Die Malerin von Fontainebleau
Vatikans um.
»Eure Heiligkeit«, durchbrach eine unterwürfige Stimme die Idylle. »Seine Exzellenz, Kardinal Carafa, wünscht Euch zu sprechen.«
Papst Paul III. nickte, ohne aufzusehen. Der warme Frühlingswind blähte leicht seinen weißen Rock. Es ging auf die zweite Stunde nach dem Mittagsgebet zu, eine Zeit, die er für sich allein beanspruchte. Dieser Luxus war ihm nur selten vergönnt, denn ständig umgaben ihn Lakaien, Sekretäre und Würdenträger, Verträge mussten unterzeichnet, Glaubensfragen formuliert und neu verfasst werden, um den Häretikern
den Wind aus den Segeln zu nehmen, und dann gab es auch noch störrische Künstler. Mit gerunzelter Stirn rief er sich den unerhörten Auftritt Michelangelos ins Gedächtnis. Dieser widerspenstige Florentiner wagte es immer wieder, sich ihm zu widersetzen, und doch malte er die Sixtinische Kapelle aus. Noch durfte niemand hinein, auch das war unerhört.
»Verzeiht mein Eindringen, Eure Heiligkeit. Aber angesichts der nahen Abreise wollte ich noch Verschiedenes mit Euch besprechen.« Kardinal Carafa trat vor die Marmorbank, auf der Paul III. saß, und erwies ihm seine Reverenz.
»Schon gut. Setzt Euch.«
Carafa ließ sich neben dem Papst nieder. Die Vatikanischen Gärten waren unvergleichlich, eine Oase der Ruhe und der reinen Luft in einem Rom, das in Unrat zu ersticken drohte. Seit dem Sacco di Roma waren über zehn Jahre vergangen, die der Ewigen Stadt am Tiber Unmengen von Baustellen und ausländischen Arbeitern beschert hatten. Gleichzeitig waren doppelt so viele Prostituierte in die Stadt gezogen, dazu Kaufleute und Bankiers aus den nordischen Ländern. Der Gedanke an die Fremden brachte Carafa auf den Grund seines Besuchs. »Ich mache mir große Sorgen wegen der Häretiker …«
Der Papst hob leicht den Zeigefinger, und Carafa schwieg. »Ihr ermüdet mich mit diesem Thema. Haben Wir nicht erst eine Allianz gegen die Häresie geschlossen? Gemeinsam mit Kaiser Karl, Venedig und Frankreich werden Wir die Muselmanen zurückdrängen. Gott gebe Uns Verhandlungsgeschick in Nizza!«
»Natürlich, Eure Heiligkeit. Mit dieser Allianz ist Euch ein großartiger politischer Coup gelungen, viel mehr wird Euch gelingen, sobald Frankreich zugestimmt hat. Aber ich denke doch an die Stärkung der Kirche innerhalb Europas.
Es gibt zu viele Sektierer, deren Einfluss unter dem Deckmantel des Protestantismus wächst. Ihre Anhänger nehmen zu, und solche Leute sind nicht zu unterschätzen. Gerade diese müssen wir bekämpfen. Solche Fanatiker wiegeln das Volk auf!« Carafas Augen glühten. Er fühlte sich zum Verteidiger des wahren Glaubens berufen und würde Feuer und Schwert in die Hände nehmen, um seine Ziele zu realisieren.
Bestürzt löste Paul III. den Blick von der friedvollen Frühlingsszenerie in seinem Garten. Dieser Carafa war ein gefährlicher Mann. Er sprach von Fanatikern und war doch selbst einer, oder war sein Feldzug gegen die Ungläubigen nur eine Strategie, um irgendwann selbst auf den päpstlichen Thron zu gelangen? Zuzutrauen war es ihm. Heimlich musterte Paul III. das scharfe Profil des neben ihm sitzenden Kardinals. »Ihr seid ein hartnäckiger Vertreter Eurer Sache.«
»Nicht meiner Sache, Eure Heiligkeit. Es ist die Sache der Kirche! Ihr geht nach Nizza, um mit den Großen über die Allianz zu verhandeln, und ich kümmere mich hier um unsere Armee geistlicher Krieger, die durch die Länder ziehen und das Übel bei seiner Wurzel packen, um es dort auszurotten, es im Keim zu ersticken!«
»Was wollt Ihr, Carafa?« Der Papst war müde. Es gab noch viel zu erledigen, bevor er nach Nizza reisen konnte, und er hasste lange Reisen. Hier im Vatikan fühlte er sich geborgen. Hier war er Gott nahe. Die Gespräche mit Karl und Franz würden ihn Nerven und Geduld kosten. Schon jetzt graute ihm vor dem Umgang mit den beiden bis aufs Blut verfeindeten Regenten. Sicher, sie wussten sich auf dem diplomatischen Feld zu benehmen. Aber das Ganze würde ein Eiertanz werden. Ein Schritt vor, zwei zurück. Und es würde an ihm allein liegen, ob Franz der Allianz beitrat oder nicht. Es musste gelingen! »Frankreich und die Osmanen!«
»Eure Heiligkeit?«, fragte Carafa verwirrt.
»Ich habe laut gedacht. Frankreich darf nicht mit den Osmanen paktieren!«
»Aber das hat Franz bereits getan!« Carafa war der lebenslustige französische König ein Dorn im Auge. Außer den Künsten und schönen Frauen hatte dieser Mann nichts im Kopf. Nicht zu vergessen Mailand!
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