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Die Magierin des Windes: Roman (German Edition)

Die Magierin des Windes: Roman (German Edition)

Titel: Die Magierin des Windes: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Misty Massey
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und warf sie dann auf den Boden, um die Schublade selbst genauer in Augenschein zu nehmen. Außen war sie tiefer als innen. Ein falscher Boden also. Sie zog die Schublade mit der gesunden Hand ganz heraus, stemmte sie auf ihren Oberschenkel und hievte sie dann auf den Schreibtisch.
    »Die ist ein bisschen schwer für eine leere Schublade«, sagte sie.
    »Steckt sie zurück!«, brüllte er. Jegliche Vortäuschung von Furcht war jetzt verschwunden – das Gesicht des Hafenmeisters war rot vor Zorn. Und trotz des Dolchs, der noch immer an seiner Kehle lag, waren seine Fäuste geballt.
    »Was habt Ihr darin versteckt?« Falkin drehte die Schublade auf die Seite, um den Boden genau sehen zu können, und überprüfte dann das hintere Ende. Alle Verbindungen schienen solide gearbeitet zu sein, nichts war verzogen oder gesplittert. Seltsam, dass das Holz in dieser Nähe zum Wasser nicht der Natur zum Opfer gefallen war. Sie sah sich die Innenseite noch einmal an.
    Der Schreibtisch und seine Schubladen bestanden aus irgendeinem eng gemaserten Holz, das beinahe schwarz gefärbt worden war. Doch der innere Boden dieser Schublade hatte eine wesentlich rundere Maserung. Als sei er später eingefügt worden.
    »Darin ist nichts, das Euch etwas angehen sollte!«, beharrte er. »Das ist Eure letzte Chance! Lasst mich gehen oder ich rufe die Wachen.«
    Falkin legte neugierig den Kopf schief. »Das sagt Ihr nun immer wieder.« Sie stieß die Schublade vorwärts, über die Kante. Sie stürzte schwer, aber außer dem Knacken von Holz war da noch ein weiteres Geräusch. Das gedämpfte Klirren von Münzen.
    »Sieh an, sieh an. Also war doch mehr als nur Papier in der Schublade, was?« Sie beugte sich über den Schreibtisch. Der falsche Boden war geborsten und ein Stück gewebten Stoffes hing halb heraus. Falkin ließ sich wieder über den Tisch gleiten. »Wie wär’s, wenn Ihr Eure Geschichte noch ändern würdet?«, fragte sie und wartete seine Antwort gar nicht erst ab. Sie holte mit dem Fuß aus, trat gegen die zerbrochene Holzplatte und enthüllte, dass der Stoff zu einem Schnürbeutel gehörte. Sie hob ihn mit der linken Hand hoch. Er war schwer vor Münzen. So, wie er aussah, enthielt er mehr, als die meisten Mitglieder ihrer Mannschaft zum Saisonende einstreichen würden. Und darin bestand das Dilemma des Hafenmeisters.
    Er würde nicht nach den Blauröcken schreien. Sie würden die Piraten zwar sicher verhaften, das Geld aber als Beweismittel einziehen – und er würde es nie wiedersehen. Schlimmer noch, wenn sie damit den Beweis hatten, dass er Bestechungsgeld nahm, würden sie ihn genauer im Auge behalten. Und während Muffins für Olympia ausreichen mochten, würden die Blauröcke härtere Leckerbissen von dem alten Mann verlangen. Sie würden täglich in seiner Amtsstube auftauchen und ihren eigenen Anteil verlangen, bis nichts mehr für ihn übrig blieb. Nein, er würde nicht um Hilfe rufen. Er hatte zu viel zu verlieren, wenn sich erst die Behörden einmischten.
    Der Kiefer des Hafenmeisters zuckte. »Gut. Ja, er hat mich bezahlt. Eine schöne Summe, um die Ungereimtheiten in seinen Verkaufsdokumenten zu übersehen.«
    »Und meinen Kapitän ans Messer zu liefern?«
    Er zuckte die Schultern. »Nein, das habe ich freiwillig getan. Euer geiziger Kapitän hat mich auf die Hälfte des üblichen Liegegelds heruntergehandelt, als Ihr vor Anker gegangen seid, und ich dachte, es würde ihm mal guttun, ein wenig gedemütigt zu werden.«
    »Schmiergeld zu nehmen ist illegal.« Falkin stellte den Beutel auf den Schreibtisch und betrachtete die verknotete Kordel, die ihn verschlossen hielt.
    »Piraterie auch«, konterte er.
    Es war ein guter Knoten, zu fest gebunden, als dass sie ihn hätte öffnen können. Aber Knoten konnte man nicht nur mit geschickten Fingern lösen. Sie zog ihren Dolch, schnitt die Kordel durch und öffnete den Beutel. Sie sah hinein und musste lachen.
    »Was ist so lustig?«, verlangte der Hafenmeister zu wissen. Falkin antwortete nicht. Sie drehte den Beutel um und schüttete seinen Inhalt auf den Schreibtisch. Shadd lachte laut los. Der Hafenmeister wurde blass.
    Glanzlose Metallstücke lagen in einem Haufen auf dem Tisch, unterschiedlich groß und geformt, aber alle mit dem verräterischen schwarzen Ruß aus der Esse eines Schmieds befleckt. »Ein hübsches Sümmchen, in der Tat«, sagte Falkin. »Ich wette, der arme McAvery hat sich die Hände fürchterlich schmutzig gemacht, als er diese hier aus irgendeiner

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