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Die Magistra

Die Magistra

Titel: Die Magistra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guido Dieckmann
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Druckerschwärze verschmiert war, stellte eine dicke Talgkerze ins Fenster zur Gasse.
    »Ihr versteht nicht, worum es geht, Bernardi«, erwiderte Philippa verärgert und griff in einen Kasten mit Punzen. Die Stempel waren seitenverkehrt, das Metall lag glatt und angenehm kühl in ihrer Hand. »Mein Onkel kann Wolfger nicht leiden. Er wird niemals zulassen, daß der Graf mich gegen meinen Willen im Schloß festhält. Doch einen offiziellen Protest kann er sich derzeit nicht leisten. Nicht, solange der Eidgraf mit seinem Einfluß auf Philipp von Hessen und die süddeutschen Stände droht.«
    »Ihr merkt gar nicht, in welches Ränkespiel Ihr Euch verstrickt«, brummte Bernardi und nahm Philippa den Stempel aus der Hand. Mißmutig warf er ihn zu den anderen in den Kasten zurück. Die Stempel sollten später vom Meister eigenhändig in Kupfer geprägt und anschließend mit einer Bleilegierung ausgegossen werden.
    Auf der Gasse rumpelte der Karren eines Baders vorbei. Als der Drucker auf ihn aufmerksam wurde, ging er zum Eingang, lehnte sich an den Türrahmen und wechselte ein paar Worte mit dem Bader. Philippa sah, wie der Drucker auf sein rechtes Knie deutete, das deutliche Anzeichen einer Schwellung aufwies.
    »Wenn ich meine Verwandten noch einmal vor der Obrigkeit blamiere, haben sie gar keine andere Wahl, als mich vor die Tür zu setzen. Und was soll dann aus mir werden? Auf keinen Fall gehe ich fort aus Wittenberg, jedenfalls nicht, ehe ich nicht weiß, was aus dem Kind geworden ist, das aus dem Spital verschwunden ist. Außerdem habe ich mein Amt, und Maria …«
    »Was sagt eigentlich Eure Tante dazu?« fiel ihr Bernardi ins Wort. »Gewiß habt Ihr mit Katharina und dem Sekretär Eures Onkels gesprochen.«
    Philippa zuckte seufzend die Achseln und ließ sich auf einen freien Schemel sinken. Gewiß hatte sie ihrer Tante sogleich nach deren Rückkehr aus der Stadt von ihrem Erlebnis im Pfründnerhaus und dem Brief des Eidgrafen berichtet, aber von Katharina, die momentan selbst nicht wußte, wo ihr der Kopf stand, war keine große Hilfe zu erwarten. Luthers Krankheit wurde von Tag zu Tag heftiger, die Steine in seinen Nieren bereiteten ihm schier unerträgliche Schmerzen, und der Wagenzug des Kurfürsten sollte morgen in aller Frühe aufbrechen. Woher sollte die Lutherin bei aller Sorge um den kranken Gatten und dessen ungewisse Mission noch die Kraft nehmen, ihre Nichte zu besänftigen, die unentwegt von vertauschten Kindern sprach? Ob Mädchen oder Junge, es blieb ein Waisenkind, das schon wieder auftauchen würde. Katharina hatte zuletzt nur gereizt mit den Schultern gezuckt, und Lupian, der bei ihrem Gespräch ebenfalls zugegen war, hatte schweigend aus dem Fenster gestarrt, als erwartete er, daß die Barle jeden Moment auf einem Besen an ihm vorübergeritten käme.
    »Versteht Ihr nun, daß ich nicht fortgehen kann? Und wohin auch? Der Weg nach Lippendorf ist mir endgültig versperrt, und für ein Leben als fahrende Gauklerin auf den Landstraßen fehlt mir jede Begabung.«
    »Dafür habt Ihr andere Talente, Philippa«, erwiderte Bernardi mit ungewohnt sanfter Stimme.
    »Was für Talente?«
    Der Magister kratzte sich verlegen seine schwarzen Bartstoppeln. »Ihr verfügt über das seltene Talent, Euch in Schwierigkeiten zu bringen, indem Ihr Euch mit Männern abgebt, die nicht gut für Euch sind!«
    Männer wie Homer, Cicero und Erasmus, dachte Philippa in einem Anflug von Ironie. Sie betrachtete das bleiche Gelehrtengesicht mit den kühlen, unergründlich dunklen Augen und fand es verrückt, daß sich zwei Männer um ihre Aufmerksamkeit stritten, während sie selber weder die Zeit noch die Muße hatte, dies zu genießen. Nachdenklich öffnete sie ihre Tasche.
    »Eigentlich bin ich nur gekommen, um Euch die versprochene Grammatik von Reuchlin zu geben«, sagte sie und legte das Buch auf den Tisch mit den Bleilettern. »Wer weiß, ob ich noch einmal dazu komme, Hebräisch zu studieren. In Eurer Bibliothek ist das Werk jedenfalls besser aufgehoben als in meiner Truhe.«
    Sie stand auf und wandte sich zur Tür. Es war spät geworden. Gewiß wartete Roswitha bereits auf sie. Der Drucker redete nach wie vor auf den Mann mit dem Baderkarren ein. Sie sprachen von Furunkeln, die so aufgeschwollen waren, daß der Wundarzt zweimal hatte stechen müssen, ehe die verdorbenen Säfte abgeflossen waren. Der Bader, ein schmächtiger Kerl mit Sommersprossen und feuerrotem Haar, schien nur mit halbem Ohr zuzuhören, obgleich er

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