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Die magische Höhle - Die geheime Kammer

Die magische Höhle - Die geheime Kammer

Titel: Die magische Höhle - Die geheime Kammer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mathias Metzger
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sie kam nicht darauf, was es war. Der Hofnarr ließ ein kurzes Solo auf seiner Harfe folgen und begann die nächste Strophe:
    „Fehlen tun ihm auch Manieren,
die den Adelsmann sonst zieren.“
    Der Gastgeber legte die Stirn in Falten. Ein paar Gäste mussten sich zwingen, ernst zu bleiben. Julia sah, wie neben ihr Willibald von Fleckenstein in seinen Zeigefinger biss, um nicht loszulachen. Auf jeden Fall lag der Hofnarr mit seiner Einschätzung richtig. Wie Julia angewidert feststellen musste, lief Heinrich links und rechts Fett aus den Mundwinkeln aufs Kinn. Die Finger hatte er ohnehin schon die ganze Zeit an seinem Gewand abgewischt.
    Der Narr fuhr ungerührt fort:
    „Drum lerne er, dass man bei Tische
sich ab und zu den Mund abwische.“
    Heinrich griff hastig an seine Mundwinkel. Sein Blick wurde noch düsterer, falls das überhaupt möglich war. Ein weiterer Ritter presste sich ein Taschentuch vor den Mund, um sein Lachen zu unterdrücken. Heinrich wischte sich kräftig mit dem Ärmel über den Mund und trank hastig einen Schluck Wein nach. Der Hofnarr wollte seinen Vortrag mit einem krönenden Abschlussvers zu Ende bringen:
    „Was nicht ihm fehlt, das ist der Wein,
ab heut’ er heißt ‚Heinrich das Schw…‘“
    Das letzte Wort ging in einem wütenden Schrei des Burgherrn unter. Jeder wusste auch so, was gemeint war.
    Heinrich der Wilde bekam einen Wutanfall, der seinem Namen alle Ehre machte. Er schrie und tobte und schleuderte seine halb abgenagte Schweinshaxe auf den Narren, der gerade noch ausweichen konnte.
    Ein paar Gäste hatten es nicht mehr ausgehalten und es gewagt, über das Lied zu lachen. Erschrocken verstummten sie sogleich wieder.
    In der Zwischenzeit arbeitete Julias Gehirn auf Hochtouren. Endlich war ihr etwas eingefallen. Heinrich fehlt die Milde, drum nennt man ihn der Wild e … Sie hatte im Unterricht mal von einem Herrscher namens „Heinrich der Milde“ gehört, da war sie sich sicher. Das hörte sich auch ganz ähnlich an wie der Wilde. Von der Zeit her, in der sie sich befanden, könnte es auch hinkommen. Ganz dunkel konnte sie sich noch daran erinnern, dass dieser Heinrich der Milde mal für irgendwen als regierender Herrscher eingesprungen war. Das schien auch irgendwie hierherzupassen. Aber wie schon die Sache mit dem Namen, es passte einerseits, andererseits aber auch wieder überhaupt nicht. Aber Genaueres wollte ihr einfach nicht einfallen. Bei dem Heinrich aus dem Schulunterricht hatte es sich nicht um einen schlimmen Schreckensherrscher gehandelt. Hätte sie so etwas in der Schule gehört, würde sie sich garantiert daran erinnern. Krampfhaft versuchte sie, weitere Erinnerungsbruchstücke zusammenzuschustern. Die Geschichte, wie sie sich hier vor ihren Augen abspielte, war ihr völlig neu. In der Schule war davon nie die Rede gewesen, sonst wäre es ihr jetzt garantiert wieder eingefallen. Wie es aussah, musste die Geschichte der Stadt so oder so umgeschrieben werden. Sie musste einsehen, dass es sinnlos war, sich auf ihre Erinnerung zu verlassen. Wenn alles ganz anders war, als sie gelernt hatte, führte sie die Erinnerung möglicherweise sogar in die Irre. Und das konnte sie jetzt nicht gebrauchen.
    Ein wildes, lautstarkes Handgemenge im Rittersaal riss sie aus ihren Gedanken.
    Auf einen Wink Heinrichs hin packten zwei Wachen den Narren und drängten ihn ziemlich unsanft aus dem Raum. Er protestierte lauthals, aber das half ihm wenig.
    „Was ist das für eine Burg, in der nicht einmal mehr die Narrenfreiheit in Ehren gehalten wird?“, empörte er sich. „Ihr seid eine Schande für die gesamte Ritterschaft!“
    Heinrich der Wilde sprang zornig von seinem Sessel auf. Drohend wedelte er mit einer Lammkeule, die er sich als Ersatz für die weggeworfene Schweinshaxe genommen hatte.
    „Aus meinen Augen und lass dich nie wieder hier blicken!“, brüllte er aus Leibeskräften. „Sonst kannst du deine Witze den Ratten in meinem Kellerverlies erzählen!“
    Der Narr verzichtete lieber auf weitere Sprüche in Richtung des Burgherrn und ergriff leise vor sich hin schimpfend die Flucht. Die Festgesellschaft hatte die Szene gebannt verfolgt. Doch jetzt griffen alle wieder nach ihren Bechern und Tellern und tranken und speisten fröhlich weiter, als ob nichts gewesen wäre. Solche Wutausbrüche hatten sie bei Heinrich schon öfter erlebt, das war nichts Besonderes.
    „Der Narr war aber auch ganz schön mutig“, meinte Niklas. „Ich glaube, ich hätte mich das nicht

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