Die Magierin des Windes: Roman (German Edition)
mich sehr ärgern, wenn er in irgendjemandes Suppentopf enden würde.«
Burk runzelte die Stirn. Bevor er etwas einwenden könnte, pfiff Falkin zwei scharfe Töne und starrte das schmutzige Wasser zu Burks Füßen an. Es schoss hoch wie ein Geysir und spritzte in Burks geöffnete Augen. Er warf den Kopf zurück und brüllte.
»Burk!«, schrie Volga. Er sprang vorwärts, als wolle er sich an seiner Gefangenen vorbeidrängen, und entließ Falkins Haar dabei aus seiner tödlichen Umklammerung. Sie winkelte den linken Ellenbogen an und rammte ihn Volga in den Unterleib. Er krümmte sich und hielt sich den Bauch. Sie befreite sich mit einer Drehung.
Er war jünger, als sie gedacht hatte, höchstens neunzehn oder zwanzig Jahre alt, mit kahl rasiertem Kopf und einem langen, dünnen Bart, der von seinem spitzen Kinn herabhing. Die Klinge, die er hielt, war nur ein Dolch, keine zwölf Zentimeter lang, damit aber lang genug, um zu töten. Er richtete sich auf und schlug mit der Klinge nach ihr. Sie sprang ihm aus dem Weg, drehte sich dann zur Seite und trat zu, so dass ihr Fuß mitten in seinem Bauch landete. Er schnappte nach Luft und taumelte zurück, während er um Atem rang.
Burk griff nach Falkin. Sie glitt um ihn herum und zog ihren Degen aus seiner schlammigen Scheide. Sie schwang die Spitze hoch und stach nach Burk. Ein Schmerz durchzuckte ihre Schulter. Vor Schreck darüber zischte sie auf.
Er drehte sich weg, um der Degenspitze zu entgehen, trat unbeholfen beiseite und rutschte mit einem Fuß aus. Er stürzte und landete auf dem Rücken. Seine Augen weiteten sich und rollten zurück; dann lag er still. Falkin wandte sich wieder Volga zu.
Volgas Gesicht war jetzt blau angelaufen. Er versuchte sich aufzurichten, und schlug sich selbst gegen die Brust, als wolle er seine malträtierte Atmung wieder in Gang bringen. Es half aber nichts. Mit einem letzten, quiekenden Keuchen fiel er aufs Gesicht.
Sie stand eine endlose Zeitlang da; ihr Herzschlag rauschte ihr in den Ohren wie die Brandung. Keiner der beiden Männer rührte sich. Sie streckte einen Zeh nach Burks Kopf aus und kippte ihn von sich weg. Röte besudelte die Pfütze darunter, aber direkt unterhalb der Wasseroberfläche sah sie den Steinbrocken, auf den er gefallen war. Er atmete noch; das taten beide. Volga würde wahrscheinlich in ein paar Minuten aufwachen. Burks Kopfwunde blutete so heftig, wie Kopfwunden es nun einmal taten, aber sie hatte weder Interesse daran noch die nötige Zeit, ihn zu verbinden. Er würde hoffen müssen, dass seine eigenen Götter ihn beschützten.
Jetzt durfte sie aber keine Sekunde mehr verlieren. Sie hatte ihre Kraft zweimal am selben Ort benutzt – die Bruderschaft war vielleicht schon hinter ihr her. Ihre Schulter brannte. Auch wenn es ihr gelungen war, ein Fenster zu öffnen und mit ein bisschen Wasser zu spritzen, unter keinen Umständen würde sie stark genug sein, gegen einen Danisober zu kämpfen. Binns’ Logbuch lag auf dem Boden, wo sie es hatte fallen lassen. Sie kniete sich hin, um es aufzuheben, steckte es sich unter den linken Arm und stand auf.
»Na, wunderbar!«
Schmerz explodierte in ihrer rechten Schläfe, gefolgt von gnädiger Schwärze.
Kapitel 8
Als säh’ er durch ein Kerkergitter Mit breitem, brennendem Gesicht.
Samuel Taylor Coleridge
IHR KOPF … JEMAND hatte ihr einen gewaltigen Eisendorn durch den Kopf gerammt. So musste es gewesen sein. Nichts anderes konnte so sehr wehtun. Sie stöhnte und bereute es sofort. Sogar dieses kleine Geräusch ließ ihr die Zähne im Kiefer rappeln. Falkin zwang die Augenlider auf und wimmerte. Fürchterliche Lichtklingen stachen auf sie ein, und ein wildes Grollen donnerte in der gewaltigen Leere hinter ihrer Stirn. Sie presste sich den Handballen vor die Augen und versuchte, das Toben aufzuhalten.
»Tut mir leid, dass ich das tun musste. Ich wusste, dass Ihr nicht kampflos mitkommen würdet, und ich wollte Euch nicht töten.«
Das durchgehende Pferd in ihrem Kopf verwandelte sich in einen wütenden Bullen, der die Innenwände ihres Schädels rammte. »Der Tod wäre mir lieber als diese Kopfschmerzen«, murmelte sie.
Die Stimme lachte, als hätte sie einen reizenden Scherz gemacht. »Tot seid Ihr aber nur das Kopfgeld einer Diebin wert.«
Falkin mühte sich damit ab, sich aufzusetzen. Ihr Rücken war steif und kalt. Nass. Sie stemmte sich in eine sitzende Stellung hoch und öffnete die Augen einen Spaltbreit. Ihr Wehrgehänge war
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