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Die Magistra

Die Magistra

Titel: Die Magistra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guido Dieckmann
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vergrößern. Tatsächlich führte seit Monaten keine Audienz bei Luther mehr an Lupian vorbei; der Sekretär war dafür bekannt geworden, die Ruhe seines Herrn ebenso scharf zu verteidigen wie Zerberus den Eingang zum Höllenschlund. Wenn Lupian während des Fürstentreffens in Wittenberg blieb, so mußte es dafür triftige Gründe geben.
    »Euer Onkel hat mich ausdrücklich darum gebeten, während seiner Abwesenheit in Wittenberg die Stellung zu halten«, sagte der Sekretär mit einem wehmütigen Blick. Plötzlich schlug er seinen kostbaren Mantel zurück und tastete suchend das glänzende Innenfutter ab. »Heute vormittag kam ein Kurier auf den Hof geritten. Er hatte zwei Briefe für Euch in seinem Beutel. Ich nahm sie entgegen, weil Ihr und die Lutherin noch nicht aus der Stadt zurück wart.«
    Das Siegel der ersten Rolle erkannte Philippa sofort; es zeigte das Familienwappen der von Boras: einen Helm mit buschigem Schweif und darunter ein Schild mit einem aufrecht stehenden Drachen, vor dem sie sich als kleines Mädchen stets gegrault hatte. Der Brief stammte von Sebastian, auch wenn die Handschrift nicht ihm gehörte. Die Lippendorfer mußten einen neuen Verwalter beschäftigen, woraus man schließen konnte, daß der alte Golfried nicht wieder auf das Gut zurückgekehrt war.
    Mit einigen förmlichen Worten setzte Sebastian von Bora seine Schwester von seiner Heirat mit Abekke von Medewitz in Kenntnis. Die Trauung, so war zu lesen, sei auf Wunsch der Familie und mit Erlaubnis des Herzogs von Sachsen in aller Stille und nach dem Landesbrauch in der Katharinenkapelle zu Lippendorf vollzogen worden.
    Verwirrt ließ Philippa das Schreiben sinken.
    Nach dem Landesbrauch, hatte Sebastian geschrieben. Dies konnte nur bedeuten, daß er sich Herzog Georg bedingungslos unterworfen und die reformatorischen Anstrengungen seines verstorbenen Vaters auf dessen Grundbesitz zurückgenommen hatte. Sebastian war in seinen Jugendjahren selbst ein glühender Anhänger der Lehren Luthers gewesen, und nur ein ritterlicher Reinigungseid hatte einige Jahre zuvor seine Verbannung aus Sachsen verhindert, während zahlreiche seiner Freunde aus Furcht vor Georgs Strafgericht über die Landesgrenze geflohen waren.
    Nun aber hatte der junge Gutsherr von Lippendorf offenkundig seine Meinung geändert und war in den Schoß der Papstkirche zurückgekehrt. Philippa ahnte, daß dieser Sinneswandel nichts mit Glaubensdingen zu tun hatte, sondern vielmehr taktischen Erwägungen ihrer Schwägerin entsprang. In den Augen ihres Landesfürsten galt Philippa, die immerhin freiwillig nach Wittenberg gezogen war, nun als Abtrünnige. Als Ketzerin. Und das hieß, daß sie nicht mehr nach Lippendorf zurückkehren durfte, um ihr Erbteil zu beanspruchen, solange Herzog Georg regierte. Abekke konnte wahrhaftig zufrieden sein.
    Die Tür des Badehauses fiel mit einem lauten Geräusch ins Schloß. Doch Philippa nahm es ebensowenig wahr wie die besorgte Stimme des Sekretärs, der fragte, ob sie schlechte Nachrichten erhalten habe. Wie in einem Traum brach sie das Siegel der zweiten Rolle. Sie las und fühlte, wie sich ihr die Kehle zuschnürte.
    »Ihr solltet einen kühlen Kopf bewahren, junge Dame«, sagte Lupian, während er wieder an den Waben herumschabte. »Der Herrgott schickt uns nicht selten eine Prüfung, um uns dadurch seinen göttlichen Rat zu erteilen!«
    »Und guter Rat ist teuer, ich weiß!« Mit ausdrucksloser Miene reichte Philippa dem Sekretär das Schreiben. »Diese Depesche stammt von Eidgraf Wolfger«, erklärte sie leise. »Er befiehlt die Schulmeisterin von Bora im Namen des Kurfürsten zu einer Unterredung ins Schloß. Ich muß das Schwarze Kloster noch heute abend verlassen!«

13. Kapitel
    »Auf keinen Fall geht Ihr zu Wolfger aufs Schloß! Ihr solltet inzwischen begriffen haben, daß diesem Kerl nicht über den Weg zu trauen ist!«
    Felix Bernardi hockte auf einem dreibeinigen Schemel gleich hinter der Druckerpresse seines Freundes Lufft und führte sich auf, als sei er mit Philippa verheiratet.
    Einige Gesellen, die damit beschäftigt waren, feuchte Druckschriften wie Wäschestücke zum Abtropfen über eine Leine zu hängen, warfen dem aufgebrachten Magister vielsagende Blicke zu und grinsten.
    Philippa schwindelte. Sie hatte das Mittagsmahl im Schwarzen Kloster versäumt, und die feuchte, schwere Luft in der Druckerei tat ein übriges, daß sie sich unwohl fühlte. Draußen wurde es bereits dunkel, und eine alte Frau, deren Schürze mit

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