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Die Malerin von Fontainebleau

Die Malerin von Fontainebleau

Titel: Die Malerin von Fontainebleau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilken Constanze
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Ich kann auch die Hundemeute holen. Also tut Euch selbst einen Gefallen und kommt her!«
    Es war sinnlos. Ihre Flucht war töricht gewesen. Langsam ging sie zurück und entdeckte den wartenden Reiter neben einer dünnen Fichte. Sie klopfte sich Nadeln und Borke von ihrem Wams und rückte ihre Kappe gerade. »Was wollt Ihr von mir? Kann ein anständiger Mann nicht einmal einen Spaziergang machen?«
    Der Mann gehörte zu den königlichen Jägern und beugte sich lässig auf seinem Pferd vor. »Mir wurde gesagt, Ihr seid geflohen, und wer flieht, hat meistens etwas zu verbergen. Ihr könnt hinter mir aufsteigen oder laufen. Sie erwarten Euch.«

    »Ich laufe. Wer sind sie?«
    »Der Sekretär von Kardinal Tournon, Le Breton und Grivel, der Kämmerer.«
    Sie lachte trocken. »Was für ein seltsames Grüppchen!«
    »Irgendjemand muss die Untersuchung leiten, aber sie haben auch nach einem bailli geschickt.«
    »Was ist ein bailli , ein Richter?« In ihrer Heimat wurden Richter und Polizeibeamte bestellt, wenn ein Verbrechen untersucht werden musste. Sie ging mit ausgreifenden Schritten neben dem Pferd des Jägers her und verfluchte sich innerlich für ihre übereilte Flucht, durch sie sich in ein schlechtes Licht gesetzt hatte. »Madonna!«, murmelte sie kopfschüttelnd.
    »Ein Landvogt, der hier in Abwesenheit des Königs das Recht vertritt. Falls der Mörder gefunden wird, kommt er wohl vor ein Pariser Gericht.« Der Jäger sah sie von oben an. »Ihr seht mir nicht so aus, als könntet Ihr einen Mann von der Statur des Toten erstechen.«
    »Wohl kaum!« Ihr Unmut nahm zu, während sie am Seeufer dem Schloss zustrebten. Die Glocken der Mathuriner-Abtei läuteten zum Mittagsgebet, was bedeutete, dass sie ihrem Fresko viel zu lange ferngeblieben war. Sie würde sich sputen müssen, um die für das Teilstück vorgesehenen Engel heute zu vollenden.
    Bereits von weitem konnte sie Guy de Mallêts schwarz gewandete Gestalt am Ufer erkennen. Neben ihm leuchteten die weißen Gewänder der Mönche, und zwei bewaffnete Knechte warteten auf Befehle. Kurz vor dem Pavillon des Poêles brachte der Jäger sein Tier zum Stehen und sprang ab. Als er sie am Arm packen wollte, stieß sie ihn wütend zurück.
    »Was fällt Euch ein! Ich bin doch kein Gefangener!«, fauchte sie und trat den wartenden Männern entgegen.
    Mallêt musterte sie hochmütig. »Wisst Ihr, irgendwie wundert
es mich nicht, dass Ihr in diese Sache verwickelt seid. Ihr und Euer Bruder wart mir von Anfang an ein Dorn im Auge!«
    Sie warf dem Baumeister einen hilfesuchenden Blick zu. »Ihr wisst, dass ich damit nichts zu tun habe! Mir ist der Tote nur bekannt vorgekommen. Ist das etwa ein Verbrechen?«
    Gilles Le Breton sah noch mürrischer aus als am Morgen. Mit einer Hand fuhr er sich durch die struppigen Haare und starrte auf den Leichnam, den man wieder auf den Rücken gedreht hatte. »Was weiß denn ich? Ich will, dass sie ihn hier fortschaffen, damit die Arbeit weitergehen kann. Meine Leute sind abergläubisch.«
    Der Sekretär des Kardinals rümpfte die Nase. »Aberglaube rührt von den Heiden her und ist teuflisch!«
    Die Mönche bekreuzigten sich. Einer war jung und hatte große vorquellende Augen, der andere hatte bereits ein langes Leben hinter sich und blinzelte unsicher von einem zum nächsten.
    »Ach was, teuflisch! Dass sie nicht neben einer Leiche bauen wollen, ist ja wohl verständlich!«, empörte sich Le Breton.
    »Warum seid Ihr überhaupt hier herausgekommen, Paserini?«, meldete sich Grivel, der Kämmerer, zu Wort. Er hatte eine wichtige Miene aufgesetzt und schien seine Rolle sehr ernst zu nehmen.
    »Das darf doch nicht wahr sein!«, rief Luisa wütend. »Ich habe etwas gegessen und wollte mir die Beine an der frischen Luft vertreten, bis meine Putzschicht trocken genug ist, damit ich sie bemalen kann.«
    »Nie um eine Ausrede verlegen, ihr Paserini.« Mallêt deutete auf den Toten, dessen Hautfarbe sich an der Luft zu verändern begann, außerdem gab er gluckernde Geräusche von sich, so dass sich Luisas Magen erneut zusammenzuziehen drohte. »Wer ist der Mann?«
    »Ich glaube, er gehört zu den niederländischen Stukkadoren,
die für Meister Primaticcio arbeiten«, sagte Luisa. »Kann ich jetzt gehen?«
    Mit einem falschen Lächeln säuselte Mallêt: »Noch nicht, mein Bester. Zuerst klären wir die Identität des Toten, und dann bedarf Eure Anwesenheit hier noch weiterer Erklärung.«
    Grivel neigte sich zu Mallêt. »Es ist nicht das erste Mal,

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