Die Magier von Tarronn (1) (German Edition)
hier und führen das Ritual durch. Die Versammlung ist geschlossen.“
Als die Drakon den heiligen Bezirk verließen, winkte eine Gruppe Kinder fröhlich herauf. Die Kleinen bestaunten die vielen großen Drachen, sodass diese beschlossen, heute einfach bei den Kindern zu bleiben. Wer wusste schon, ob sie jemals wieder so friedlich und fröhlich miteinander spielen konnten? Kaum waren die Giganten gelandet, wurden sie von kleinen Händen gestreichelt und betastet. Auch die Erwachsenen kamen in Scharen herbei, um die Drachen zu sehen. Manch einer ließ ganz verstohlen seine Hand über die harten Schuppenpanzer gleiten. Dann wünschte er sich die Kinderzeit zurück, mit Drachen-Flug-Unterricht und allem, was dazu gehörte. Die Kinder waren natürlich neugierig, sie wollten alles aus dem Leben der Drachen wissen. Schließlich begann Taro das Märchen vom kleinen Drachen, der nicht wachsen wollte, zu erzählen und mucksmäuschenstill lauschten die kleinen Atlan.
Eeje und Siri blinzelten sich vergnügt zu. Sie wussten, dass dieses „Märchen“ wirklich passiert war. Es war die Lebensgeschichte von Taro, der sie soeben erzählte. Noch heute war Taro kleiner, als es für ein Drakon-Männchen üblich gewesen wäre. Gegen Letan wirkte er wie ein Zwerg. Er hätte es niemals mit ihm aufnehmen können. Den Kindern war es egal, wie groß Taro war, sie liebten ihn auch so und lauschten gespannt seinen Worten. Für sie war er, gerade jetzt, der Größte. Nach der Märchenstunde durften die kleinen Atlan die Drachenschwingen herunter rutschen. Die Drachen hatten alle Klauen voll zu tun, um die Kleinen hinauf zu heben. Zwischen den Knochen ihrer Schwingen spannten sich die festen, aber elastischen Flughäute, die eine ideale Rutschbahn abgaben, die, wie die Kinder glaubhaft versicherten, der beste Spielplatz der Welt waren. Der Tag verging viel zu schnell, die Drakon mussten Abschied nehmen und ein kleines Mädchen mit lustigen Zöpfen und fast so grünen Augen, wie sie die Drachen hatten, gab dem verdutzten Taro einen dicken Schmatz mitten auf die Nase. Verstohlen wischte der sich eine Träne der Rührung aus dem Auge.
Als sich die Dämmerung wie ein großes Tuch über das Land legte, erreichten die Drakon den heiligen Bezirk. Sie hockten sich in den Schatten der Tempelhöhle und erwarteten regungslos, gleich kunstvollen Statuen, das Eintreffen der Auserwählten der Atlan. Langsam näherte sich die Prozession der dreizehn Weisesten, die in weiße, wallende Gewänder gehüllt waren und funkelnde Kristallstäbe in den Händen trugen. Die geschliffenen Edelsteine in ihren Diademen schienen miteinander zu kommunizieren, indem sie eine leuchtende Aura aufbauten. Angeführt wurden die Atlan von ihrer Troide Raja, deren Kristalle knisternde Energieentladungen von sich gaben, die das zeitlose, ebenmäßige Gesicht der Frau in unwirkliches Licht tauchten. Die Atlan betraten schweigend die Grotte, wobei sich ihnen die Drakon anschlossen. Das Rascheln der Gewänder, das leise Schleifen der schuppigen Klauen auf dem Steinboden hob das Feierliche der Zusammenkunft noch hervor. Der Tempel war exakt sechseckig tief in den Berg gemeißelt. In jeder der sechs Ecken befanden sich riesige, dreieckige Podeste, auf denen sich nun die Drakon niederließen. Das leere Podest wirkte auf die Anwesenden wie eine große Wunde. Raja trat vor den Altarstein in der Mitte des Raumes. Sie öffnete eine verborgene Höhlung im polierten Stein, entnahm einen schwarzen Kristall, der fächerförmig in mehrere Enden gipfelte. Sie hielt den Kristall hoch über ihren Kopf und gab damit das Zeichen zum Beginn des Rituals. Je zwei der Atlan knieten sich mit Blick auf den Altar jeweils zur rechten und zur linken Seite der Drakon, sowie vor das leere Podest. Die Spitzen ihrer Stäbe zeigten auf den Mittelpunkt der Grotte. Die Magierin Raja verankerte den kostbaren Stein auf der Platte des Altars, umschloss seine Basis mit beiden Händen und begann einen Singsang in einer fremden Sprache. Das monotone Singen versetzte die Versammelten in einen Trancezustand. Unendlich scheinende Minuten hielt die Troide den Kristall flehend umschlungen, als sich plötzlich alle Kristalle mit feinen Energielinien untereinander, aber auch mit dem schwarzen Kristall auf dem Altar verbanden. Nun breiteten die Drakon ihre Schwingen aus, sodass sie sich gegenseitig berührten, wobei sie den magischen Kreis schlossen. Siri und Eeje überbrückten dabei die leere Nische. Die Leiber der Drachen
Weitere Kostenlose Bücher