Die Magierin des Windes: Roman (German Edition)
Binns’ Buch würde für sie verloren sein. Binns’ Buch in den Händen von … Über ihre eigene Torheit schüttelte sie den Kopf. Cazador holte die Danisober. Das Buch war jetzt ihre geringste Sorge.
Um ihre Stiefel wirbelte Wasser. Die Flut stieg schnell, schneller, als sie gehofft hatte. Zumindest wusste Cazador nicht über ihre Eigenart Bescheid. Was sollte sie tun? Binns würde gehenkt, und sie von den Danisobern versklavt werden, und nichts würde je wieder gut werden, wenn sie sich nicht bald selbst befreite. Sie kämpfte mit den Tränen und ließ den Kopf auf den Rand der vergitterten Öffnung sinken. Putzstückchen blieben an ihrem schweißnassen Gesicht kleben.
Putz. War das möglich? Sie hatte angenommen, die Gitterstäbe wären direkt in den Stein eingelassen. Sie hob den Kopf und sah genauer hin. Die Stäbe waren in gebohrte Vertiefungen eingelassen worden, die mit Putz aufgefüllt waren. Putz konnte brechen. Falkin stützte die Ellenbogen auf den Rand der vergitterten Öffnung. Draußen musste es etwas geben, das sie benutzen konnte. Vielleicht einen Stein, um die Gitterstäbe zu zerbrechen. Das Gras war zu hoch. Sie konnte nichts sehen, noch nicht einmal einen schweren Stock.
Falkin setzte sich ins Wasser und zerrte sich einen Stiefel vom Fuß. Der Absatz bestand aus Holz, aber vom Leben an Bord eines Schiffes beansprucht, war er hart wie Stein geworden. Vielleicht würde das reichen. Sie stand auf, drehte den Stiefel andersherum und schlug auf den Putzüberzug ein. Winzige Splitter brachen ab, und Risse erschienen. Doch es war nicht genug. Wenn sie so weitermachte, würde sie bis ans Ende aller Zeiten hämmern müssen. Sie brauchte etwas Stärkeres.
Was hatte Cazador gesagt? Er konnte ihre Fähigkeiten anhand dessen, was er gesehen hatte, nicht einschätzen. Was, wenn sie stärker war, als sie es selbst wusste? Sie hatte sich immer vor der Magie versteckt und nie versucht, wie weit sie sie zu treiben vermochte. Das hier war eine großartige Gelegenheit. Wenn sie versagte, würde niemand verletzt werden, abgesehen vielleicht von ihr selbst. Und wenn sie Erfolg hatte …
Sie holte tief Luft und pfiff. Sanfte Finger kribbelnder Macht krochen ihr über die Haut, neckten, wirbelten und fanden sich schließlich im Hauch ihres Pfeifens zusammen. Sie stellte sich vor, wie es wohl ausgesehen hätte, wenn sie etwas hätte sehen können: Hunderte kleiner, glitzernder Diamanten … vielleicht. Oder eine fließende, weißseidene Flamme.
Sie griff nach dem Gitter, und schlang ihre Macht um einen der Stäbe. Sie sog mehr Luft ein und schickte dann einen lebhaften Triller aus.
Der Stahlstab erzitterte heftig und begann zu vibrieren. Putzsplitter stoben in jede Richtung. Falkin beschirmte ihre Augen und duckte sich dann und wann. Sie trillerte weiter. Der Stab schüttelte sich immer stärker, während noch mehr Putz in immer größeren Stücken abflog.
Falkin hielt inne, als sie außer Atem war. Ihr Kopf schien benebelt. Ich sollte es beim nächsten Mal wohl langsamer angehen lassen, sonst werde ich ohnmächtig , dachte sie und griff nach dem Gitterstab. Unter ihrer Hand fühlte er sich heiß an und hing lose in seiner Verankerung. Falkin hob wieder den Stiefel und hieb noch einmal auf den Putz. Die Verankerung zerbarst und der Stab fiel herunter und klatschte ins Wasser.
»Ja!«, schrie sie. Nun, da ein Stab fehlte, war immer noch nicht genug Platz für sie, um hinauszuschlüpfen. Zwei mehr sollten aber ausreichen. Falkin machte sich daran, den Putz loszupfeifen, und konzentrierte sich auf die Risse, die sie schon verursacht hatte. Wenn sie außer Atem war, hämmerte sie mit dem Stiefelabsatz, bis sie wieder klar im Kopf war. Es schien Stunden zu dauern. Am Ende lösten sich auch die anderen Gitterstäbe und verschafften ihr den Platz, sich in die Freiheit zu zwängen. Sie schlüpfte mit dem matschigen Fuß in ihren Stiefel zurück.
Cazador war ein winziger Fleck auf dem Pfad durch die Bäume. Ihr Talisman zur Befreiung ihres Kapitäns entfernte sich mit ihm. Wenn sie hier nicht bald herauskam, würde sie ihn nie fangen. Sie packte den letzten Gitterstab mit der linken Hand und zog, während sie die Füße gegen die Wand stemmte. Ihre durchnässten Stiefel glitten daran ab. Weder im Wasser unter ihr noch an den glatten Steinwänden fand sie Halt. Da kam ihr ein Gedanke.
Sie veränderte ihren Griff um den Gitterstab, holte tief Luft und pfiff. Sie schickte den Ton langsam aus, so dass er wie Finger unter
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