Die Malerin von Fontainebleau
Bayle?«
»Nein.«
»Das wäre der Mann, der Eurem Pferd helfen kann. Er ist Arzt und hilft Menschen und Tieren, was ihn verdächtig genug macht. Dazu ist er ein Prediger. Aziza und ich sind auf dem Schiff von einem Dominikanermönch getraut worden. Offiziell ist sie eine Konvertitin, aber …« Er hob die Hände und lächelte. »Ich wäre der Letzte, der sie daran hindert, ihren Glauben zu praktizieren, hier fern der Heimat ist das ein Trost. Obwohl sie mir immer wieder versichert, dass sie kein Heimweh hat.«
Aziza lauschte ihrer Unterhaltung, sagte jedoch nichts, sondern widmete ihre ganze Aufmerksamkeit dem Essen, das bereits nach exotischen Gewürzen duftete.
»Kennt Ihr dann vielleicht Jules Dubray?« Armido hatte das Gefühl, dass er seinem Gastgeber, der ihm mit entwaffnender Offenheit begegnete, vertrauen konnte.
»Nein, tut mir leid, aber Sidrac hat sicher von ihm gehört. Er kommt regelmäßig nach Embrun, um Kranke zu behandeln. Vor einigen Wochen gab es einen Aufruhr, weil unser Erzbischof, der allseits geschätzte Château-Morand …«, seine Stimme troff vor Sarkasmus, »einen von Sidracs Glaubensbrüdern gefangennehmen ließ. Der Mann heißt Brun und wurde in das Gefängnis des Bischofspalasts gebracht. Habt Ihr den massigen Turm des prächtigen Gebäudes neben der Kathedrale gesehen? Dort schmort Brun jetzt.«
Es war warm und gemütlich in der Küche des aufgeschlossenen Wirtes, und Armido hörte dem welterfahrenen Mann zu, der ihm mehr über die Stadt und die derzeitige Lage sagen konnte, als er durch Herumfragen hätte in Erfahrung bringen können. Die Bewohner Embruns wären ihm mit Misstrauen begegnet, möglicherweise hätte ihn sogar jemand angezeigt.
Schon bald stellte Aziza das Essen auf den Tisch. Zahlreiche kleine Schüsseln und Teller waren mit den verschiedensten Speisen gefüllt, die Armido nicht kannte, aber als sehr schmackhaft empfand. Sie setzte sich nicht zu ihnen, sondern wartete, bis sie satt waren, und holte dann die nargileh aus dem Schankraum. Armido war fasziniert von der Pfeife und ließ sich deren Funktion von Arnaud erläutern. Das bauchige Gefäß, der Lederschlauch und das Mundstück waren kleine Kunstwerke, und das Rauchen war ein ungewohnter Genuss. Eingehüllt in den aromatischen Rauch, saßen die Männer in der Küche, als einzige Lichtquelle war der Kerzenleuchter auf dem Tisch vor ihnen verblieben.
»Viele Leute hier in Embrun hassen Aziza«, sagte Arnaud zu fortgeschrittener Stunde. Langsam legte er den Schlauch zwischen ihnen auf der Bank ab.
Armido griff nach dem Pfeifenschlauch und nahm einen tiefen Zug. Das Wasser des goldenen Pfeifenbauchs gab ein blubberndes Geräusch von sich.
»Lange haben sie uns in Ruhe gelassen. Mein Vater war Richter und ein angesehener Mann. Seit seinem Tod hat sich vieles geändert. Meine Mutter lebt in ihrer eigenen Welt. Oben hat sie ein Zimmer, das sie kaum noch verlässt. Aziza kümmert sich liebevoll um sie, aber die Leute reden, und vor einigen Monaten hat die Gerbersfrau behauptet, Aziza hätte meine Mutter verhext.«
»Kam es zum Prozess?«
»Glücklicherweise nicht. Ich konnte selbst mit dem Bischof sprechen und ihn mit einer großzügigen Spende von Azizas Unschuld überzeugen. Aber so etwas kann wieder passieren. Und jetzt der Gefangene … Das sieht nicht gut aus, nein, es gefällt mir gar nicht, wie sich die Dinge hier entwickeln.«
»Und wenn Ihr fortgehen würdet?«
»Das werden wir wohl müssen. Nur wird meine Mutter eine Reise kaum durchstehen. Aber angesichts der gefährlichen Situation bleibt uns wohl kaum eine Wahl.«
Schweigend sahen die Männer den Rauchkringeln zu, die zur Decke aufstiegen, und hingen ihren Gedanken nach.
XXI
Im Namen des Vaters
D as Gras fühlte sich weich an unter seinen dünnen Schuhen. Mit einer Hand strich er über die zarten, grünen Halme. In der anderen hielt er ein Taschentuch, mit dem er sich von Zeit zu Zeit über die nässenden Augen wischte. Das Alter meinte es gut mit ihm, aber es verschonte auch Seine Heiligkeit nicht mit dem einen oder anderen Zipperlein. Sein Kreuz schmerzte, und er zog das linke Bein nach, doch heiße Bäder und die Kräuterwickel seines Leibarztes linderten die Schmerzen. Er freute sich an den kleinen bunten Finken, die selbst auf den dünnsten Zweigen noch einen Platz fanden und ihn mit ihren schwarzen Knopfaugen musterten. Das Leben in seiner einfachen Schönheit, dachte Seine Heiligkeit Paul III. und sah sich zufrieden im Garten des
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