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Die Magistra

Die Magistra

Titel: Die Magistra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guido Dieckmann
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weniger Kerzen angezündet. Sie verzog jedoch keine Miene.
    »Eidgraf Wolfger«, erklärte Katharina zornig, »im Moment möchte ich lieber nicht entscheiden, ob ich die Aufmerksamkeit, die Ihr meinem Mündel seit neuestem entgegenbringt, mit Freude oder Besorgnis zur Kenntnis nehmen soll. Doch wenn Eure Bemerkung …«
    »Vermutlich wurde dem Grafen zugetragen, daß ich vorgestern auf dem Schloßhof eine kurze Begegnung mit zwei Männern hatte!« fiel Philippa ihrer Tante ins Wort. Sie wußte, daß sie Wolfger offen entgegentreten mußte, um ihm den Wind aus den Segeln zu nehmen.
    »Weiter!«
    »Die Reisenden fragten mich, ob es möglich sei, das höfische Zeremoniell zu umgehen, um bei Kurfürst Johann Friedrich vorzusprechen! Leider konnte ich ihnen weder Hoffnung machen noch weiterhelfen.« Philippas Hände bebten vor Anspannung, dennoch wich sie Wolfgers Blick nicht aus. Zu spät erkannte sie das triumphierende Funkeln in seinen Augen und wußte, daß sie den Fehler begangen hatte, auf seine scheinbar harmlose Bemerkung einzugehen.
    »Waren die beiden Männer zufällig Juden?« fragte der Stadthauptmann. »Ein verrückter Kerl namens Josel, der sich gern Befehlshaber der deutschen Judenschaft nennt? Angeblich soll ihm der Kaiser persönlich diesen Titel verliehen haben, damit er auf Reichstagen auftreten kann, als wäre er der Abgesandte eines Fürstentums.«
    »Wenn ich mich recht erinnere, so hat sich dieser Mann auch ein paarmal schriftlich an Doktor Luther gewandt«, warf Lupian ein. »Daß er in der Stadt weilte, war mir hingegen nicht bekannt!«
    »Erstaunlich, mein lieber Lupian, wo Ihr doch sonst in Wittenberg selbst die Flöhe husten hört«, brummte Ratsherr Krapp verdrossen. Er stand immer noch in gebückter Haltung hinter Luthers Schreibtisch und starrte auf die abgetrennte Hand der toten Dienstmagd, als warte er nur darauf, daß die Finger vor ihm wieder zum Leben erwachten.
    »Warum sollte ein fremder Reisender meine Magd ermorden?« fragte Katharina und schlug in einer ratlosen Geste beide Hände zusammen. »Außerdem wäre Maria niemals einem Fremden vor die Stadtmauer gefolgt.«
    »Vielleicht war der Mann für sie ja gar kein Fremder, Herrin!« Der Stadthauptmann reckte das Kinn und bedeutete seinem Waffenknecht, ihm von der Tafel einen der Gegenstände aus dem Stoffbündel zu reichen. Es war Zeit, fand er, das Geplänkel mit dem hochnäsigen Weibervolk im Schwarzen Kloster zu beenden und statt dessen handfeste Tatsachen sprechen zu lassen. Schließlich durfte er nicht tatenlos zusehen, wie sich der Eidgraf mit jedem Wort weiter in den Vordergrund spielte, als gäbe es in Wittenberg niemanden, der für Recht und Ordnung sorgte.
    »Ich habe die Stelle, wo das arme Mädchen lag, gründlich untersucht. Der Mörder war dumm genug, etwas zurückzulassen, das ihn möglicherweise überführen wird«, sagte der Offizier und zog eine Silberkette mit einem Medaillon hervor. Die Aufregung trieb dem jungen Hauptmann die Röte ins Gesicht. Erwartungsvoll blickte er in die Runde. Erkundet die Gesichter der Menschen, hatte von Taubenheim ihm geraten. Achtet auf ihr Mienenspiel, wenn Ihr sie mit Eurer Vermutung konfrontiert. Dies hat schon so manchen Täter zu Fall gebracht.
    Sein Blick fiel auf Bernardi. Der Magister wurde plötzlich bleich wie die Wand hinter ihm, auf der das Licht einer dicken Wachskerze tanzende Linien zeichnete. Ungläubig schüttelte er den Kopf, während seine Hand unter sein Wams wanderte und gleich darauf wieder zum Vorschein kam.
    »Das Medaillon trägt eine hebräische Inschrift«, verkündete der Hauptmann, ohne Bernardi aus den Augen zu lassen, »daher richtete sich mein Verdacht zunächst auf die beiden fremden Juden. Auf dem Markt hält man freilich die alte Barle für die Täterin. Ich habe meine Männer angewiesen, das Viertel um St. Marien noch einmal gründlich nach der alten Hexe auf den Kopf zu stellen. Allerdings …« Seine Stimme senkte sich zu einem verschwörerischen Wispern. »Trotz der heidnischen Zeichen auf der Umrandung gehört diese Kette zweifellos nicht der Barle!«
    Philippas Herz begann vor Aufregung zu rasen. Bernardi stand nur wenige Handbreit hinter ihr, doch sie durfte ihren Kopf nicht nach ihm umdrehen.
    Es konnte einfach nicht wahr sein.
    Und doch war es ohne Zweifel Bernardis Kette, die der Offizier den Versammelten wie eine Jagdtrophäe unter die Nase hielt. Großer Gott, Bernardi, schoß es ihr durch den Kopf, hast du mich die ganze Zeit zum Narren

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