Die Magier von Tarronn (1) (German Edition)
fröhliches Lachen war die Antwort. „Macht mich ja ganz stolz, dass ich dir auch mal ein Geheimnis verraten kann. Also: Die Perlen, die du sicher im Schmuck der Menschen bewundert hast, die wachsen in den Muscheln. Da ist ein kleines Sandkorn in die Muschel gelangt und die kann es nicht wieder loswerden. Also schließt sie es in Perlmutt ein und die Perle wächst und wächst – Schicht um Schicht. Das wiederum wissen die Menschen nicht. Für sie ist jede Perle ein kleines Wunder und deshalb geben die Herrscher Unsummen für diese kleinen Kullern aus.“
„Erstaunlich, erstaunlich.“ Horus sah Imset anerkennend an. „Du gehst tatsächlich jeder Sache auf den Grund. Aber jetzt kann ich mir auch ein Bild davon machen, weshalb die richtig Schwarzen so selten sind, die Farbe kommt also von den Mineralien im Wasser.“
„Genau. Und nun bin ich gespannt, ob hier überhaupt etwas zu holen ist. Außerdem bevorzuge ich die Methode, die Perle energetisch zu orten, als, wie die Menschen, eine Muschel nach der anderen zu öffnen, um nachzusehen. Sollen die Tierchen ohne Füllung doch lieber friedlich weiter wachsen.“
Horus sah Imset eine Weile interessiert zu. Dann versuchte er ebenfalls sein Glück. Nach ein paar Minuten hörte er neben sich ein zufriedenes: „Ah, wer sagt es denn! Komm raus, du bist erwischt.“ Neugierig trat er näher und schaute zu, wie die Muschel geöffnet wurde. Tatsächlich, eine kugelrunde, zartrosa glänzende Perle kam zum Vorschein.
„Gratuliere. Die ist wunderschön.“ Horus wandte sich nun intensiver der Suche zu und wurde fündig. „Na, das ist aber interessant. Schau mal, die ist tropfenförmig.“
„Und genau so schön gefärbt, wie meine“, setzte Imset hinzu. „Eine müssen wir wenigstens noch finden.“
Sie fanden sogar vier. Die Farben variierten von beige bis rosa und zufrieden traten sie den Rückweg an.
„Stopp!“ Hatik blieb stehen. „Da hinten habe ich gerade Kokospalmen entdeckt. Bin gleich wieder da.“ Er drückte Horus die Perlen in die Hand und kam Augenblicke später mit mehreren Nüssen zurück. „So, nun aber ab, zu den anderen.“
Erfreut nahmen ihnen die Atlan die begehrten Früchte ab. Vor allem Safi war ganz aus dem Häuschen. Nun hatte er endlich wieder Zutaten für seinen Spezial-Mix. Unter dem Gelächter der Freunde brachte er gleich eine Kokosnuss in Sicherheit. Dann wandten sich die beiden Tarronn den Damen zu. „So, Augen zu, Hand auf. Und jetzt“ Imset dehnte die Worte, „könnt ihr nachschauen.“
„Perlen!“, riefen Neri und Merit gleichzeitig, während Mara nur andächtig staunte. Sie hatte ihr ganzes Leben lang noch nie so etwas Seltsames, aber auch Schönes gesehen. Alle drei schauten Horus fragend an. „Mm, mm.“ Er schüttelte den Kopf und deutete auf Imset. „Ich habe selber gerade erst gelernt, was es damit auf sich hat.“
Die Magier hatten sich um die Frauen geschart und bewunderten die fremdartigen, glänzenden Kugeln. Für Safi, der als Einziger mit in Ägypten war, waren sie nichts Neues, aber eine wunderbare Erinnerung. „Woher wusstest du, wie man sie findet?“
„Als ich noch bei Pepi im Außenposten war, kamen öfter Karawanen vorbei und einmal war ein Perlenhändler dabei. Pepi hatte sich die Sache mit den Perlen erklären lassen und ich habe natürlich ganz genau zugehört. Warum die Perlen in den Muscheln wachsen, hat mir später ein persischer Gelehrter erzählt. Beim Anblick der Austernbank fiel mir alles wieder ein und auch, dass Perlen für Frauen die schönsten Geschenke sind.“
„Ja und da haben wir beide eben unser Glück versucht“, fügte Horus schmunzelnd hinzu.
„Die Überraschung ist euch wirklich gelungen. Ich hätte nie geglaubt, jemals wieder so ein Kleinod in der Hand zu halten“, strahlte Neri. Dann faltete sie aus einem großen Blatt ein Täschchen, um die Perlen vor der Sonne zu schützen und sicher in einem der mitgebrachten Körbe zu verwahren. Mara und Merit taten es ihr gleich. Derweil legten die beiden Tarronn ihre Gewänder ab, deren Schnitt sich, Jahrhunderte später, in den römischen Tuniken wieder finden sollte. Zum ersten Mal konnten die Atlan den legendären Lebensschlüssel von Horus sehen, den er, wie Imset sein Udjat, an einer Kette auf der Brust trug. Ein Gefühl von Ehrfurcht überkam sie. Vater und Sohn schienen das nicht bemerkt zu haben. Sie rannten lachend ins flache Wasser, sodass es weithin spritzte.
„Es tut gut, den beiden zuzusehen“, wandte sich Solon
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