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Die Malerin von Fontainebleau

Die Malerin von Fontainebleau

Titel: Die Malerin von Fontainebleau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilken Constanze
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geraten, konnte Luisa ihm aushelfen. Armido legte den Truhenschlüssel unter einen losen Stein im Kaminsims. Dann griff er nach seinem Umhang und verließ den Raum. Dem Stallknecht würde er sagen, dass der Meister ihn mit einem Auftrag ausgesandt hatte. Als er die Tür hinter sich zuzog, murmelte Armido: » Per signum crucis de inimicis nostris libera nos, Deus noster. «
     
    Didier erleichterte sich neben der Küchentür zum Hof, als er Armido aus dem Treppenhaus kommen sah. Sofort drückte
der Diener sich an die Mauer und beobachtete im diffusen Licht der Morgendämmerung, wie der Sieneser Stukkador zielstrebig auf die Stallungen zuging. Obwohl er nur dünne Schuhe trug, die feuchtem Untergrund nicht standhielten, lief Didier über den schlammigen Schlosshof und kletterte über einen Holzstapel an ein Stallfenster. Er konnte nicht verstehen, was Armido zum Stallmeister sagte, doch gab der ihm ohne Widerrede einen Braunen, und kurz darauf gab Armido seinem Pferd die Sporen auf der Allee, die am See entlangführte.
    »Sieh an, sieh an«, sagte Didier zu sich und ging in die Küche, wo er sich die Schuhe abwischte. Neugierig lief er durch das schmale Treppenhaus hinauf in den zweiten Stock, wo die übrige Dienerschaft langsam erwachte. Im Vorbeigehen trat er einem fettleibigen Jungen in die Seite. »Steh auf, Fettwanst!«
    »Ist ja schon gut. Außerdem hast du mir gar nichts zu sagen, Didier!« Der dicke Junge war für das Reinigen der Nachttöpfe verantwortlich.
    Didier verzog das Gesicht und ging zu Armidos Zimmer. Er horchte, doch als er keinen Laut vernahm, trat er ein. Umso überraschter war er, Josette noch im Bett vorzufinden. Die hübsche Zofe rekelte sich in den Laken und blinzelte. »Armido? Komm her!« Sie klopfte neben sich auf die Matratze.
    Gern wäre Didier der Aufforderung nachgekommen, doch er wusste, wo sein Platz war, und selbst mit einem Goldstück würde er sich Josettes Gunst nicht erkaufen können. Das erinnerte ihn an die peinigende Begegnung mit dem widerlichen Grivel. Die Striemen nässten noch und schmerzten bei jeder Berührung. Der alte Fuchs wusste genau, wohin er schlagen musste, dass die Strafe lange nachwirkte, aber die anderen nichts sehen konnten. »Verzeihung, Madame. Ich bin es nur, Didier, der Kammerdiener.«

    »Oh!« Mit einer Hand zog Josette die Decke über ihre nackten Brüste, ein Anblick, der Didier unruhig werden ließ. Die Zofe von Madame de Tavannes setzte sich auf und warf die langen Haare zurück. »Wo ist Armido Paserini? Kannst du mir wenigstens das sagen, wenn du schon unaufgefordert in ein Gemach eindringst?«
    Zeitweilig nicht in der Lage, einen Schritt zu machen, blieb Didier neben der Tür stehen und sagte: »Monsieur Paserini hat eben das Schloss zu Pferd verlassen, und ich wollte mich an die Reinigung seines Gemachs machen. Nur deshalb bin ich eingetreten, ohne zu klopfen. Bitte vergebt mein unverzeihliches Benehmen.« Die Zofen der Edeldamen waren kaum weniger zickig und kapriziös als ihre Herrinnen, und er hütete sich, sie wie seinesgleichen zu behandeln, denn das hätte sie ihm übel genommen.
    Josette musterte ihn und seine Schamkapsel, die er verschämt mit den Händen bedeckte. »Hast du noch nie eine nackte Frau gesehen, Didier?« Sie lächelte süffisant und stieg aus dem Bett.
    Der Anblick ihres wohlproportionierten Körpers mit den üppigen Brüsten raubte ihm den Atem. »Doch, nein …,« stotterte er. »Noch nie habe ich eine so schöne Frau wie Euch gesehen.«
    Sie bückte sich, wobei sie ihm ihre Rückseite zuwandte, und hob ihr Kleid vom Boden auf.
    Didier unterdrückte mühsam ein Stöhnen und drehte sich zur Tür.
    »Nein, nein. Bleib hier. Ich will genau wissen, wann und wohin Monsieur Paserini geritten ist.« Mit lasziver Langsamkeit stieg sie in ihre Röcke.
    »Vor kaum mehr als einer halben Stunde sah ich Monsieur aus dem Schloss treten und zum Stall gehen. Dann kam er auf einem Braunen heraus und trabte auf der Allee davon.«

    »Das ist alles? Hat er keine Nachricht hinterlassen? Er kann doch nicht einfach so verschwinden!« Sie riss an den Schnüren ihres Kleides und drehte sich wütend um. »Zubinden!«, fauchte sie ihn an.
    Mit ungeübten Fingern mühte er sich mit dem Mieder der Zofe. »Es tut mir sehr leid. Er wird sicher bald zurück sein!«, versuchte er sie zu beruhigen.
    Doch Josette wurde immer wütender. Sie stampfte mit einem Fuß auf. »Mistkerl! Wie konnte er es nur wagen … Dieses Frauenzimmer … Bist du fertig,

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