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Die Magierin des Windes: Roman (German Edition)

Die Magierin des Windes: Roman (German Edition)

Titel: Die Magierin des Windes: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Misty Massey
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zwischen einem selbst und dem Verhungern stand. McAvery war genau wie diese Streuner. Er ist ein Werkzeug, mehr nicht , rief sie sich ins Gedächtnis. Kein Freund, kein Geliebter, noch nicht einmal eine richtige Person. Er war dabei, um sicherzustellen, dass sie hineingelangte und ihren Kapitän wiederfand. Sobald sie Binns sicher in der Hand hatte, würde sie keinen Blick zurückwerfen. McAverys Mission würde dann sein eigenes Problem sein.
    Die Sonne ging unter und färbte die Wellen rostgolden und purpurn, während sie am Eingang des Haupthafens vorbeisegelten, der zu Pecheta gehörte. Die Reichen und Mächtigen hatten überall auf den Neun Inseln Landbesitz – Plantagen hier, Bauernhöfe dort, Gewerbe dazwischen. Aber fast jede adlige Familie zog es vor, an den glänzenden Straßen der reichsten Insel von allen zu leben. Ihre schön gebauten Wohnstätten drängten sich so nahe wie möglich an den Palast heran und erinnerten Falkin an eine Gruppe von Höflingen, die sich rings um den Thron um Ämter rissen.
    Sie hatte gehört, dass sich ein Mann, der den Alterslosen König beleidigte, noch vor Sonnenuntergang aus seinem eleganten Zuhause verwiesen finden konnte. Wenn die Schandtat nicht allzu ernst war, mochte ihm eines der kleineren, ärmlicheren Häuser, das entfernter vom Zentrum der Gesellschaft lag, zugewiesen werden. Die Unglücklichen, denen aber wirklich unverzeihliche gesellschaftliche Entgleisungen unterliefen, bekamen die seltene Gelegenheit, den Reiz schlammsteifer Kleider und solch heftigen Hunger zu erleben, dass sogar tote Ratten lecker aussahen. Falkin wusste nicht, ob diese Geschichten stimmten. Es wirkte allerdings unwahrscheinlich, dass es an einem so wohlhabenden Ort wie Pecheta überhaupt Bettler gab. Doch die Möglichkeit allein war schon Grund genug für sie, froh zu sein, dass sie auf dem Ozean lebte. Es musste ziemlich schlimm sein, wenn die Frage, ob man ein Dach über dem Kopf hatte, von den Launen eines verwöhnten, hilflosen Idioten abhing, der seine Macht nur dem Glück verdankte, aus dem Leib einer Königin geboren worden zu sein.
    Falkin konzentrierte sich auf den monumentalen, aus weißem Marmor gemeißelten Torbogen, der die geschmückten Schiffe, die ein und aus fuhren, majestätisch bewachte. Aus seinem Scheitelpunkt war eine Wachstation herausgehauen; uniformierte Männer spazierten an dem Glasfenster vorbei, das die Fassade bildete. Beiderseits des Torbogens stiegen reich gekleidete Wachtposten ständig die Stufen auf und ab, grüßten, wenn sie aneinander vorbeikamen, und sorgten insgesamt dafür, dass der Torbogen weniger wie ein strategisches Verteidigungsbauwerk als wie der Mittelpunkt eines seltsamen, abendlichen Festes auf dem Wasser aussah. Falkin konnte sich gut vorstellen, wie Musiker in königlicher Livree oben wie unten auf ganzer Breite des Torbogens aufgereiht standen, während Diener Tabletts mit Appetithappen balancierten und diese Leckerbissen den vornehm gekleideten Gästen zuwarfen, die unten hin und her segelten. Würden die Kanonen, die oben auf dem Torbogen aufgebaut waren, wirklich einfallende Plünderer mit Munition beschießen – oder brachen bunte Feuerwerkskörper daraus hervor, um sie willkommen zu heißen?
    Nach ihrem Ausbruch in der Kajüte hätte es Falkin nicht gewundert, wenn Shadd sie einfach hochgehoben und über Bord geworfen hätte. Stattdessen hatte er sie mit solchem Stolz angesehen, dass ihr beinahe die Tränen gekommen waren.
    »Das klingt ganz nach meinem Mädchen!«, war alles gewesen, was er gesagt hatte, bevor sie sich am Tisch zusammengesetzt hatten, um einen Plan auszuarbeiten. Sie war sich immer noch nicht sicher, dass er funktionieren würde, aber zum ersten Mal im Leben fühlte sie sich nicht allein.
    Ein paar Meilen von der Küste entfernt hatte sie die Stimmgabel angeschlagen; der Vorhang glitzernder Magie war um ihre Ohren herumgefallen und hatte sie auf eine Weise in Unsichtbarkeit gehüllt, dass sie zur windabgewandten Seite der Insel weitersegeln konnten, ohne bemerkt zu werden.
    Die Mole des Landguts wirkte entsetzlich schlicht. Ein einfacher hölzerner Steg ragte ins tiefe Wasser hinaus und zwei Wachen gingen in regelmäßigen Abständen auf und ab. Die Mauern eines gewaltigen Anwesens ragten hinter einer dichten Baumreihe auf; warme Lichter flackerten in den Fenstern. Falkin befahl, den Anker etwas entfernt vom Hauptzugang zu werfen, und gab Hudee den Auftrag, die Stimmgabel jede Stunde anzuschlagen, bis Shadd ihm

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