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Die Magierin des Windes: Roman (German Edition)

Die Magierin des Windes: Roman (German Edition)

Titel: Die Magierin des Windes: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Misty Massey
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gewusst. Er hatte nur geraten.
    Sie hatte noch nie einer Menschenseele von ihrem Traum erzählt, nicht einmal Binns oder Olympia. Sie erinnerte sich kaum an Einzelheiten des Tages, an dem ihre Eltern gestorben waren, nur an den Grund dafür. Den Grund, den sie an jedem Tag ihres Lebens aushalten musste, jenen Grund, der sie zu einem Dasein auf dem Wasser getrieben hatte und der dafür sorgte, dass sie sich immer wieder besorgt umsah.
    Ein Kältegefühl umfing sie, als hätte sich ein kühler Nebel gesenkt. Sie schlang die Arme um sich; die Kälte ihrer Finger drang wie ein gefrorenes Brandeisen durch den dünnen Stoff ihres Hemdes. McAvery hatte keine Ahnung, was er ihr mit seinem lässigen Angebot, sich ihre Albträume anzuhören, abverlangte. Aber er nickte mitfühlend.
    »Also dachtet Ihr, auch ich würde wach liegen? Mich vielleicht nach einem Besuch von Euch sehnen?«
    »Ich hoffte eher, ich würde gezwungen sein, mit etwas nach Euch zu werfen, um Euch aufzuwecken. Am besten mit etwas Scharfem.« Sie sah finster drein. »Ich habe das Logbuch ausgelesen.«
    Er setzte sich auf und stützte die Ellenbogen auf die Knie. Seine Tunika öffnete sich noch weiter. Falkin erinnerte sich plötzlich daran, wie fest sich sein Körper am Nachmittag unter ihr angefühlt hatte. Sie sah ihm ausdrücklich ins Gesicht, da sie Angst davor hatte, ihre Augen irgendwo anders ruhen zu lassen. Dann legte sie die Hand an den Dolchgriff, und das nicht nur, damit das kalte Metall das plötzliche Rasen ihres Pulsschlags beruhigte.
    »Ich will Eure Version hören. Ihr müsst zugeben, dass die Geschichte weit hergeholt klingt.«
    Seine Augen waren jetzt dunkelbraun – vielleicht war es aber diesmal auch nur die Dunkelheit, die es so wirken ließ, als wechselten sie die Farbe -, und er starrte sie an, ohne zu blinzeln. Dies hier war nicht mehr sein Schiff. Sie hatte es offen und ehrlich gekapert. Und doch saß er in der winzigen Zelle, als gehöre er in die Kapitänskajüte.
    »Es ist spät. Ihr müsst doch müde sein. Wäre es Euch nicht lieber, das hier morgen früh zu erledigen, vielleicht beim Frühstück?«
    Sie musterte ihn misstrauisch. Sie hatte Jarvis befohlen, den Mann zu durchsuchen, sobald er wieder in der Zelle war. Dabei war nichts Interessantes aufgetaucht. Er hatte behauptet, die silberne Stimmgabel sei der einzige magische Gegenstand in seinem Besitz. Doch er war auch ein Meister der Täuschung. Soweit Falkin wusste, war es durchaus möglich, dass ihm ein ganzes Arsenal von Magie zur Verfügung stand, überall auf dem Schiff versteckt. Er mochte sogar jetzt gerade irgendeine Kleinigkeit gegen sie einsetzen, um ihre Wahrnehmung von ihm zu ändern oder gar dafür zu sorgen, dass sie ihn begehrte. Sie würde erst dann froh sein, wenn er fort war und nicht länger eine Bedrohung für sie darstellte. »Genug der schönen Worte! Wir haben nicht viel Zeit.«
    »Lasst mich hier heraus, dann kann ich Euch sicher helfen einzuschlafen.«
    »Ich kann mir schon vorstellen, was Ihr damit meint.«
    »Wäre das denn so schlecht?« Seine Augen brannten sich in sie hinein.
    »Ja.« Sie erschauerte.
    »Was wollt Ihr, Falkin?« Er hatte sich nicht gerührt, aber seine Stimme klang seidig, glitt über sie und ließ eine kribbelnde Gänsehaut auf ihren Armen entstehen. Die Luft war plötzlich schwer und stickig. Sie ertappte sich dabei, seinen Mund zu betrachten, während er sprach. Es war so faszinierend, wie sich seine Lippen bewegten und Worte formten. Sie waren glatt und sinnlich, und ihre dunkle, rosige Weichheit wirkte so einladend. Sie spürte, wie sie zur Antwort selbst die Lippen schürzte.
    »Verstehen«, brachte sie endlich hervor und wandte plötzlich den Blick ab. »Sonst nichts.«
    McAvery lehnte sich auf der Bank zurück und verschränkte die Hände hinter dem Kopf. »Gut. Stellt also Eure Fragen.«
    Sie schnaufte. »Oh, ich bin sicher, dass Ihr jede Frage beantworten werdet, die ich Euch stelle. Wie soll ich wissen, welche Teile Eurer Antworten wahr sind – wenn überhaupt? Ihr werdet einen schönen Teppich knüpfen, der, wie Ihr annehmt, mein Herz erweichen und mich womöglich auch noch dazu bringen wird, die Beine zu spreizen. Was hattet Ihr denn im Sinn? Das ›Märchen vom armen Bauernjungen‹ habt Ihr schon erzählt, das können wir also von der Liste streichen. ›Ich war ein ungeliebtes Kind‹ vielleicht, oder ›Als Neugeborenes wurde ich meinen adligen Eltern geraubt und von Wölfen aufgezogen‹? Oder gibt es eine

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