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Die Magistra

Die Magistra

Titel: Die Magistra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guido Dieckmann
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zuweilen verständnisvoll nickte. Schließlich förderte er ein Sammelsurium aus Tiegeln und Fläschchen, Schröpfköpfen aus Weißblech und Schnäppern mit gefährlich aussehenden Schlagmessern unter der Plane seines Karrens hervor. Der Drucker ließ ihn eintreten, und die beiden Männer verschwanden durch einen Vorhang in die Wohnstube.
    »Wartet bitte«, hörte Philippa in ihrem Rücken Bernardi sagen. Seine Stimme klang plötzlich noch sanfter und einschmeichelnder. »Ich möchte Euch gern noch etwas zeigen.«
    Er nahm einen Kohlestift von der Ablage der Druckerpresse und malte ein paar eckige Zeichen auf die Tischplatte, die wie Philippas Haarklammern aussahen. Fragend verfolgte sie die eleganten Bewegungen seiner Hand.
    Bernardi schlug die erste Seite der hebräischen Grammatik auf und schob Philippa das Buch hin. Auf den ersten Blick erkannte sie einige der Schriftzeichen wieder.
    »Ich stehe ungern in Eurer Schuld, Jungfer von Bora. Darum solltet Ihr Eure ersten hebräischen Wörter lernen, bevor Ihr das Haus verlaßt. Kommt, versucht es einmal selbst, aber vergeßt nicht, daß Ihr von rechts nach links lesen müßt: Bet, Rescb, Alef, Schin und Tav. Ergibt …«
    » Bereschit «, ergänzte Philippa zögernd und übersetzte das Wort mit Hilfe des Vokabulars in Reuchlins Grammatik.
    »Anfang … im Anfang also. Der Beginn des Schöpfungsberichts und damit auch allen Lebens auf der Welt.«
    Versonnen strich die junge Frau mit den Fingerspitzen über die fremdartigen und doch so faszinierenden Buchstaben. Sie hoffte inständig, daß dies ein gutes Vorzeichen war. Als sie Bernardi mit einem dankbaren Lächeln das Buch zurückgab, fiel ein beschriebenes Stück Papier heraus und segelte zu Boden. Hastig hob sie es auf, steckte es in eine Tasche ihres Mantels und verließ die Druckerei, ohne sich noch einmal umzudrehen.
    ***
    Philippa und Roswitha erreichten den Schloßhof durch einen finsteren Bogengang, der von zwei Wachen mit Helmen und aufgerichteten Hellebarden bewacht wurde. Ringsum auf dem groben Pflaster brannten Strohfeuer oder glühten Kohlenbecken, um die sich Landsknechte, Stallburschen und Diener scharten, welche den Troß des Kurfürsten nach Schmalkalden begleiten sollten. Philippa spürte ihre argwöhnischen Blicke im Rücken, als sie sich den hohen Freitreppen näherte.
    Das Schloß war nicht besonders weitläufig und machte auf Philippa auch nicht den Eindruck einer prachtvollen Residenz. Der runde Turm der Schloßkirche warf seinen Schatten über die Bleidächer des düsteren Hauptgebäudes. Einige wenige Reliefs mit eingelassenen Fabelwesen zierten den groben Stein des Mauerwerks. Über der Freitreppe prangte zudem in leuchtenden Farbtönen das Wappen der Askanier, das Philippa bereits an mehreren Stadttoren aufgefallen war. Unterhalb der beiden Balkons zum Schloßhof schaukelten an langen Eisenketten brennende Öllampen im Wind. Allem Anschein nach stand dem alternden Kurfürsten, anders als seinen Vorgängern, der Sinn nicht nach Prunk und Verschwendung, sondern vielmehr nach dem Segen der Kirche, deren Reformation er aus ganzem Herzen unterstützte.
    Nur wenige Schritte von der Freitreppe entfernt befand sich unter einem Dachvorsprung ein eleganter Reisewagen mit roten Polstern und prächtigen Schnitzereien. Zwei Männer stemmten sich gegen ein Wagenrad, dessen Nabe sich offensichtlich gelockert hatte. Als sie auf die beiden Frauen aufmerksam wurden, ließen sie sofort davon ab. Der ältere, ein hoch aufgeschossener, hagerer Mann, kam zielstrebig auf Philippa zu.
    »Verzeiht, Herrin, gehört Ihr zum Schloß Seiner kurfürstlichen Durchlaucht?« fragte er mit merkwürdig singendem Tonfall. Dabei lächelte er höflich und verbeugte sich. Sein Begleiter, ein stämmiger Kerl, dessen gewaltiger Backenbart bei jedem Schritt zu zittern schien, stellte sich breitbeinig neben ihn. Beide waren kostbar gekleidet, aber ihre knöchellangen, mit Silberfäden durchwirkten Röcke wiesen einen Schnitt auf, der in Sachsen alles andere als üblich war. Die Köpfe der Männer steckten zum Schutz vor der Kälte unter ausladenden Pelzmützen.
    Philippa öffnete die Lippen, um zu antworten, als sie auch schon von Roswitha derb am Mantel gepackt wurde. »Mit diesem … diesem Volk dürft Ihr nicht sprechen, mein Herz. Laßt uns weitergehen!«
    Der Fremde lächelte noch immer, sein Gesicht jedoch schien zu einer Maske erstarrt zu sein. Er gab seinem Begleiter ein Zeichen, sich zurückzuziehen, dem dieser auch

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