Die Magier von Tarronn (2) (German Edition)
und dachte über Neri, Imset und seinen Enkel Sobek nach. Sobek, den es vor drei Jahren noch nicht einmal gegeben hatte und der nun schon mit den Großen mitmischte. Horus war unendlich stolz auf seine Familie. Zufrieden schlief er endlich ein.
Am nächsten Morgen wurde er von einem lauten Rauschen geweckt. Erschreckt setzte er sich auf und stellte fest, dass die Sonne schon recht hoch am Himmel stand. Drakos hatte es sich im Garten gemütlich gemacht, neckte Nala und ließ sich von Neri mit Früchten verwöhnen. Auf dem Boden in einer Ecke lag ein großes Bündel elastischer Liksia-Ruten, die nur der Drakon mitgebracht haben konnte. Diese epiphytischen Pflanzen wuchsen ausschließlich in den Kronen der allerhöchsten Dschungelbäume.
„Guten Morgen ihr drei!“, rief Horus aus dem Fenster. „Wollt ihr etwa Körbe flechten?“
„Fast erraten“, lachte Neri. „Es soll aber nur einer werden – für Nala. In ein paar Tagen werden wohl die Welpen zur Welt kommen. Sie beginnt ja jetzt schon, alles Mögliche zu horten, um sich ein weiches Nest zu bauen.“
„Und du meinst, ein Korb würde ihr gefallen?“
„Aber sicher. Das habe ich bei den Menschen gesehen. Mira will mir zeigen, wie es geht.“
Neri verabschiedete Drakos und kam mit der Hündin ins Haus. Erfreut stellte Horus fest, dass auch ihr Gedeck noch nicht angerührt war und er nicht allein zu frühstücken brauchte.
Dann gewahrte er das kleine Töpfchen auf dem Tisch. „Du hast frischen Honig! Wo hast du den denn aufgetrieben? Aus dem Automaten?“, fragte er erstaunt.
„Nein, den hat mir Drakos mitgebracht. Ist ganz frisch aus dem Wald hinter dem Gebirge“, antwortete Neri stolz. Sie deutete auf die Reste eines Astes mit einer Nistkugel voller Honigwaben.
„Er verwöhnt dich“, stellte Horus lächelnd fest.
Neri zuckte mit den Schultern. „Ich glaube, das beruht auf Gegenseitigkeit.“
„Stimmt, es war nicht zu übersehen.“ Horus kostete die süße Speise. „Hm, lecker. Ich wusste nicht einmal, dass es die Honig-Springer noch gibt. Bisher galten sie als ausgestorben. Wunder über Wunder!“
Neri sah ihn nachdenklich an. „An der Weisheit der Drakon und ihrem Wissen aus der Urzeit gibt es wohl kaum noch einen Zweifel.“ Dann setzte sie leise hinzu. „Hoffentlich gelingt es uns, Siri tatsächlich zu erwecken. Du weißt ja, was dafür nötig ist.“
Horus nickte. Er dachte an Sobeks Geburt zurück, die auch die Wiedergeburt von Drakos eingeleitet hatte. Merit und Safi wussten seitdem, was alle auch von ihnen erwarteten. Nun musste nur noch das Schicksal gnädig sein, ihnen das ersehnte Kind zu schenken.
Nach dem Frühstück kamen Mira und Luna zu Neri – die eine, sie das Korbflechten zu lehren, die andere, um nicht allein zu Hause zu sitzen. Luna hatte einen jungfräulich-weißen Umhang zum Besticken und ihr wertvollstes Silbergarn dabei.
Horus wollte noch einmal unter vier Augen mit Drakos sprechen. Nur war das leichter gesagt als getan. Drakos war mit Maris in den Urwald aufgebrochen, um seltene Heilkräuter zu suchen und ihm Zubereitung und Wirkung zu erklären. Der Tarronn wollte dabei natürlich keinesfalls stören. So schlenderte er langsam zu Talos hinüber, um in den Schriften der alten Atlan zu lesen. Auch Solon hatte den gleichen Wunsch.
So fanden sich die beiden Männer gleichzeitig in Talos´ Bibliothek ein. Gemeinsam suchten sie nach Hinweisen zum Bau der legendären Kristalltürme des alten Atla. Horus konnte nicht einmal sagen, ob sie tatsächlich komplett vernichtet worden waren, als Atla explodierte. Niemand hatte sich seit dieser Zeit dem Ring aus Trümmern genähert, der um die orangefarbene Zwergsonne kreiste. Zu groß war die Angst vor den Resten des Caiphas-Splitters. Der Tag verging für die Männer wie im Flug.
Am nächsten Morgen waren alle Atlan schon bei Sonnenaufgang auf den Beinen. Gemeinsam mit Horus gingen sie zur Küste und hielten nach dem Gleiter Ausschau. Drakos hatte in der vergangenen Nacht vor Aufregung nicht geschlafen.
So war er noch vor dem Morgengrauen zu den Klippen geflogen, hatte regungslos wie eine Statue auf die Atlan gewartet. Als sie eintrafen, richtete er sich auf und breitete die Schwingen aus.
„Er ist ein stattlicher Bursche“, stellte Aron fest.
Neri pflichtete ihm bei, dann rief sie. „Guten Morgen, du Stärkster aller Drachen.“
Drakos lachte und rief zurück: „Guten Morgen, du Schönste aller Frauen.“
„Hast du gut geschlafen?“, fragte sie.
„Kein
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