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Die Magierin des Windes: Roman (German Edition)

Die Magierin des Windes: Roman (German Edition)

Titel: Die Magierin des Windes: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Misty Massey
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fort, ebenso das Logbuch. Sie saß in einer kleinen, quadratischen Zelle. Der Boden unter ihren Händen bestand aus feuchter Erde, die Wände aus grauem Stein. Die Decke lag kaum höher als ihr Kopf. Am oberen Ende einer Wand befand sich eine vergitterte Öffnung, etwa einen Fuß breit; dadurch schien die Sonne herein.
    »Wie lange …«, begann sie und hielt inne. Sie war in dem winzigen Raum allein. Hatte sie sich die Stimme nur eingebildet? Davon geträumt?
    »Wie lange was?«
    Jetzt, da sie aufpasste, begriff sie, dass der Sprecher außerhalb der Gitterstäbe sein musste. Falkin rollte sich auf die Hüfte, zog ein Bein unter sich und stand mit zitternden Knien auf. In ihrem Kopf drehte sich alles, doch es gelang ihr, auf den Beinen zu bleiben. Sie schlurfte zu der Öffnung hinüber; ihre Augen gewöhnten sich langsam an das Licht.
    »Wie lange was?«, wiederholte die Stimme.
    »Wie lange war ich bewusstlos?«, fragte sie.
    »Eine Stunde, vielleicht ein bisschen länger. Ich habe ja nicht so kräftig zugeschlagen.«
    Eine Stunde. Den Göttern sei Dank für winzige Gunsterweise. Falkin hob eine Hand, um sich vor dem Licht zu beschirmen, und riskierte dann einen Blick nach draußen.
    Eine grüne Wiese erstreckte sich vor ihr; sie endete ein paar Meter entfernt in einem Dickicht aus Obstbäumen. Cazador saß mit untergeschlagenen Beinen auf dem Boden neben der vergitterten Öffnung. Er lächelte. Binnen eines Augenblicks wurde der freundliche Bauer zum Raubtier. »Geht’s besser?«
    »Was zum Geier habt Ihr vor?«, blaffte sie.
    »Kommt einem ein bisschen undankbar vor, nachdem Ihr einem unschuldigen Händler so freundlich geholfen habt«, sagte er. »Ich bin ein Dreckskerl.«
    »Ihr seid Kopfgeldjäger. Arbeitet mit den anderen beiden zusammen, schätze ich. Gut, Ihr habt mich gefangen. Was habt Ihr mit meinem Kapitän angestellt?«
    »Nicht das Geringste.« Er griff in eine Ledertasche, die neben ihm lag, und zog das abgenutzte Logbuch daraus hervor. »Soldaten haben ihn festgenommen. Er ist mittlerweile im Gefängnis. Ich war eher an Euch interessiert.«
    Falkin runzelte die Stirn. Sie hatte angenommen, sie befinde sich in einer Gefängniszelle und Binns sei in einer anderen, ganz in der Nähe. »Das hier ist also nicht das Gefängnis?«
    Cazador schlug den Deckel des Logbuchs auf und schüttelte den Kopf. »Ich bin mir sicher, dass sie Euch auch gern dort hätten, aber nein. Den Danisobern seid Ihr viel mehr wert.«
    Verdammt. Sie hatte nach dunklen Roben und silbernen Armbändern Ausschau gehalten, aber ihr war nie in den Sinn gekommen, dass sie einen gewöhnlichen Kopfgeldjäger einsetzen könnten. Und auch nicht, dass er sie so leicht fangen würde.
    »Früher habe ich jeden Auftrag angenommen, den ich bekommen konnte – bis die Danisober an mich herantraten. Sie boten viermal so viel wie ein gewöhnliches Kopfgeld. Seitdem jage ich für die Bruderschaft. Schon die letzten achtzehn Saisonen.« Er grinste. »Ich bin Geschäftsmann, versteht Ihr? Halte immer nach dem besten Angebot Ausschau.«
    »Woher wusstet Ihr von mir?«
    »Das war ein glücklicher Zufall. Ihr habt den kleinen Sturmwind auf dem Markt herbeigeblasen, als ich gerade vorbeigeschlendert bin. War ja nicht so, als ob Ihr es sehr unauffällig angestellt hättet. Zur Hölle, selbst ein Kind hätte das erraten können!«
    Blutige Grace , dachte sie verzweifelt. Da verbringe ich nun all die Jahre auf der Flucht und werde dank einer Brise und eines Schlags über den Schädel gefangen genommen? »Also wo bin ich?«
    »In einer Schutzhütte der Danisober. Dahin bringen sie auch ihre eigenen Leute, um ihnen eine Lektion zu erteilen oder sie davon abzuhalten, sich schlecht zu benehmen. Was auch immer. Bei all dem Wasser …«
    »Welches Wasser?«, fragte Falkin.
    »Wartet nur ab! Die Tide kentert gerade.«
    Eine Brise zerzauste ihr die Haare, die sich aus ihrem Zopf gelöst hatten, kitzelte ihr die Wange und trug den Geruch des Meeres mit sich. Beim Aufwachen hatte sie bemerkt, dass der Boden feucht war, aber jetzt schien er zu glänzen. Falkin hob einen Fuß und lauschte, wie der Schlamm von ihrem Stiefelabsatz tropfte. Die See kam herein, so langsam wie immer. Sie verabscheute es, in ihren Stiefeln nasse Füße zu haben.
    Aber was er gesagt hatte, brachte sie auf einen Gedanken. Sie war eine Verheißung, eine ungeübte Magierin. Dem Muster nach hätte sie in der Nähe des Wassers genauso schwach und machtlos sein sollen wie alle anderen. Doch ihre

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