Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Magierin des Windes: Roman (German Edition)

Die Magierin des Windes: Roman (German Edition)

Titel: Die Magierin des Windes: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Misty Massey
Vom Netzwerk:
Holz geschnitzt waren, das die Flammen widerspiegelte; es musste aus irgendeinem exotischen Land fern der Inseln importiert worden sein. An der gegenüberliegenden Wand hing das lebensgroße Porträt eines jungen Mannes; beiderseits davon steckten Kerzen in Wandleuchtern und warfen einen warmen Schimmer über seine gemalten Züge. Er hätte hübsch sein können, wäre nicht diese gewisse Fleischigkeit entlang seines Kiefers und der missvergnügte Ausdruck auf seinem allzu weichen Gesicht gewesen.
    Neben dem Porträt befand sich eine einflüglige Tür. Sie war jedoch geschlossen; und dahinter waren gedämpfte Stimmen zu hören, die eine laut und zornig, die andere kriecherisch. Cragfarus winkte McAvery heran. »Gebt mir die Sanguina, dann werde ich Seine Hoheit wissen lassen, dass Ihr hier draußen seid.«
    Falkin holte tief Atem. Mochten die Götter ihnen gnädig sein, wenn dies hier nicht glückte. »Wohl kaum. Woher soll ich wissen, dass Ihr nicht am Ende doch ein Geist seid? Ihr sollt schließlich tot sein!« Sie warf McAvery einen Blick zu. Mit den Fingern der freien Hand strich er sich über den Daumen. Natürlich. Geld. Das Einzige, was Männer wie Burk und Volga gewollt hätten, und die geeignete Ablenkung. »Außerdem steht unsere Bezahlung noch aus. Wenn Ihr also das Geld nicht schon in der Tasche habt, so soll Seine Hoheit gefälligst herauskommen und um seine Pflanze bitten.«
    Cragfarus hatte wahrscheinlich vorgehabt, seinem Herrn die Pflanze zu übergeben und sie auf dem Korridor warten zu lassen, bis irgendein hochnäsiger Dienstbote sie hinauswarf. Oder sie verprügeln ließ. Er sah finster drein und stolzierte auf die kleine Tür zu. Bevor er auch nur die Hand auf den Türgriff legen konnte, flog die Tür so heftig auf, dass sie gegen die Zimmerwand prallte. Ein Mann kam hindurchmarschiert. Er stand im frühen mittleren Alter; erstes Silber durchzog die Wurzeln seiner vollen, kastanienbraunen Haare. Die Weichheit seines Bauches und auch die seines Kiefers ließ erkennen, dass er es im Leben leicht hatte. Er war in eine Pumphose aus indigoblauem Samt und ein passendes Samtwams gekleidet. Doch erst die Dekadenz, die er wie einen Umhang trug, machte ihn unverkennbar. Dies war der Mann von dem Porträt, nur ein paar Jahrzehnte älter.
    Cragfarus nahm Haltung an, die Augen fest auf irgendeinen fernen Punkt gerichtet. »Prinz Jeremie, ich habe Euch die Sanguina mitgebracht«, verkündete er.
    Prinz Jeremie war der älteste Sohn des Königs und der nächste Erbe der kunstvollen Krone der Neun Inseln. Der Mann, dem es am ehesten zuzutrauen war, die Sanguina weit vom König fernhalten zu wollen. Der Mann, der mehr als jeder andere zu gewinnen hatte, wenn er die Sanguina selbst in die Hand bekam. Es ging immer nur um Söhne und Väter und den ewigen Konflikt zwischen ihnen.
    »Bei Krakels gespaltener Zunge, Ihr seid ein Lügner!«, sagte Jeremie. Seine Diktion war kultiviert und präzise, als hätte ein Bildhauer seine Kehle und seine Zunge so sorgfältig zurechtgemeißelt, dass er Worte genau auf die richtige Weise zu formen vermochte. »Ihr habt gestern erst Euer Krankenlager verlassen, und dies auch nur dank Bruder Lig. Ich nehme an, in Wirklichkeit wollt Ihr sagen, dass Eure Männer die Sanguina für Euch hergeholt haben.« Er grinste Falkin und McAvery höhnisch an. »Sie sind ein hässliches Paar. Hättet Ihr nicht Diener finden können, die ein wenig angenehmer anzusehen sind?« Er schenkte der Pflanze selbst einen Blick zärtlicher Gier. »Geht hinaus, Cragfarus. Bewacht die Tür. Lasst niemanden ohne meine Erlaubnis ein. Und denkt an das, was ich Euch gesagt habe.«
    Der große Wachsoldat verneigte sich steif, drehte sich auf dem Absatz um und ging wortlos davon. Jeremie legte eine Hand auf die samtbezogene Rückenlehne des Sessels, der neben ihm stand. Die andere streckte er mit erhobener Handfläche in einer derart eleganten Pose aus, dass jeder Porträtmaler beeindruckt gewesen wäre. Er war die Ruhe selbst. Allerdings war es keine friedliche, heitere Ruhe, sondern eher die angespannte Beherrschung einer jagenden Katze in dem Augenblick, bevor sie ihre Beute ansprang. »Es wurde auch Zeit, dass Ihr kommt.«
    McAvery zuckte die Schultern. »Tut mir leid, Eure Hoheit, aber das Schiff …«
    »Verschont mich mit Euren weitschweifigen Ausreden«, blaffte Jeremie. »Ich habe schon gestern mit Euch gerechnet. Noch ein Tag und Ihr hättet Monate genauester Planungen zunichtegemacht.« Farbe schoss ihm in

Weitere Kostenlose Bücher