Die Magierin des Windes: Roman (German Edition)
hübsch aussehen, so nebeneinander aufgehängt?« Er ließ den Degen sinken, so dass er nun auf ihren Bauch zielte. »Oder ich könnte dich auf der Stelle von Volga töten lassen. Dir den Bauch aufschlitzen und deine Gedärme über den Boden verteilen. Dann würdest du es nie zu deiner Verabredung schaffen, nicht wahr? Sie würden dich erst finden, wenn du zu stinken anfängst.«
Falkin hielt sich so ruhig wie möglich. Ihre Hände waren so eiskalt, als wäre alles warme Blut in ihr schon davongeströmt. Sie wackelte in den Stiefeln mit den Zehen, um zu versuchen, ihre Füße davor zu bewahren, sich zu verkrampfen. Wenn sich die Gelegenheit bot zu flüchten, war das Letzte, was sie wollte, schon beim ersten Schritt zu stolpern.
Sie hatte keine Zeit für diesen Unfug, nicht, wenn es so aussah, als wäre die ganze Königliche Armee hinter ihr her. Vielleicht waren die beiden hier Rausschmeißer in irgendeiner Spielhölle, die ausgesandt worden waren, um von einem Mannschaftsmitglied Spielschulden einzutreiben. Vielleicht hatte auch ein Geldverleiher sie angeheuert, der es leid war, auf eine Rückzahlung zu warten. Aber warum hätten sie annehmen sollen, dass sie wusste, wen sie meinten?
Burk plapperte noch immer: »Das sind nur ein paar meiner Möglichkeiten. Aber ich bin ein anständiger Mann, verstehst du? Wenn du uns also einfach erzählst, wo er sich versteckt, Süße, dann werde ich dich vielleicht nicht sofort töten.« Er fuhr sich mit der Zunge über die bereits feuchten Lippen. »Ich wette, du eignest dich für mancherlei Verwendung besser als für die Seefahrt, hm?«
Gab es auf den Neun Inseln überhaupt irgendwelche Männer, die das Hirn nicht in der Unterhose trugen? Die Kehle schnürte sich ihr zu, wenn sie sich auch nur vorstellte, dass seine sabbernden Lippen sich den ihren näherten. Als ob er das gewesen wäre, was sie sich freiwillig ausgesucht hätte, wenn sie spielen wollte! Hundert boshafte Kommentare drängten an die Oberfläche ihres Verstands, aber wie aus dem Nichts kehrte ihr auch etwas ins Gedächtnis zurück, das Olympia einmal zu ihr gesagt hatte: Behandle einen Mann, als sei er der hübscheste, fescheste Kerl, den du je gesehen hast, dann wird er dir verdammt nochmal fast alles verzeihen . Falkin hatte sich nie gut aufs Schäkern verstanden, aber sie hatte hier wohl keine Wahl. Wenn sie schon waffenlos und verwundet war, war Olympias Rat zumindest einen Versuch wert.
Also zwang sich Falkin zu einem schwachen Lächeln. »Mit einem gut aussehenden Burschen wie dir? Warum nicht? Ich würde es bestimmt genießen, dir alles zu erzählen, was du wissen willst, da bin ich mir sicher.« Sie schob die Unterlippe zu einem Schmollen vor, das, wie sie hoffte, bezaubernd war, und senkte den Kopf, um durch die Wimpern zu ihm aufzuschauen, wie sie es die Dirnen tausendmal hatte tun sehen. »Ich bin nur eine einfältige Frau, Namen kann ich mir nicht so gut merken. Wen suchtet ihr noch mal?«
Der Mann hinter ihr riss plötzlich an ihrem Zopf, zog ihr den Kopf zurück und presste seine Klinge fester an ihre Wirbelsäule. »Deinen Partner, Schlampe!«, zischte er; sein Atem fühlte sich an ihrer Wange heiß und faulig an. »Diesen hinterlistigen, doppelzüngigen Dreckskerl, der dachte, er könnte uns ausrauben und ungeschoren davonkommen.«
Falkins Atem ging rasch und flach; sie stand schon beinahe auf den Zehenspitzen, weil er so kräftig an ihrem Haar zerrte. So viel zum Thema Schäkern. Gedanken wirbelten ihr durch den Kopf, während sie verzweifelt versuchte, sich eine Antwort einfallen zu lassen, die diese Idioten beschwichtigen würde. Hinterlistig , hatte er gesagt, und doppelzüngig . Die Beschreibung passte auf kein Mitglied von Binns’ Mannschaft – ob es nun Betrug beim Kartenspiel oder das Ablegen eines Meineids war, der Schuldige wurde sofort an Land gesetzt, wenn seine Missetat bekannt wurde.
Es gab nur einen Mann, den sie kannte und doppelzüngig hätte nennen mögen. Und das war der einzige Mann, den sie sehr gern am Galgen baumeln sehen würde. Sei verflucht, McAvery , dachte sie, gibt es irgendjemanden, der nicht bereit wäre, dir die Kehle aufzuschlitzen?
Wenn sie nur den Degen hätte in die Hand bekommen können! Sie warf einen Blick darauf; dunkel spiegelte er sich in einer schlammigen Pfütze. Vielleicht gab es eine Möglichkeit. »Gut«, sagte sie. »Ich werde euch zu meinem Partner bringen. Aber hättet ihr etwas dagegen, wenn ich erst meinen Hund zurückrufe? Es würde
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