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Die Malerin von Fontainebleau

Die Malerin von Fontainebleau

Titel: Die Malerin von Fontainebleau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilken Constanze
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Salzfässer und ähnliche Gerätschaften, die dann in Silber ausgeführt wurden. Daneben arbeitete Rosso an einer Pietà für die Kapelle in Montmorencys Schloss von Écouen und an Miniaturen für den König.
    Während Pellegrinos Abwesenheit hatte Rosso Luisa seine privaten anatomischen Zeichnungen gezeigt, die Luisa sehr beeindruckt hatten. So wollte sie den menschlichen Körper auch zeichnen können, doch dazu musste sie verstehen, wie die Muskeln und Sehnen verliefen, wo die Knochen lagen. Genau wie Leonardo und Michelangelo, so hatte auch Rosso heimlich Leichen seziert, um dem menschlichen Mysterium näher zu kommen. Wenn sie ihn nur überreden könnte, sie zu einer solchen Sitzung mitzunehmen …
    Luisa drückte mit dem Zeigefinger leicht auf den Putz, der noch immer zu nass war. Da sie kaum etwas gegessen hatte, kletterte sie vom Gerüst, zupfte im Schatten der Leiter an ihrem Wams und ließ die Kelle in einen Eimer mit Wasser fallen, damit der Mörtel sich löste. Ohne weiter auf die Männer zu achten, die diskutierend beieinander standen, verließ sie die Galerie durch den westlichen Ausgang. Auf dem Hof blieb sie stehen, streckte sich und rollte die verspannten Schultern. Das Verputzen forderte sie körperlich mehr, als sie zugegeben hätte, aber sie wollte sich keine Blöße geben, schon gar nicht vor Rosso. Aus der Küche holte sie sich eine Hand voll Feigen und ein Stück Brot und schlenderte über den noch immer ungepflasterten Hof zum See, in dem Karpfen gezogen wurden. Auf einer Insel in der Mitte des Sees befand sich ein Pavillon, in dem der König im Sommer intime Dinners gab. Pavillons waren ein wesentlicher Bestandteil der königlichen Gärten. Im Park hinter dem Schloss wurde bereits am Pavillon der Pomona gebaut.
    Heute war auch der Baumeister Gilles Le Breton zugegen,
ein verschrobener Mann, der mit gebeugtem Rücken über die Baustelle des Pavillon des Poêles schritt. Dieser Pavillon bildete den Abschluss des Südflügels, der ebenfalls noch im Umbau begriffen war. Interessiert näherte sich Luisa der Baustelle. Der andauernde Regen und der Frost der letzten zwei Monate hatten die Bauarbeiten zum Erliegen gebracht, doch jetzt waren sie alle wieder da, die Schmiede, Dachdecker, Glaser, Tagelöhner, Handlanger, Steinschlepper und Wasserträger. Sie steckte sich den letzten Bissen Brot in den Mund und ging zwischen den Arbeitern hindurch. Ein grobschlächtiger Handlanger, der mit seinem Gestell mehrere Steine auf dem Rücken trug, spuckte vor ihr aus. »Was hast du denn hier verloren, Bübchen? Willst du mal sehen, was richtige Arbeit ist?«
    Diese Männer verdienten pro Tag kaum mehr als ein paar Kupfermünzen, auf sie musste Luisa in ihrem ungeflickten Wams und den Lederstiefeln wie ein Höfling wirken. Ohne auf die freche Bemerkung zu reagieren, balancierte sie auf einer Planke zu einem festgestampften Erdplateau, wo sie Le Breton direkt ansprach.
    »Guten Tag, Meister. Was entsteht hier auf diesem Plateau, wenn ich fragen darf?«
    Er warf ihr einen mürrischen Blick zu. »Wer will das wissen?«
    »Luca Paserini, einer der Künstler von Meister Rosso. Die gesamte Anlage ist überwältigend!« Sie breitete die Arme aus und ließ ihren Blick über den weiten See, den Hof vor der Galerie und das fast fertige Schloss schweifen, das den Cour Ovale umgab. An die Galerie grenzten die alten Gebäudeteile, in denen die Mönche wohnten, flankiert von den neu errichteten Süd- und Nordflügeln, die ihrerseits einen riesigen viereckigen Hof einfassten.
    Ihre Bewunderung schien den ruppigen Baumeister milde
zu stimmen. »Ginge es nach mir, hätte ich alle alten Bauteile abreißen lassen. Das hätte der Anlage eine viel größere Einheitlichkeit verliehen. Aber Seine Majestät bestand auf der Erhaltung des Kernstücks vom alten Schloss. Der Donjon musste bleiben, also habe ich mit dem gearbeitet, was da war. Nur die Mönche stören noch.« Er kniff die Augen zusammen und sah missmutig zur alten Abtei hinüber. »Aber wenn die neuen Gebäude hinter der Kirche fertig sind, ziehen sie um, dann können wir auch den Anschluss zur Galerie vollenden.« Er stapfte auf den festen Grund. »Das hier ist das Fundament für die Terrasse des Pavillons. Im Untergeschoss der Terrasse wird eine kleinere Galerie entstehen. Der Südflügel wird verlängert, wie Ihr gesehen habt, und über die erhöhte Terrasse kann man dann in den ersten Stock gehen.«
    Luisa stellte sich vor, wie der König mit seinen Höflingen über die

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