Die Magier von Tarronn (2) (German Edition)
leben“, ergänzte Sobek, ohne einmal Atem zu holen.
Imset lächelte. „Das muss eine wundervolle Geschichte sein.“ Liebevoll strich er seinem Sohn über das rabenschwarze Haar. „Komm, wir lassen Mama ein bisschen schlafen.“ Leise verließen die beiden das Zimmer. Auf der Schwelle sah sich Imset noch einmal um. Eines Tages würde Sobek die Wahrheit erfahren.
Der Morgen begann für die Magier ein wenig anders als sonst. Vernünftigerweise hatten sie auf das nicht ungefährliche Training verzichtet. Mit gemischten Gefühlen warteten sie auf die Ankunft des Gleiters, der kurz vor der Mittagsstunde durch die Wolkendecke stieß. Horus hatte es sich nicht nehmen lassen, das Fluggerät persönlich nach Dafa zu bringen, wo er auch mindestens die nächsten drei Tage ausharren wollte. Wenigstens so lange, bis die Zeitreisenden wieder zu Hause seien.
Ihm gelang es, Neri kurz unter vier Augen zu sprechen.
„Wenn du gestattest, hielte ich mich gern in deinem magischen Raum auf, bis die Reisenden wieder da sind.“
Neri nickte. Sie wusste, was sie ihm im tiefsten Innersten bedeutete und, dass er notfalls sein Leben opfern würde, um das ihre zu retten. Für ihn ging es bei diesem Zeitsprung, genau wie für sie, um alles oder nichts.
Die Magier und Merit waren inzwischen auch bei ihr eingetroffen. Mit wenigen Worten gab die Seherin die letzten Instruktionen. Kebechsenef sollte das Raumschiff durch den Strudel der Zeit steuern. Auf den Zentimeter genau gab sie ihm die Landekoordinaten an der Quelle.
„Wenn sich das Portal öffnet, dann hast du genau zehn Sekunden, um den Gleiter in dessen Zentrum zu steuern“, schärfte sie ihm ein. „Am Landeplatz wird dichter Wald wachsen. Die Fläche, die ihr absuchen müsst, kann etwa einen Quadratkilometer groß sein. Wenn Merit und Imset die Drakon nicht entdecken, dann ist sie für immer verloren. Und denkt daran, ihr habt genau achtundvierzig Stunden, in denen ihr auch das Portal und den Weg zurück wiederfinden müsst.“
Horus gab Neri ein Zeichen mit der Hand. „Ich habe euch noch einige nützliche Dinge in eine Kiste gepackt. Die Menschen des siebzehnten Jahrhunderts sind seltsam. Haltet euch möglichst von ihnen fern. Wenn es nicht anders geht, dann lasst Merit und Sobek mit ihnen sprechen. Wenn ihr in die Kiste geschaut habt, dann wisst ihr warum. Ich wünsche euch viel Erfolg und eine glückliche Wiederkehr.“
Imset wechselte einen Blick mit Horus.
„Sag nichts“, hörte er in Gedanken dessen Stimme, „du weißt, dass ich für sie alles tun werde.“
„Ich danke dir“, antwortete Imset ebenso.
Eine Stunde später verabschiedeten Horus und die Atlan die Zeitreisenden. Drakos war ebenfalls pünktlich erschienen. Er trug Neri einer schweren Aufgabe entgegen. In der Luft wartete er ab, bis der Gleiter seine Position eingenommen hatte, dann trug er die Seherin bis an den Rand der Quelle.
Sie setzte sich mit dem Gesicht zum Raumschiff konzentrisch in den Energiestrom der Quelle, in der linken Hand hielt sie die Figur, die Siri darstellte, in der Rechten ihren Kristall. Dann stellte sie den Kontakt her, indem sie die Augen schloss, die Figur, den Kristall und ihr Diadem mit feinen Energielinien verband.
Eine flimmernde Aura breitete sich um die sitzende Frau aus. Nun trat Drakos hinter ihr in den Strom der Energie. Seine dunklen Schwingen ausbreitend nahm er Kontakt mit der Magie der Quelle auf. Lichtfunken tanzten über seine Schuppen. Dann erstrahlte Drakos in funkelndem Gold.
Schützend umfing er Neri mit seinen Flughäuten, eine gleißende Lichtsäule schoss zum Himmel. Der Gleiter hob ab und tauchte in Sekundenschnelle in sie ein, um in einem grellen Blitz zu verschwinden.
Luna hatte angsterfüllt nach Miras Hand gegriffen. Solon versuchte sie zu beruhigen.
„Die Drachenmagie wird ihnen helfen. Hier bei uns wacht Drakos über das Portal und im Gleiter sind zwei Drakonat. Kebechsenef wird zurückkehren – glaube mir, er wird zurückkehren.“
Safis List
Ein silbriger Glanz erhellte sekundenlang den strahlend blauen Himmel. Er ließ die Tiere des dichten Waldes in Panik davonrennen. So schnell, wie er begonnen hatte, war der Spuk vorüber – wäre da nicht das seltsame fliegende Ding gewesen, das kurz über den Baumkronen hing und ganz und gar nicht in diese Umgebung passte.
Der Eichelhäher im Geäst der großen Fichte schimpfte aufgeregt vor sich hin. Geräuschlos schwebte das glänzende Objekt auf die nahen Formationen der Sandsteinfelsen
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