Die Magier von Shannara 1 - Das verbannte Volk
Rudel an.« Sie starrte ihn an, bis er den Blick abwandte. Er wusste etwas, das er ihr verheimlichte, etwas Wichtiges. Sie sah es ihm an den Augen an, hörte es aus seiner Stimme heraus. Für den Moment entschied sie, es dabei zu belassen. Schließlich hatte er Recht, sie sollten besser nicht zu lange an einem Ort bleiben. In der Verfemung war das gefährlich. Hier ging es immer nur darum, zu jagen oder gejagt zu werden, und sie konnte es sich nicht leisten, die Gejagte zu sein.
Also schaute sie sich abermals um und wollte eine Richtung wählen, gleichgültig, welche und ob sie sich als nützlich erweisen würde. Aus dieser Zuflucht für Drachen musste sie jedenfalls verschwinden. Geografisch gesehen war diese Welt die gleiche wie ihre. Das konnte ihr vielleicht von Nutzen sein, auch wenn sie jetzt noch nicht wusste wie. Die Ähnlichkeit half ihr eventuell bei der Suche nach einer Lösung, einem Ort, an dem sie sicher war, einem Weg zu überleben.
Gern hätte sie auch ihre Magie angewendet, doch wusste sie nicht, auf welche Weise die ihr behilflich sein konnte. Das Wunschlied konnte vieles erreichen, doch es öffnete keine Türen zwischen Welten. Außerdem glaubte sie fest, dass eine solch mächtige Magie bestimmt unerwünschte Aufmerksamkeit erregen würde. Dann fiel ihr plötzlich die Antwort ein. Sie hätte gleich draufkommen müssen. Wenn die Verfemung einen Spiegel ihrer eigenen Welt darstellte, würde es vermutlich ein Pendant zum Hadeshorn und vielleicht ein Tor zu den Druiden geben. Falls sie dort deren Schatten rufen konnte, wie es in der anderen Welt möglich gewesen wäre, würde sie herausfinden können, was zu tun war. Dieser Plan schien ihr durchaus Aussichten auf Erfolg zu haben. Da ihr außerdem nichts anderes einfallen wollte, war es den Versuch wert.
Sie blickte Weka Dart an. »Ich gehe nach Osten, hinter die Drachen. .. hinter die Berge dort.« Der Ulk Bog runzelte die Stirn und murmelte etwas Unverständliches vor sich hin, das jedoch nicht glücklich klang.
»Du brauchst mich nicht zu begleiten. Ich kann allein gehen.«
Sie hoffte fast, er würde dem zustimmen, da sie ihn in jedem Fall für keine große Hilfe hielt. Aber Weka Dart, der sie noch immer nicht anschaute und weiterhin die Stirn runzelte, schüttelte den Kopf. »Du bist eine Fremde, und vielleicht wirst du meine Unterstützung benötigen. Dieses Land bietet Fremden nicht viel Sicherheit. Und dort, wohin du willst, wird es nicht besser. Im Westen ist es sicherer, aber du hast vermutlich Gründe, nicht geradewegs dorthin zu gehen. Na, dann eben später.«
Auf einmal blickte er mit zusammengekniffenen Augen auf. »Doch du willst bestimmt nicht nach Osten. Du willst nach Süden durch die Drachenkette. Ich weiß, du nennst sie anders, aber so heißt sie richtig. Drachenkette. Dort leben überall Drachen, so wie hier. Wir sollten sie umgehen, ehe wir uns nach Osten wenden. Für mich ist es zu gefährlich, den Weg zurückzugehen, auf dem ich gekommen bin.« Sein dringlicher Wunsch, dass sie tun möge, was er vorschlug, erregte sofort ihr Misstrauen. »Wir können einen der Pässe nehmen«, fuhr er rasch fort. »Dann gelangen wir nach Pashanon. Dort gibt es Städte und Dörfer. Und Festungen. Kennst du dort jemanden? Einen Straken?«
Natürlich verbarg er ihr etwas, aber sie hatte sich bereits entschieden, seinen Vorschlag anzunehmen. »Hör mir gut zu, Weka Dart«, sagte sie ruhig und kniete sich hin, damit sie ihm in die Augen schauen konnte. Mit dem Blick hielt sie ihn fest, machte ihn zum Gefangenen ihrer Augen. »Du wirst mich nie wieder eine Straken nennen. Verstanden?«
Er nickte rasch, verzog den Mund, und die Augen funkelten hell und schlau. »Du hast dich verkleidet?«, riet er. Sie nickte. »Und ich möchte mein Geheimnis bewahren. Wenn du mit mir reist, musst du dich daran halten. Nenn mich Grianne.«
Er lachte, ein beängstigender Laut, rau und rasselnd. »Ich werde tun, was du möchtest, solange du mich nicht wieder aus der Krone eines Baumes holst!«
Sie richtete sich auf. Am Ende würde vielleicht alles gut werden. Bestimmt fand sie einen Weg nach Hause. »Auf geht's«, sagte sie.
Und ohne seine Antwort abzuwarten, brach sie auf.
Sie gingen den ganzen Tag - oder genauer gesagt, Grianne ging, während er auf allen vieren krabbelte, und zwar von einer Seite zur anderen, hin und her, ohne erkennbares Muster. Über seine grenzenlose Energie war sie überrascht und ebenso darüber, dass er die doppelte Strecke dessen
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