Die Magier von Tarronn (2) (German Edition)
schauten.
Langsam rollte er die Unterseite nach oben und erstarrte in freudigem Schreck. „Aber das ist ja die Frau aus meinem Traum!“, rief er.
Neri und Mara traten näher. Als sie das Gesicht der fast lebendig wirkenden Gestalt sahen, zuckte Neri heftig zusammen, Mara brach in Tränen aus.
Arko hatte sie so geschnitzt, wie er sie in seinem ersten Traum gesehen hatte, nackt und nur von ihrem langen Haar umschmeichelt, das den Körper nur erahnen ließ. Einzig das Diadem stammte aus Drakos Erinnerungen.
Die Reaktionen seiner beiden Besucherinnen erschreckten und beunruhigten ihn. Hatte er unwissentlich ein Tabu verletzt, indem er die schöne Fremde so hüllenlos dargestellt hatte?
Neri legte ihm beide Hände auf die Schultern, sah ihm tief in die Augen. „Und du weißt nicht, wer sie ist?“
Arko schüttelte den Kopf. „Willst du es mir nicht sagen?“, bat er. „Ich kann mich einfach nicht erinnern, wo ich sie schon einmal gesehen habe. Es muss aber auf der Erde gewesen sein.“
Neri nickte. „Ja, nur dort kannst du sie in Fleisch und Blut gesehen haben und es ist lange, lange her. Sie hat mich nach Ägypten begleitet.“
Arko wurde blass. „Dann ist sie Kira, die Hüterin, die nicht mehr zurückkam?“, flüsterte er.
Neri nickte. Mara schaute ihn in einer Mischung aus Trauer und Schmerz an.
„Mit genau diesem Blick hat sie mich im Traum angesehen.“ Arkos Stimme zitterte. „Seitdem kann ich an nichts anderes mehr denken.“
„Möglicherweise bist du der Mann, der ihr geben kann, was sie immer gesucht hat“, sprach Neri. „Vielleicht hat sie sich deshalb gerade dir offenbart. Wir sind noch immer auf der Suche nach ihrer Seele. Ihr Körper liegt in einer fast fünftausend Jahre entfernten Zukunft im Tempel des Anubis. Meine Tochter Merit-Amun ist aus dieser Zeit im Austausch zu uns gekommen.“
Atemlos hatte Arko zugehört.
„Vielleicht findest du, was alle suchen.“ Neri erhob sich. „Du brauchst jetzt sicher etwas Zeit, um das Gehörte zu verdauen. Wenn du Fragen hast, weißt du ja, wo du mich findest.“ Sie legte Mara tröstend den Arm um die Schulter und verließ mit ihr die Werkstatt.
Arko stellte die lebensgroße Skulptur aufrecht an den Tisch, damit das Sonnenlicht die Feinheit ihres Gesichtes unterstreichen konnte.
„Kira“, flüsterte er. „bist du gekommen, um auch mich unglücklich zu machen?“
Vorsichtig arbeitete er weiter. Er schliff den Wurzelstock so lange glatt, bis die Stele allein und sicher stehen konnte. Den oberen Teil des Stammes trug er ab, dass der Kopf den Abschluss bildete. Vorsichtig schnitzte er den Körper frei.
Dabei ließ er den hinteren Teil des Holzes stehen, das lange Haar ging nahtlos in die Rückwand über. Mit verschieden geformten feinen Schabern glättete er jede geschnitzte Linie. Spät am Nachmittag war er mit seinem Werk zufrieden. Er öffnete den kleinen Wandschrank.
Vorsichtig hob er den prall gefüllten Beutel heraus, aus dem es nach Honig duftete. In einer kleinen Schale erwärmte er ein wenig von dem wertvollen Wachs, um es akribisch mit einem Pinsel aufzutragen.
Mehrere Stunden lang. Pinselstrich für Pinselstrich. Die Monde waren schon lange aufgegangen, als er ein weiches Tuch nahm, um die Politur auf Hochglanz zu bringen. Dabei wünschte er sich nichts sehnlicher, als eines Tages das Original dieses Körpers so streicheln zu dürfen. Arko seufzte.
Er räumte seine Arbeitsutensilien in die Regale, kehrte die Späne zusammen und trug sie in eine Kiste hinter dem Haus. Dann streifte er sein staubiges Werkstattgewand ab, legte ein sauberes weißes Freizeitgewand an. Vorsichtig trug er die Frau seiner Träume in sein Schlafzimmer.
Lange suchte er nach der richtigen Stelle für die Schöne. Er setzte sich auf die Bettkante und seufzte wieder. Irgendwann meldet sich der Hunger. Arko ging in die Küche, um die letzten Früchte aus seinem Garten zu verspeisen. Wenn nicht noch irgendein Wunder geschah, dann war morgen ein Gang in den Wald angesagt, um die Speisekammer zu füllen.
Arko fielen die Takin-Früchte ein. Schmackhaft, aber mit Vorsicht zu genießen. Er lächelte still in sich hinein. Eine Stimme schien ihn zu rufen. Arko lauschte. Endlich begriff er, dass jemand telepathisch mit ihm sprechen wollte.
„Safi?“, fragte er im Geiste.
„Richtig getippt“, sagte die Stimme. „Hast du Lust, morgen Abend auf einen Happen bei mir vorbei zu kommen? Merit würde sich sehr freuen.“
„Aber gern. Ich freue mich auch“, gab
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