Die Malerin von Fontainebleau
et Filii et Spiritus Sancti. Amen. Was hast du mir Neues zu berichten, Didier?«
»Einiges, von dem ich denke, es wird Euch sehr nützlich sein, Euer Gnaden!«, behauptete Didier eifrig und spähte in das hölzerne Gitter, doch der Unbekannte hatte den Samtvorhang nur ein Stück breit zur Seite gezogen.
»Das zu beurteilen überlass mir. Mir ist zu Ohren gekommen, dass du bestraft worden bist. Gib besser acht, wenn
du zu auffällig wirst, habe ich keine Verwendung mehr für dich.«
Didiers gefaltete Hände krampften sich ineinander. »Euer Gnaden, es war nicht meine Schuld. Albin …«
»Keine Erklärungen! Sag mir, was du herausgefunden hast!«
Darum bemüht, sich seine Verärgerung nicht anmerken zu lassen, sagte Didier: »Nun, es geht um Armido Paserini. Er ist seit einer Woche verschwunden. Niemand weiß, wohin er gegangen ist.« Er schilderte die Umstände, unter denen er die Brieffetzen entdeckt hatte, und deren Inhalt.
»Habe ich das richtig verstanden? Ein gewisser Estève ist in Embrun gefangen, eine lateinische Bibel und der Ort Reotier spielen eine Rolle und eine Frau namens Aleyd. Das ist kein typisch französischer Name.« Eine Weile hörte Didier den Unbekannten vor sich hin murmeln, bis dieser laut fortfuhr: »Wenn sich meine Vermutung in Bezug auf diese Aleyd bestätigt, ist deine Nachricht tatsächlich Gold wert. Dann weiß ich auch, wo ich Paserini finde. Und was gibt es über seinen jüngeren Bruder zu sagen?«
»Nicht viel. Die Arbeit bedeutet ihm anscheinend sehr viel, und auch Meister Rosso.« Didier räusperte sich vielsagend.
»Ach ja?«
»Nun, der Meister verbringt ungewöhnlich viel Zeit mit diesem einfachen Stuckateur, allerdings malt Luca Paserini jetzt schon Fresken. Sein Bruder hat es da nicht so weit gebracht. Und Meister Rosso hegt ketzerische Gedanken und liest von der Kirche verbotene Schriften.«
»Aber das ist nicht genug. Der König würde ihn deshalb nicht vom Hof verstoßen. Seine Mätresse hat großen Einfluss, ebenso seine Schwester, was das reformerische Gedankengut anbelangt. Nein, nein, subtil und verdeckt muss die
Strategie sein. Die Plakataffäre hat uns in die Hände gespielt, aber so dumm werden Marot und seine Genossen kein zweites Mal sein.«
Von der Plakataffäre hatte Didier zwar gehört, wusste jedoch nicht um die Zusammenhänge. »Ich verstehe nicht, Euer Gnaden.«
»Das ist auch nicht notwendig. Sperr weiter Augen und Ohren auf und finde dich um Mitternacht an Okuli wieder hier ein. Das ist der übernächste Sonntag!«
Das Gitter wurde aufgeschoben, und eine behandschuhte Hand steckte Didier zwei Silbertaler entgegen.
Enttäuscht nahm Didier die Münzen. »Nur zwei Silberlinge …«
»Deshalb will ich dich in zwei Wochen sehen. Falls sich meine Ahnung erfüllt, erhältst du weitere zwei Silbertaler, und wenn du bis dahin Weiteres zu berichten hast, sogar mehr.«
»Danke, Euer Gnaden. Ich verstehe. Danke!« Noch während Didier das Geld in seinen Beutel steckte, sprang knarrend die Tür des Beichtstuhls auf, und der Unbekannte verließ die Kapelle, wie er gekommen war, durch den Seiteneingang.
Der Provenzale sah der gebeugten Gestalt mit dem wehenden Umhang hinterher und fragte sich, welcher der hohen Herren sich dahinter verbarg. Kardinal Tournon war größer und nicht so behände, und außerdem war er mit nach Moulins gereist. Da Didier nur die gelegentlich am Hof erscheinenden Geistlichen kannte, gab er das Raten auf. Vielleicht war es kein Geistlicher. Jeder Gebildete konnte die Worte der Segnung sprechen.
Immerhin besaß er wieder Kapital. An Okuli also, dachte Didier und suchte sich an den Psalm zu erinnern, dem der Sonntagsname entnommen war.
XX
Verschworene Gemeinschaft in der Dauphiné
A leyd stand auf einem schneebedeckten Felsvorsprung und blickte über das Tal, wo die Durance durch ihr breites Bett floss. Hinter ihr, etwa einen halben Tagesmarsch entfernt, lag Embrun, ein kleines Erzbistum in der Dauphiné, das erst seit knapp zwei Jahren zu Frankreich gehörte. Savoyen war genau wie Mailand ein ewiger Zankapfel zwischen Frankreich und dem Habsburger Reich.
Sie zog sich den wollenen Umhang enger um die Schultern, um dem kalten Wind zu trotzen, der durch die hohen Gipfel der Alpen fegte. Obwohl sie nicht zum ersten Mal in dieser Gegend war, raubte ihr die überwältigende Schönheit der majestätischen Gipfel den Atem, wann immer sie hierher zurückkehrte. Sie schloss die Augen und ließ die Sonnenstrahlen ihr Gesicht liebkosen.
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