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Die Magierin des Windes: Roman (German Edition)

Die Magierin des Windes: Roman (German Edition)

Titel: Die Magierin des Windes: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Misty Massey
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erinnern. An die Farbe und Art ihres Haars, an ihre Körperformen, aber auch an kleine Dinge. Das schlangenförmige Muttermal an Volgas Hals oder die Art, wie Burks Haut Sonnenbrand bekommt, wenn er sich der Sonne aussetzt.«
    Falkin dachte scharf nach, erinnerte sich an den ersten Abend, an dem sie die beiden in ihre dunklen Mäntel gehüllt im Wirtshaus hatte würfeln sehen. Dann an den nächsten Tag, als sie finster aus ihren vom Schlaf verquollenen Gesichtern hervorgeblickt hatten. Und an den Zeitpunkt, noch später an jenem fürchterlichen Morgen, als sie Falkin in der Gasse in die Enge getrieben und ihre Gesichter vor Blutdurst geleuchtet hatten.
    »Na, erinnerst du dich gut daran, wie sie aussehen? Ist einer klarer als der andere?«
    »Nein, an die beiden Gesichter erinnere ich mich sicher.«
    »Gut. Das hilft. Du wirst Burk sein. Er ist der Kleinere der beiden und kommt deiner eigenen Körpergröße näher, so dass du dich beim ersten Mal nicht zu sehr wirst konzentrieren müssen.«
    »Beim ersten und letzten Mal.«
    »Gut, wie du meinst. Erzeuge ein gründliches Bild von Burks Gesicht vor deinem inneren Auge. Haarfarbe, Gesichtszüge. Wenn es so klar ist, wie du es deiner Ansicht nach nur irgendwie hinbekommen kannst, dann nicke.«
    Sie ließ zu, dass die Erinnerung an den widerlichen Mann ihren Verstand ausfüllte. Schmieriges Haar, das in dünnen Locken über wässrige Augen fiel, eine breite Nase, die von geborstenen Äderchen durchzogen war. Schmale Schultern, sonnengerötete Wangen auf einer Haut, die zu hell war, als dass sie jemals hätte braun werden können. Sie nickte ein einziges Mal.
    »Jetzt fang an zu singen.«
    Sie hatten sich am Vorabend auf eine Melodie geeinigt, die sie kannte und mühelos summen konnte. Sie hatte ihm nicht geglaubt, als er versucht hatte, sie zu überzeugen, dass sie zu so etwas in der Lage war.
    »Du bist mehr als eine gewöhnliche Verheißung. Das hast du doch sicher schon geahnt«, hatte er gesagt. Das hatte sie tatsächlich eingestehen müssen. Salzwasser schwächte Danisober, hatte ihr aber nie etwas ausgemacht. Sie konnte sogar darin schwimmen. McAvery hatte sie durch den Vorgang dessen, was sie planten, geführt, und sie hatten Stunden damit verbracht zu üben, bis sie in der Lage war, es eine ganze Weile andauern zu lassen. Sie war anders, das hier bewies es. Aber wenn sie nicht nur eine Verheißung war, was war sie dann? Und würden die Danisober sie jetzt in Ruhe lassen oder sie erst recht haben wollen? Das waren Fragen, mit denen sie sich später würde befassen müssen, wenn längst erledigt war, was sie heute Nacht vorhatten.
    Leise sang sie. Die sanfte Melodie war das ganze Gegenteil des hässlichen Bildes vor ihrem inneren Auge. Ein Kribbeln lief ihr die Gliedmaßen entlang, elektrische Funken, die ihre Haut reizten. Nach einer Strophe nahm McAvery ihre rechte Hand in seine. Seine Finger waren warm. »Jetzt kannst du die Augen öffnen.«
    Sie blinzelte. »Es ist geschafft? Schon?«
    »Als wärst du zu so etwas geboren.«
    Sein gutes Aussehen war verschwunden. Wo vorher ein hübscher Schurke gestanden hatte, befand sich nun ein breitschultriger Schläger, fast haarlos, dem mehrere Vorderzähne fehlten. Narben überzogen seine Wangen kreuz und quer, und seine Hände waren dickfingrig und unbeholfen. Ein schlangenförmiges Muttermal kroch nahe an seinem Ohr entlang.
    »McAvery?«, fragte sie.
    »Gut gemacht.« Er lehnte sich zurück und stützte das Kinn in die eine Hand, während er sie musterte. »Ich muss zugeben, dass du mir anders lieber bist.«
    Sie warf einen Blick auf ihren Körper hinab. Dieselbe Hose, dieselben gestiefelten Füße, sogar dieselben Hände. Weibliche Hände. Soweit sie feststellen konnte, hatte sie sich überhaupt nicht verändert. Er hatte ihr in der Nacht zuvor versichert, dass der Zauber bei ihnen beiden anhalten würde, bis sie ihn aufhob, indem sie die Melodie noch einmal sang. »Bist du sicher? Ich sehe keinen Unterschied?«
    »Du kannst die Illusion nicht an dir selbst erkennen. Nur die, die dich ansehen, sehen sie. Vertrau mir. Du bist jetzt verdammt hässlich.«
    Statt sich in den Schatten herumzudrücken, führte McAvery sie deutlich sichtbar an den Mauern entlang. Falkin war erst besorgt, bemerkte aber dann, dass keine Wachen auf Patrouille vorbeikamen. All dieser Reichtum – und kein Kämpfer in Sicht. Ihre Instinkte erwachten zum Leben.
    »Weißt du was? Jeder Mann kann dir am Gesicht ablesen, was du gerade

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