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Die Malerin von Fontainebleau

Die Malerin von Fontainebleau

Titel: Die Malerin von Fontainebleau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilken Constanze
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Für diese Besessenheit opferte er seine Loyalität der katholischen Kirche gegenüber, unverzeihlich!
    »Aus reiner Verzweiflung! Ich bin davon überzeugt, dass Franz sich zu uns bekennen wird. Sicher tut ihm der Vertrag mit Suleiman schon lange leid. Der Stachel seiner langen Gefangenschaft in Madrid sitzt tief. Und dann hat Karl auch noch seine Söhne über Jahre dort behalten und mit spanischer Härte behandelt. Ich glaube, dass der Dauphin Franz daran zerbrochen und letztlich gestorben ist. Kein Vater könnte das je vergessen.«
    Carafa wusste um die Situation des französischen Monarchen, hielt ihn aber für einen Lebemann, der keine Selbstdisziplin hatte. Und Selbstkasteiung und Opfer mussten gebracht werden, wollte man Großes erreichen.
    »Wenn ich an Franz denke, dann an einen Mann, der eine Krone trägt, die schwer auf ihm lastet. Seine Mutter hat ihn als Caesar erzogen«, fuhr der Papst fort. »Viel zu lange hat sie ihm das Regieren abgenommen und ihn seinen Vorlieben überlassen. Wer kann ihm verübeln, dass er unser Land liebt? Ist es nicht herrlich? Und Rom ersteht neu, wie ein Phönix aus der Asche.« Lächelnd ließ er seinen Blick über die Beete und Wege zwischen beschnittenen Buchshecken hinweg bis zu der Mauer gleiten, die den Vatikan vom Rest der Welt abschirmte. Im neunten Jahrhundert war sie zum Schutz gegen die Sarazenen erbaut worden. Alles wiederholt sich, dachte der Papst, endlos wiederkehrende Kreise des Lebens.

    Carafa räusperte sich. Seine Heiligkeit schien in einer merkwürdigen Stimmung. Wollte er etwas erreichen, durfte er den Papst nicht mit ungeschickten Bemerkungen über König Franz verärgern. Der Farnese-Papst brachte allen Förderern der schönen Künste Sympathie entgegen, gehörte er doch selbst zu den größten Mäzenen. Allein der Palazzo Farnese war ein gewaltiges, prestigeträchtiges Projekt. Vom Papst mit dem Auftrag betraut, hatte Antonio da Sangallo die Arbeiten übernommen. »Unsere Nation verfügt über ein unerschöpfliches Potential an großartigen Künstlern, von denen der französische König profitiert. Leider bleibt dem kunstsinnigen Monarchen wenig Zeit für religiöse Fragen. Päpstliche Inquisitoren haben einen schweren Stand in Frankreich, obwohl die Sorbonne auf unserer Seite steht. In Toulouse und Carcassonne konnte nicht verhindert werden, dass zwei verdiente Inquisitoren verjagt beziehungsweise hingerichtet wurden.«
    Paul III. schüttelte den Kopf. »Ich habe von Louis de Rochette gehört, aber der hat sich sein Unglück selbst zuzuschreiben, denn er hat kein gottesfürchtiges Leben geführt.«
    »Jedenfalls gibt es kaum noch päpstliche Inquisitoren in Frankreich. Ketzerprozesse werden mehr und mehr vor weltlichen Gerichten geführt. Und nicht oft genug! Das alles erinnert stark an die Katharer, die letztlich nur durch einen blutigen Kreuzzug ausgemerzt werden konnten. Aber die Inquisition hat gesiegt! Wir brauchen die Inquisition, seht Euch an, was in Südfrankreich geschieht und im Piemont. Wie schon damals die Katharer flüchten sich Ketzer dorthin. Vor allem die Vaudois oder Waldenser, wie sie genannt werden, treiben dort ihr Unwesen. Und ich beschwöre Euch, Eure Heiligkeit, ihre Sekte ist den Katharern sehr ähnlich. Auch Frauen dürfen bei ihnen predigen!«

    Die Katharer waren der katholischen Kirche bis ins vierzehnte Jahrhundert hinein ein besonderer Dorn im Fleisch gewesen, weil sie gebildet und der theologischen Rhetorik der Priester durchaus gewachsen waren. Ihre dualistische Religion glaubte an einen guten und einen bösen Gott. Carafa hatte sich mühsam durch Akten über die Prozesse in Südfrankreich durchgekämpft, um die Kraft dieser Sekte zu verstehen, die so lange vehement Widerstand geleistet hatte. Abgesehen von deren ketzerischen Auslegungen des Neuen Testaments machte ihn die Tatsache wütend, dass die Katharer die Gebete der katholischen Kapläne als Verballhornung von canes belantes , von bellenden Hunden bezeichneten. Und diese Vaudois waren genauso spitzfindig und vielleicht gefährlicher, weil sie Verbündete hatten, die Protestanten.
    »Nicht so hitzig, mein lieber Carafa. Die Katharer sind vor fast dreihundert Jahren ausgerottet worden. Übrigens haben wir das zum Großteil den Dominikanern zu verdanken und erst dann der Inquisition. Und ich halte eine verschwindend geringe Gruppe wie diese, diese …«
    »Vaudois«, half Carafa aus.
    »Ich halte sie nicht für bedrohlich. Der Name ist ja nicht einmal bekannt.« Der

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