Die Magier von Tarronn (2) (German Edition)
Planeten Atla hatte es nur den stillen See gegeben.
Das Meer auf der Erde war nur eine blasse Erinnerung von damals, als sie sich Letan in einem Kampf um Leben und Tod gestellt hatte, obwohl sie genau wusste, dass sie ihm hoffnungslos unterlegen war. Zumindest rettete sie so vielen Atlan das Leben und es war nicht ohne Dank geblieben, denn heute war sie hier, hier bei ihnen auf Tarronn. Drakos konnte dem flehenden Blick nicht widerstehen.
„Ich habe es dir doch versprochen, ich zeige dir die besten Fischgründe.“ Drakos hob mit rauschenden Flügelschlägen ab, flog mit ihr weit hinauf auf den Ozean, wo das Land nicht einmal mehr zu sehen war. Siri genoss den Flug über die dunkelblauen Wassermassen.
„Was ist denn das?“, fragte sie erstaunt, als unter ihnen eine Panzerechse ihre Bahnen zog.
„Die Menschen würden es Schildkröte nennen“, versuchte Drakos zu erklären. Dann sah er ihren verständnislosen Blick. „Verzeih, ich hatte vergessen, dass du ja wirklich nur das alte Atla kennst. Das da unten ist auch eine Echse, die meist im Wasser lebt und nur Pflanzen frisst. Sie ist völlig friedlich und auch etwas ängstlich. Schau nur, jetzt taucht sie wegen uns ab.“
Siri sah ihn seltsam von der Seite an.
Drakos begann zu lachen. „Vergiss den Gedanken ganz schnell wieder. Ich esse nur Fisch und Früchte.“
„Da bin ich wirklich beruhigt.“ Die Drakon wirkte erleichtert.
„Ich habe gesehen, was daraus wird, wenn ein Drakon Nahrung zu sich nimmt, die nicht für ihn bestimmt ist“, fügte Drakos bitter hinzu. „Letan war zuletzt ein Monster – aber das weißt du genau so gut wie ich.“
„Du kennst Letan? Aber das war doch lange nach deiner Zeit, auf Atla und der Erde!“, rief Siri erstaunt.
„Kannst du dich an den großen Tempel in Atlas Hauptstadt erinnern?“, fragte Drakos.
„Ja natürlich kann ich das. Ich war oft dort. In ihm drückte mir Mi-Kel auch sein Zeichen auf.“
„Dann hast du auch die schwarzen quadratischen Altarplatten gesehen“, fragte Drakos weiter.
„Ja, auch die habe ich gesehen – riesige schwarze Kristalle, aus einem fremden Material, das nirgends sonst auf Atla vorkam.“
„Genau.“ Der riesige Drache nickte zufrieden. „Das waren die Herzen aller Drakon, die vor euch auf Tarronn und Atla gestorben sind. Als die Atlan zur Erde aufbrachen, hatte jede kleine Flotte einen der Kristalle dabei, denn in ihnen war alles Wissen des jeweiligen Drakon gespeichert. Einer davon war mein Herz.
Nur wurden bei dem Kampf auf der Erde all die Atlan getötet, die darum wussten. Die Überlebenden ehrten mein Herz trotzdem, indem sie es als Altar in ihre heilige Grotte brachten.
Eine andere Funktion dieses fremden Kristalls kannten sie nicht und er erinnerte sie einfach nur noch an die verlorene Heimat. So konnte ich noch fast drei Jahrtausende durch sie die Erde kennenlernen. Ich sah durch ihre Augen und fühlte durch ihre Herzen.
Dann kam Imset auf die Atla-Insel. Damit begann für mich die Hoffnung auf ein neues Leben. Ich zeigte ihm, als er mit Horus in mein Herz gesogen wurde, wie man der Bestie Herr werden kann. Als er dann später Letan tatsächlich besiegte und ich ihn mit dem Dorn meines Herzens fast auf den Tod verletzten musste, damit er überlebt, so seltsam das auch klingen mag, wollten die anderen mein Herz in den Kosmos werfen.
Er hat es gerettet. Er hat mir erlaubt, sein Blut zu trinken und darauf zu warten, das Blutopfer der beiden anderen Auserwählten, nämlich seiner Gefährtin Neri und seines Sohnes Sobek zu bekommen.
Ich bin also nicht auf Tarronn wiedergeboren, sondern in einem Raumschiff irgendwo in dieser Galaxie. Sie haben mich mitgenommen, mir dort eine neue Heimat gegeben, wo einmal meine alte Heimat gewesen war, vor unendlich langer Zeit.“
Atemlos hatte Siri zugehört. „Du liebst sie sehr.“
„Ja, ich liebe sie sehr. Wir sind Freunde – Partner – wenn du verstehst, was ich meine.“
Siri nickte. Eine Weile flogen sie schweigend nebeneinander her.
„Ich rede hier und da unten langweilen sich schon die Fische“, lachte Drakos. „Auf sie mit aller Kraft!“
Beide Drakon zogen eine elegante Schleife, griffen mit beiden Vorderklauen mitten in den Schwarm der Golddorsche, die sorglos nahe der Oberfläche schwammen. Schwer bepackt strebten sie dem Festland zu. Das üppige Mahl gab Kraft für die nächsten Tage.
Eine Weile dösten sie noch mit geschlossenen Augen im heißen Sand in der Sonne, ehe sie sich in Richtung der Siedlung
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