’ree.«
»Und wenn er zum Vorschein kommt?«
»Dann könnt Ihr ihm Glauben schenken. Zumindest, wenn er hier oben im Tal ist. Aber ich weiß nicht, ob er überhaupt noch herauskommen kann. Er war schon so lange nicht mehr hier.«
»Ich
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