Die Magier von Shannara 1 - Das verbannte Volk
Hat dich der Dracha gebissen? Bist du vergiftet?«
Weka Dart schob sein Gesicht dicht vor das ihre. Sie sah die Warzen und Flecken auf seiner dunklen Haut, wo das Haar sie nicht verdeckte. Die Zähne waren scharf, der Atem ging zischend. Es war, als würde sie einem Nagetier in die Augen blicken.
»Zurück«, fuhr sie ihn an, und er gehorchte sofort und duckte sich angesichts ihres barschen Tons. »Mit mir ist alles in Ordnung, Ulk Bog. Ich habe nur nachgedacht.«
Darüber, wie verzweifelt ihre Situation war. Eine schlimmere Lage konnte sie sich nicht vorstellen. In der Verfemung zu sein bedeutete ein Todesurteil. Sie wusste nicht, wer die Mittel hatte, sie hierher zu verfrachten, oder wie sie je diesen Ort verlassen könnte, aber auch hier war sie die Ard Rhys, und sie klammerte sich an ihren eisernen Willen, den sie in zahllosen Kämpfen geschmiedet hatte, die sie überlebt hatte, ihre Widersacher dagegen nicht.
Erneut holte sie tief Luft und blickte sich abermals um, wobei sie die Beschaffenheit des Landes mit der desjenigen verglich, das sie kannte. Es war unverändert. Die Drachenzähne bildeten zu drei Seiten eine natürliche Mauer, hinter der man Grasland und Flüsse erahnen konnte, während sich im Norden die Ebene von Streleheim erstreckte, eine neblige Leere. Sie versuchte logisch zu denken. Wenn sie sich in der Verfemung befand, dann war die Verfemung nicht ein gänzlich anderer Ort; es handelte sich vielmehr um den gleichen Ort auf einer anderen Ebene der Existenz, eine alternative Welt und Geschichte, eine, die seit der Zeit der Feen wenig Fortschritte gemacht hatte. Ihre Welt hatte den Aufstieg und den Verfall einer ganzen Zivilisation gesehen. In dieser hatte sich diese Entwicklung nicht ereignet, sie stand immer noch an dem Punkt, an dem sie vor Tausenden von Jahren durch Elfenmagie geschaffen worden war. Die eine hatte Rassen beherbergt, die aus dem Mythos entstanden, in jener Zeit, als dieser noch real war, und die erneuert wurde durch die Veränderungen, denen die Überlebenden der Großen Kriege unterworfen waren. In der anderen Welt war die Zeit stehen geblieben, und ihre Bewohner waren eine Realität, die aus einem Albtraum geboren war.
Kein Wunder also, dass Weka Dart und vermutlich die meisten hier eine Abart der Elfensprache verwendeten, die sie aus ihren Studien kannte. Einst hatten alle Wesen die gleiche Sprache gesprochen, die aus der Magie des Wortes geboren war, und hatten das Leben und die Chance zur Einheit erhalten, die sie jedoch verspielt hatten. »Wart ihr schon immer das verbannte Volk?«, fragte sie Weka Dart. »Habt ihr Chroniken? Oder jemand anderes?«
»Straken und Hexenmeister führen unsere Chroniken, aber sie sind sich nicht einig über unsere Geschichte«, erwiderte der Ulk Bog. Er rieb sich das scharfe Kinn und grinste. »Es gefällt ihnen, sie ihren gegenwärtigen Bedürfnissen anzupassen. Lügner und Betrüger alle miteinander! Aber solche wie ich, die nicht die Last der Magie tragen, kennen die Wahrheit. Die Geschichte ist die Geschichte! Sie ist nicht das, was irgendwer behauptet. Jarka Ruus gibt es schon seit Tausenden und Abertausenden von Jahren, seit sich das Volk entschied, sich von den Elfen und ihrer Art zu befreien.«
Keine dumme Erklärung für Wesen, die sich selbst nicht als Verbannte betrachten wollten, sondern als selbstbestimmt. Ironischerweise nannten sie sich weiterhin Jarka Ruus - das verbannte Volk. Vielleicht lag es in der Natur aller Wesen, sich ständig neu zu erfinden, um Stolz und Würde zu bewahren. Ungeheuer und Dämonen hatten die gleiche Sehnsucht, sich selbst respektieren zu können, wie Menschen.
Mitten in diesem Gedanken blieb sie stehen, denn sie hatte etwas übersehen. »Existieren noch andere wie ich?«, erkundigte sie sich, denn wenn sie hergeschickt worden war, konnte das anderen ebenfalls zugestoßen sein. »Straken? Gewiss!«
»Nein, keine Straken. Menschen.«
Er starrte sie an. »Was sind Menschen?«
»Ein Volk wie ich. Glatte Haut.« Sie überlegte, welche Beschreibung sonst noch passte. »Jemand, der mir ähnelt.«
Unbehagen ergriff ihn. »Der dir ähnelt? Manche schon, manche nicht. Straken und Hexenmeister und Hexen können aussehen, wie sie wollen, durch ihre Magie.« Er rieb sich nervös die Hände und schaute sich um. »Können wir weitergehen? Der Dracha hat möglicherweise Freunde. Und die holt er vielleicht gerade. Drachas sind sehr klug, und sogar ein so mächtiger Straken wie du kommt nicht gegen ein ganzes
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