Die Magierin des Windes: Roman (German Edition)
ihre Füße glitt. Er hob sie sanft hinauf. Das Herz pochte ihr vor Anstrengung. Sie zog sich hoch und presste mit dem letzten Atemzug ihre Schultern durch die Öffnung. Die kribbelnde Macht unter ihren Füßen kam zum Erliegen. Sie grinste. Ganz gleich, wie sehr sie die Danisober auch hassen mochte, sie musste doch zugeben, dass Magie verdammt praktisch war.
Einen Moment lang hing sie da und rang nach Luft. Sie streckte sich, grub die Finger ins lange Gras und zog ihren Körper voran, arbeitete sich mit den Hüften durch die enge Lücke. Endlich war sie draußen. Sie rollte sich auf den Rücken, sog tiefe Atemzüge süßer Luft ein und ließ den wilden Galopp ihres Herzens langsamer werden.
Muss aufstehen, ihn einholen . Falkin setzte sich auf und sah sich das Gefängnis an, dem sie entkommen war. Es ähnelte einer Steinkiste, groß genug für sechs Männer, um Schulter an Schulter darin zu liegen, aber nur hüfthoch. Kein Wunder, dass das Wasser so schnell gestiegen war. Sie hätte binnen weniger Stunden bis zum Hals in kaltem Wasser gestanden. Solch eine Behandlung hätte einen durchschnittlichen Magus so krank gemacht, dass er vor lauter Schwäche hätte ertrinken können. Wie viele waren schon in diesem Loch gestorben? Und warum war sie immun? Keine Zeit, jetzt darüber nachzugrübeln! Sie stand auf, wobei ihr das Wasser aus den nassen Stiefeln quoll, und rannte in die Richtung, in die sie Cazador hatte gehen sehen.
Binnen weniger Minuten hatte sie ihn erspäht: Er spazierte den schattigen Pfad zwischen den Bäumen entlang. Er trug zwei Wehrgehänge; eines davon gehörte ihr. Sobald sie nahe genug heran war, beschleunigte sie ihren Lauf und warf sich durch die Luft auf seinen ungeschützten Rücken.
Sie prallten zusammen und stürzten gemeinsam mit einem markerschütternden Krachen zu Boden. Bevor Cazador wegschlüpfen konnte, legte ihm Falkin den linken Arm um den Hals. Sie riss ihn an sich heran und schlang die Beine um seine Taille, um ihn stillzuhalten.
»Krieg … keine … Luft …«, keuchte er.
»Haltet das Maul«, murmelte sie ihm ins Ohr. »Ihr werdet mir jetzt mein Buch und mein Wehrgehänge geben, sonst halte ich Euch einfach fest, bis Ihr sterbt!«
Er nickte und fummelte an dem Riemen herum, der quer über seine Brust verlief. Er fiel von der Tasche ab und löste sich von ihm. Cazadors Hände wandten sich dem Wehrgehänge zu und bald lag auch dieses auf dem Boden.
Falkin ließ los und stemmte die Füße gegen seinen Rücken. Sie stieß kräftig zu, und er rollte nach Luft schnappend von ihr weg. Sie packte die Tasche, drehte sie um und ließ den Inhalt fallen. Mit dem Buch purzelte eine ganze Sammlung von Gegenständen hervor, darunter ein Dolch, ein paar Münzen und eine Bronzemarke an einer Kette.
Cazador war wieder auf den Beinen; er hustete, und in seinen Augen glomm Feuer. Falkin hob den Dolch und zielte damit auf ihn. »Bleibt auf Abstand. Diese Insel hier ist ein gefährlicher Ort für eine Frau. Ich könnte Euch wehtun.« Ohne ihre Blickrichtung zu ändern holte sie sich ihr Wehrgehänge.
»Ich habe noch nie einen Auftrag verloren«, knurrte er.
»Tut mir leid, wenn ich Euren Ruf ruiniere.« Sie schob sich den Dolch in den Hosenbund und schnallte sich mit dem Buch unter dem Arm das Wehrgehänge um. »Vielleicht solltet Ihr mich einfach diejenige, die entkommen ist nennen.«
»Ihr seid verwundet und schon müde. Sobald Ihr vor mir weglauft, werde ich Euch wieder einfangen. Was glaubt Ihr denn, wie lange Ihr in Eurem Zustand rennen könnt?«
Damit hatte er recht. Sie hatte zwar die Energie, es bis zurück in die Stadt zu schaffen, aber nicht die, die auch noch für einen Kampf nötig gewesen wäre. Sie sah zu den tief hängenden Zweigen auf. »Ich werde Euch etwas bremsen müssen.« Sie leckte sich die Lippen und pustete.
Das Kribbeln breitete sich aus, weg von ihr, und umfing Cazador. Er wehrte sich, als Falkin ihn hoch genug hob, um sein Hemd an einem Ast ein paar Fuß über dem Waldboden hängen bleiben zu lassen. Sobald sie sicher war, dass er dort festhing, ließ sie das Pfeifen verstummen.
»Ihr hättet gar nicht in der Lage sein sollen, Magie zu wirken … Ihr habt knietief im Wasser gestanden!«, schrie er. Dann riss er die Augen auf. »Wartet! Geht nicht weg!«
Falkin winkte ihm zu, als sie sich abwandte, um zur Stadt zu rennen. »Man sieht sich.«
»Aber ich muss mit Euch sprechen!«
Sie sah nicht zurück.
Kapitel 9
Da packte mich wildwunderlich Leid,
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