Die Magier von Tarronn (1) (German Edition)
Wiedererkennungswert. Unsere Gedankenwelt vermischt sich mit den Informationen des Kristalls. Daher kommen wohl auch die seltsamen Farben.“
Imset lachte. „Ich habe vor lauter Erdenleben fast vergessen, wie Tarronn aussieht. Dann stammen die Farben wohl aus deinen Erinnerungen.“
Auch Horus musste nun lachen. „Ich hoffe doch, du bist genug Atlan, um den dritten Aspekt mit einzubringen.“
„Ich werde mir Mühe geben. Einen Versuch ist es allemal wert.“ Imset schloss kurz die Augen. Als er sie wieder öffnete, gab es smaragdgrünes Gras und eine orange Zwergsonne stand im Zenit. Horus war sehr zufrieden. „Interessant! Wir können also in gewissem Sinne steuern, was wir sehen wollen. Lass uns also auf die Suche nach dem Ungeheuer gehen. Irgendwo hier muss es ja stecken.“ Eingedenk der Vorkommnisse nach dem Unwetter, folgten die Männer genau der Linie, die einmal den Riss in der Insel bilden würde. Das Gebirge sah zwar etwas anders aus, aber die ungefähre Richtung stimmte. Nach über einer Stunde Fußmarsch hatten sie den Strand erreicht. Von der kleinen Bucht mit dem Ankerplatz gab es noch keine Spur. Alles deutete darauf hin, dass dem Eiland noch gewaltige Veränderungen bevorstanden. Eine große Welle rollte heran, brach sich an den Felsen und hinterließ zwei triefend nasse Tarronn.
„Alles scheint aber nicht irreal zu sein“, stellte Imset fest, sich das Salzwasser aus den Augen wischend.
„Darin besteht wohl die eigentliche Gefahr. Witterung und Wasser sind real. Die Tiere und Pflanzen sind es nicht. Schließlich sind wir barfuß unterwegs und ich habe nicht einen Grashalm gefühlt“, konstatierte Horus.
„Und auch keinen Stein“, setzte Imset hinzu. „Wohingegen der Sand real zu sein scheint. Es ist wirklich erstaunlich.“
„Ja und dann noch das Phänomen: Wir fühlen nass und trocken, kalt und warm aber nicht, obwohl wir völlig nackt sind.“
„Das wäre mir bei dem aufkommenden Wind auch sehr unangenehm“, erwiderte Imset.
Tatsächlich fegten einige schwere Böen heran, obwohl nicht eine einzige Wolke am Himmel stand. Horus schaute sich suchend um. Imset wollte gerade noch eine Entdeckung melden, als sich Horus’ Finger wie ein Schraubstock um sein Handgelenk legten. Erstaunt drehte er sich um und zuckte zusammen. Auf dem Grat des Gebirges hockte, mit pendelndem Kopf, als würde er etwas suchen, Letan. Ob real oder nicht, die beiden Tarronn verzogen sich eilig in Deckung. Der Druck der Schwingen beim Landeanflug hatte also den Wind verursacht.
„Er ist viel größer, als ich ihn in Erinnerung hatte“, hörte Imset die Stimme seines Vaters. Und wenn er sich nicht täuschte, dann zitterte sie leicht. Gegen dieses Monstrum waren die irdischen Drachen Spielzeugtiere. Obwohl der abtrünnige Drakon eine bösartige und regelrecht gemeine Energie abstrahlte, übte er auf Imset doch eine gewisse Faszination aus. Die pechschwarzen Schuppen glänzten in der Sonne und in den bernsteingelben Augen loderte ein wildes Feuer.“
„Kannst du seine Aura spüren?“, flüsterte Horus.
„Ja. Dann müsste er also real sein“, flüsterte Imset zurück.
„Ich möchte es, so nackt, wie wir sind, ehrlich gesagt nicht herausfinden.“
„Ich auch nicht. Aber mal sehen, was er jetzt macht …“ Imset hatte bemerkt, dass sich der Riese anschickte, in die Lüfte zu steigen.
Ein paar Mal kreiste der Gigant mit ausgebreiteten Schwingen, dann zog er auf das Meer hinaus. Die Männer schauten angestrengt hinterher.
„Ich glaube, dort hinten sind Wale. Mir ist, als ob ich einen Blas gesehen hätte.“ Imset beschatte seine Augen mit der Hand. „Da ist es wieder!“
„Stimmt, jetzt sehe ich es auch. Er wird doch wohl nicht …“ Horus kam nicht mehr dazu, seinen Satz zu beenden. Letan stieß vom Himmel direkt in die Walherde hinein. Als er sich dem Gebirge wieder näherte, trug er ein Walkalb in seinen Fängen.
„Ich wollte es nie glauben, aber nun habe ich es mit eigenen Augen gesehen!“ Horus war innerlich sehr aufgewühlt. „Nun weiß ich auch, warum er so riesig geworden ist – bei der Nahrung!“
Imset legte ihm die Hand auf den Arm. Die wohltuende Berührung beruhigte Horus.
„Ihr müsst schleunigst von der Insel runter. Ich ertrage den Gedanken einfach nicht, dass du dich mit ihm schlagen willst. Versprich mir, dass du es nicht extra darauf anlegst.“ Horus hatte Imset bei den Schultern gefasst und sah ihn flehend an. „Schau mich doch nicht so erschrocken an. Ja, auch der,
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