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Die magische Laterne des Herrn Zinkeisen

Titel: Die magische Laterne des Herrn Zinkeisen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willy Seidel
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sich bitte durch jene Tür . . .« Und da des Herrn Hofrats Blicke in falsche Richtungen irren, setzt sie hinzu: »Aber nein , gnä' Herr, net in d' Toiletten; – außer Sie möcht'n d' Händ' waschen . . .? – No alsdann gradeaus bittä . . . Obacht, Stüfchen!!«
    – – – Als der Herr »Hofrat« in den großen Saal trat, dessen Logen im Kreis eine sehr geräumige Tanzdiele umrahmten, war sofort ein kleiner Mensch zugegen mit einem schwarzen Bürstchen auf der Oberlippe, bläulichen Schatten auf den kalkigen Wangen und schwarzen, unruhigen Augen. Er war im Cutaway und ging mit zurückgeschobenen Schultern und einladendem Schwenken seiner vornehmen Hand – (eines ruchlosen Patschhändchens mit einem Gemmenring daran) – Herrn Perlafinger voran, ihn sozusagen vergewaltigend. Er wollte ihn an ein Einzeltischchen setzen und gedachte dies durch Überrumpelung zu erreichen. Aber der Hofrat ärgerte sich über die Selbstverständlichkeit des inferioren, »geradezu jüdisch aussehenden« Subjekts und ließ es allein voraneilen, während er in eine geräumige noch leere Loge abschwenkte. Und da ließ er sich nieder wie Kaiser Franz Josef im Theater, trommelte auf den Tisch und blickte sich huldvoll um.
    Der Saalaufseher versuchte darum vergebens, das erlauchte Phantom, das er noch hinter sich wähnte, zu plazieren. – Eine Rotte feister Kellner erschien mit Servietten tändelnd an der Loge. Herr Perlafinger hatte gerade mit herabgezogenen Mundwinkeln geäußert: »Woll'n S' mir die Champagnerkarten bringen bitte . . .« – da, in diesem selbstbewußten Moment, ging ein so viehisches, grobes, gemeines Geplärr und Gedudel los, daß er beinahe vom Stuhl fiel. Ratlos glotzte er nach der Kapelle, ebenso ratlos auf die Kellner, die höchst unbefangen blieben und weiterhantierten, als sei der Spektakel die gewöhnlichste Sache von der Welt. – »Ja . . . . um Jesu Barmherzigkeit,« stotterte der Gast – »erlauben Sie . . . erlauben Sie . . . was is denn das für ein grauslicher Radau, für ein abscheulicher??«
    Der Servierkellner stieß seinem Vorgesetzten, dem Zahlkellner, mit dem Ellbogen in die gepolsterte Hüfte. Dann beugte er sich nieder und brüllte Perlafinger ins Ohr: »Die Jaßkapell'n, Euer Gnaden. – Ausgezeichnete Musikanten. Machen eine Turneh, die Leute. – Soeben kommen sie von Budapest.«
    »Ja, aber erlauben Sie . . . Sie reden von Musikanten . . . Ist das denn auch noch, bei meiner ewigen Seligkeit, Musik?!«
    »Euer Gnaden wer'n bemerken, daß wenn Euer Gnaden das Ohr spitzen, die Weise sozusagen deutlich hervortritt und zum Vorschein kommt. – Kontrapunktlich, was man sagt.« Der Kellner war gebildet und stellte sich auf die Seite der Darbietung.
    »Muß ich gelten lass'n«, sagte der Hofrat resigniert. »Geschmacksache. Wann s' den Leuten gefallt . . . Sehr ein eigenartiger Geschmack allerdings. – Schenken S' ein«, schloß er abrupt mit geröteten Zügen, aus denen die Ratlosigkeit noch nicht wich.
    Der Ober tat mit eifriger Bewegung das Gewünschte. Der Hofrat trank; seine Augen tränten leicht. »Man muß umlernen,« flüsterte er, »scheußlich umstellen muß man sich . . . Hinausg'jagt hätt' man die Bande früher, solche ›Musikanten‹ . . .« Eine Erinnerung durchflog ihn wie ein Blitz. »Wann kommt die Schrammelmusik, bitte?!«
    »Da hat man Euer Gnaden falsch informiert«, rief der Ober und schwenkte übermütig seine Serviette. »Mir ham keine Schrammelmusik. Mir sind ein besseres Lokal. Aber passen S' auf, Herr Hofrat, der Herr Direktor ist ein guter Tenorist; der singt wie ein Zeiserl; lauter bekannte Weis'n.«
    Der Krach, den man Musik nannte, stoppte plötzlich, und im Hintergrund ward ein hoher Jodelton laut, wie ein Nachtigallenschluchzer. Es tremolierte, es warb und lockte. Ein feister Herr mit einem Knabengesicht und einer Hornbrille erschien auf der Bildfläche, öffnete einen Mund, den man mit einem Schillingstück hätte bedecken können, und sang. Die Hände in den Hosentaschen, leicht auf Lackschuhen wippend, wußte er sich kein Ende melodischer Schelmerei. Er sang das Fiakerlied; betonte, daß es nur ein Wien gebe, ließ die bekannten Bäume im Prater blühen und sehnte sich mit verhauchendem Schmelz nach Grienzing (was übrigens mit der Trambahn jederzeit für zwanzig Groschen erreichbar war). Und die Jazzkapelle war bezwungen. Sie zirpte mit; sie zupfte Akkorde. Versöhnlichkeit und schlichtes Behagen nahmen Besitz von

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