Die magische Laterne des Herrn Zinkeisen
fröstelte.
Es war ein pendelnder Totenkopf, wie Wachs glänzend; die Haare wirkten wie eine glanzlose Perücke. Die Haut über den Jochbeinen unterschied sich in nichts von dem Pergament: – sie war von tausend Fältchen zerknittert, und jettschwarze Liderritzen saßen in tief eingefallenen Kuppeln. Desgleichen schien auch die Nase geschrumpft und die Nüstern noch flacher, gleichsam erweitert. Die Oberlippe hatte sich in die Höhe gezogen und die Zähne ganz entblößt, die den Knaben auf einmal mißfarben dünkten und spitz vor Abgenutztheit und Alter. Trotz des schlotternden Kiefers waren die unteren Zähne nicht sichtbar, so daß der Doktor fast einem riesigen Nagetier glich, das der Tod vergessen hat.
Dr. Sze dachte . Er dachte so intensiv, daß er den Knaben immer noch nicht bemerkte. Er rutschte und murmelte, bis er das Ende des Pergaments erreichte. Dann ergriff er unten die beiden Ecken, löste sie vom Boden ab und, wie von einer Sprungfeder geschnellt, schrumpfte die Schrift zusammen; der elfenbeinernen Spindel zu.
Der Chinese blieb noch eine Weile sitzen. Dann erhob er sich mühsam, ruckweise; doch ehe er den Lauscher bemerken konnte, war dieser zurückgetreten, tiefsten Entsetzens voll.
Harald hielt sich eine Weile fern von ihm, bis wiederum der Gongschlag zur nächsten Mahlzeit ertönte. Es hatte eine Weile im Hause geraschelt, das hatte er gefühlt, wie wenn Dinge im Schwang seien, die er sich nicht erklären konnte. Aber als er eintrat, sah er seinen Freund wie immer am Boden hocken, mit glattem Gesicht, lächelnd und äußerlich kaum älter als wie vierzig Jahre, die er ihm gewohnheitsmäßig zugerechnet. Die Verwandlung war erstaunlich. Nichts deutete im Benehmen des Chinesen auf geistige Erschöpfung hin. Seine Zähne blitzten weiß wie sonst, seine Augen waren munter und flüssig, sein Benehmen heiter und sorglos. Er machte die gewohnte grandiose Handbewegung, die Harald an seinen Platz wies.
Der Zauber des Zazel
Es war in einer kühlen Maiennacht.
Die Hunde im Garten trotteten lautlos auf eine große, schwarze Figur zu, die aus dem Hause trat.
Auf ein leises Zischen hin wandten sie die schillernden Augen wieder ab und verloren sich im Garten.
Dr. Sze stellte sich auf die Estrade und zog ein Fernrohr hervor, mit dem er scharf den wolkenlosen Himmel betrachtete.
Dann tauchte er wieder in die Dunkelheit des Hauses zurück, dessen Messingtür sich leise öffnete und schloß.
Er trat in den Innenhof.
Grelles Tageslicht, das der unzähligen Birnen, schlug ihm entgegen. Er drehte es aus, und mit einem Male sprang die groteske Silhouette des schwarz dort oben hockenden Götzen, abgezeichnet gegen schwaches Sternenlicht, erstaunlich und befremdend hervor.
Dr. Sze hantierte eine Weile an der Wand, dann ging er ins Laboratorium und kam mit einem Instrument zurück, dessen Gebrauch er so gut zu kennen schien, daß ihm bloßes Betasten genügte. Ein leiser, klirrender Ton entstand oben in der Glasdecke. Er hatte soeben eine Hebelvorrichtung in Bewegung gesetzt, die eine einzige Platte nach innen klappen ließ, so daß der nackte Sternenhimmel dort oben hereinsah.
Langsam klomm er den Hügel herauf. Vor dem Meteoriten angelangt, zögerte er ein wenig. Dann betastete er ihn mit der Hand. Offenbar beruhigt von solcher Prüfung, stieg er mit unendlicher Vorsicht auf den Kopf, wobei er die Füße tastend in die Löcher setzte. Ganz oben richtete er sich im Hocksitz ein, so gut es eben bei der gefährlichen Beschaffenheit des Metalls angehen wollte, und stellte das dreieckige Instrument auf, was geraume Zeit kostete, da er der Stützpunkte nicht sicher war.
Leise murmelnd verglich er jetzt beim Schein einer winzigen elektrischen Birne gewisse Tabellen, die er mitgebracht; dann fügte er in das Gestell eine schiefe Röhre ein. Hierauf erhob er sich ganz und entfaltete ein trichterförmig geordnetes, schwarzes Tuch, das er dicht unterhalb der Luke an der Röhre befestigte. Dies getan, löschte er sein Lämpchen und versenkte sich in den winzigen Hohlspiegel, den er innerhalb der Augengrube des Götzen angebracht. Ein unfaßbar zarter, rötlichsilbern blinkender Punkt schwebte darin. Er verstellte den Hohlspiegel durch ein geöltes Schräubchen, bis das Strählchen genau im Brennpunkt saß, soweit er es beurteilen konnte.
Dann entfernte er den Spiegel und ließ nur die Linse zurück und den leichten Aufbau mit der Röhre.
Langsam schritt er wieder über den Hügel herunter und setzte sich unten am
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