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Die Magierin des Windes: Roman (German Edition)

Die Magierin des Windes: Roman (German Edition)

Titel: Die Magierin des Windes: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Misty Massey
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ungewaschenen Körper hier drinnen hätte sie der Situation den üblen Geruch ihrer widerlichen Gegenwart anmerken sollen. Sie hatten seinen Geist wie eine reife Kokosnuss aufgebrochen und auf der Jagd nach einem Geständnis, das gar nicht existieren konnte, darin herumgekratzt, und ihn dann gebrochen in dieser Zelle verfaulen lassen.
    »Kapitän Binns! Sieh mich sofort an!«, zischte sie. Er holte noch nicht einmal tief Luft. Hatten sie auch seine Erinnerungen gestohlen? Vielleicht war bis auf eine zerstörte Hülle nichts mehr übrig. »Erkennst du mich nicht? Artemus?«
    Als sei sein Vorname ein Zauberspruch, um den Bann zu brechen, unter dem er gestanden hatte, hob Binns endlich den Kopf und starrte mit feuchten Augen zu ihr hinaus. Er seufzte, schien sie aber nicht zu erkennen und legte den Kopf wieder auf die verschränkten Arme.
    Wut durchzuckte Falkin plötzlich, tanzte wie ein Blitz in der Takelage eines Schiffs. »So benimmt sich also ein Kapitän? Ein kleiner Kratzer – und schon gibst du auf, ohne den geringsten Kampf? Wenn ich es nicht besser wüsste, so würde ich annehmen, dass du sterben willst. Zu müde. Oder vielleicht bist du auch einfach nur zu alt. Vielleicht wäre es leichter, sich von denen aufhängen zu lassen.« Sie konnte nicht fassen, dass sie in diesem Ton mit Binns sprach. Die Worte flossen selbstständig aus ihrem Mund, ein schneidend scharfes Flüstern, das dazu diente, zu treffen und zu verletzen. Ärgerlich kniff sie die Augen zusammen. »Ist es so? Konntest wohl den Gedanken nicht ertragen, dich zur Ruhe zu setzen. Wo doch jeder weiß, dass der alte Binns einmal Pirat gewesen ist. Ist es leichter, einen glorreichen Abgang hinzulegen? Du wirst zwar tot sein, aber sie werden dich besingen. Ist es so viel besser, als um dein Leben zu kämpfen …«
    Er blickte wieder auf, hob den Kopf, als sei er ein übergroßer Anker an einer Lotleine. »Verschwinde von hier, mein Mädchen«, murmelte er. Seine Stimme war leise und rau. »Um der Liebe willen, die ich zu dir empfinde, nimm das Schiff, und segle fort. Wenn sie dich fragen, sag, dass du mich nicht kennst.«
    Seine Worte verschlugen ihr den Atem. Er hatte gesprochen. Hoffnungslose Worte, gewiss, aber es war immerhin ein Anfang. »Artie, waren es die Danisober? Haben sie dir etwas angetan?« Erst waren ihre eigenen Eltern von der Hand der Danisober gestorben; nun hatten sie auch die einzige Familie in die Finger bekommen, die sie noch hatte. Wenn sie jemals die Gelegenheit dazu haben würde, dann – das schwor sie allen Göttern in all ihren Tempeln -, dann würde ihre Rache kalt und bösartig und ach so süß sein.
    »Danisober?« Seine Stimme wurde von seinen Armen gedämpft, auf die er den Kopf gebettet hatte. »Nein. Das hier ist das Werk ganz gewöhnlicher Menschen.« Er starrte durch die Schatten und schien Falkin zum ersten Mal wirklich anzusehen. »Du trägst Röcke.«
    Sie lächelte schwach. »Olympias Idee. Die einzige Möglichkeit hereinzukommen, um dich zu besuchen, bevor …« Sie schluckte. Bevor du stirbst? Bevor sie davonsegeln, um dich an einem Strick um den Hals aufzuhängen? Gute Güte, Mädchen, reiß dich zusammen! Du führst dich ja wie ein Kind auf. Sie drückte die Schultern durch und blinzelte kräftig, um ihre Augen von der Feuchtigkeit zu befreien, die darin aufgestiegen war. »Artie, hör zu. Wir werden dich freibekommen.«
    »Unsinn«, sagte er. »Zeitverschwendung. Ich bin ein alter Mann. Lass doch zu, dass mir mein verdienter Lohn zuteilwird.« Er kämpfte sich auf die Füße und humpelte zur Zellentür hinüber. Dort schlang er die Finger um die schweren Gitterstäbe. Seine Fingerknöchel waren vernarbt und schmutzig. Falkin griff hoch und legte ihre eigene Hand sanft über seine. Seine Haut, die von der Arbeit schwielig geworden war, fühlte sich unter ihrer Berührung so kalt an, dass sie den Eindruck hatte, ihre eigenen Hände würden ihn mit ihrer Hitze verbrennen.
    »Artie, das kann ich nicht tun. Ich muss dir einfach helfen.«
    Er starrte ihre Hand, die auf seiner lag, wie hypnotisiert an. »Wie willst du mich denn retten? Jagd auf die gesamte Marine machen? In unserer kleinen Schaluppe mit ihren acht Geschützen?«
    »Ja, wenn ich das … muss. Sobald wir herausgefunden haben, auf welchem Schiff du bist, segeln wir dir gleich nach.«
    »Verdammt dumme Idee. Die kleine Schaluppe ist gut genug, um Piraterie zu betreiben, aber sie kann sich doch nicht mit einem Kriegsschiff messen. Besonders jetzt

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