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Die Malerin von Fontainebleau

Die Malerin von Fontainebleau

Titel: Die Malerin von Fontainebleau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilken Constanze
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Tölpel?« Sie schlug seine Hände zur Seite und rannte durch das Zimmer. Dann blieb sie vor dem Kamin stehen und erahnte die Reste des Briefes zwischen den Scheiten. Wütend stieß sie mit dem Fuß gegen den Rost und raffte die Röcke. »Das wird er bereuen und sie auch!«, zischte sie und rannte an Didier vorbei aus dem Zimmer.
    Nachdem die Tür hinter der aufgebrachten Zofe ins Schloss gefallen war, ging Didier zum Kamin und stocherte mit dem Schürhaken in der Glut. Er bückte sich und sammelte sorgsam die angekohlten Papierfetzen auf, die das Feuer noch nicht gänzlich vernichtet hatte. Mit seinem Fund setzte er sich an den Tisch gegenüber dem Fenster und legte die einzelnen Teile vor sich aus. Die noch lesbaren Fragmente waren klein, doch er entzifferte die Worte »Aleyd«, »Estève gefangen in Embrun«, »lateinische Bibel« und »Reotier«. Das mochte für ihn keinen Sinn ergeben, aber Seine Exzellenz würde vielleicht etwas damit anzufangen wissen. Am nächsten Montag würde er beweisen, dass er jeden Livre wert war, und weiß Gott, er hatte sich die Belohnung verdient! Sacht berührte er die Striemen auf seiner Brust, die er mit einer Salbe einrieb, um das Schwären zu lindern.
    Er schob die angekohlten Papierfetzen zusammen und stopfte sie in seinen Gürtel. Mit den Gedanken schon bei seiner
Beichte, übersah er den Mann, der sich ihm in den Weg stellte und ihn grob vor die Brust stieß. »Sieh dich an, Didier! So verdreckt kannst du deinen Dienst nicht antreten!« Claude Grivel hob seine Leuchte und sah Didier strafend an.
    »Entschuldigung, Monsieur.« »Was ist in letzter Zeit los mit dir, Didier? Du hast anfangs einen vielversprechenden Eindruck gemacht, aber so wirst du es nicht weit bringen.«
    »Ich werde mich bessern, Monsieur.«
     
    In der gesamten folgenden Woche war Didier ein Musterbeispiel an Folgsamkeit, so dass Grivel sich sogar zu einem Lob herabließ. Am Montag nach Estomihi jedoch fieberte Didier dem Abend entgegen. Nach dem Essen, als die meisten Künstler und Arbeiter sich zur Nachtruhe begeben hatten, verließ Didier die Küche unterhalb der Galerie und ging nach draußen. Die Nächte waren nicht mehr so kalt, und der Frühling hielt langsam Einzug. Tagsüber war bereits erstes Grün an den Bäumen zu sehen. An die ständige Feuchtigkeit hatte Didier sich gewöhnt, nur von den Sümpfen hielt er sich fern, denn wie man sicher durch die umliegenden Feuchtgebiete kam, war nur Eingeweihten bekannt.
    Der Hof reiste von Moulins nach Clermont-Ferrand weiter, wo König Franz in Notre Dame de l’Assomption für den Erfolg der Verhandlungen mit dem Papst und Kaiser Karl beten wollte. Für Didier spielten die Querelen der Großen keine Rolle. Ihm war es gleich, wem er das Bettzeug brachte oder das Badewasser einließ. Für ihn zählte nur der Silberling, den er in der Hand hielt, um sich damit zu kaufen, wonach es ihn gelüstete. Oder, besser noch, das Goldstück.
    Die Kapelle La Sainte Trinité befand sich zu seiner Linken, im Anschluss an den langen Ballsaal, der ebenfalls noch auf seine Fertigstellung wartete. Überall Baustellen und
Schmutz. Ob der König jemals das fertige Schloss zu sehen bekam? Zumindest hatte es heute nicht geregnet, weshalb Didier ohne Schwierigkeiten über den Hof gehen konnte. Er trug eine Laterne und entdeckte den Kapelleneingang, vor dem zu beiden Seiten Fackeln brannten. Didier stellte seine Laterne im Vorraum ab, benetzte die Finger mit Weihwasser, bekreuzigte sich und ging vor bis zum Beichtstuhl. Dort kniete er kurz nieder, murmelte ein Paternoster und erhob sich wieder. Aschermittwoch stand bevor und damit der Beginn der Fastenzeit.
    Auf dem Altar brannten vier Kerzen, und aus den Seitenkapellen drangen vereinzelte Lichtstrahlen in das Mittelschiff. Der farbenprächtige Marmor des Fußbodens versprach eine reiche Ausschmückung der Kapelle, deren Lichtgaden und Decke noch auf Vollendung warteten. Didier sah sich um. Außer ihm war niemand zu sehen. Da Seine Exzellenz sich ihm nicht zeigen würde, kniete Didier sich vor den Beichtstuhl und senkte den Kopf. Während er wartete, holte er seinen Rosenkranz hervor. Er betete bereits sein dreißigstes Ave-Maria, als er endlich eine Bewegung neben dem Altar wahrnahm. Die männliche Gestalt trug einen Umhang, dessen Kapuze das Gesicht verhüllte. Außer Lederstiefeln und dem kurz im Kerzenlicht blitzenden Stahl einer Degenklinge konnte Didier nichts erkennen. Die Tür des Beichtstuhls knarrte.
    » In nomine Patris

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