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Die Malerin von Fontainebleau

Die Malerin von Fontainebleau

Titel: Die Malerin von Fontainebleau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilken Constanze
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dass mir dieser Bursche dort auffällt. Einmal habe ich ihn frühmorgens erwischt, wie er durch das Schloss strolchte.«
    »Ihr seid ein hinterhältiger Lügner, Grivel! Ich bin mit Meister Rosso in die Galerie gegangen. Das habt Ihr wohl vergessen?«, verteidigte sich Luisa, bemüht, ihre Stimme nicht schrill klingen zu lassen. »Warum holt Ihr nicht Thiry oder Meister Rosso und Meister Primaticcio? Die können Euch sagen, wer das hier ist!«
    Le Breton nickte. »Ja, das ist das Beste, um der Sache ein schnelles Ende zu bereiten. Vosy!«
    Der Arbeiter war sofort zur Stelle.
    »Lauf in die Galerie und hol die italienischen Meister. Sag ihnen, es ist wichtig!«
    »Ja, Meister!« Vosy bekreuzigte sich mit Blick auf die Leiche und rannte davon.
    Am Himmel waren dunkle Wolken aufgezogen, und eine Windböe fuhr durch die um die Leiche stehende Gruppe. Jetzt erst bemerkte Luisa den widerwärtigen Geruch, der immer stärker von dem aufgedunsenen Körper aufstieg. Als dann auch noch Luft zusammen mit einem seufzergleichen Laut aus dem Mund des Toten entwich, sprang sie zur Seite und übergab sich im Uferschlamm. Brot und Feigen kamen nahezu unverdaut wieder ans Tageslicht. Erbrochenes war ihr auch in die Nase gestiegen, was sie erneut würgen ließ. Sie hustete, wischte sich den Mund und bat einen der Wasserträger zu sich. Notdürftig gereinigt wandte sie sich
wieder den Männern zu, die ungerührt auf die Ankunft der Künstler warteten.
    Endlose Minuten verstrichen, bis Vosy mit den beiden gestikulierenden Meistern im Schlepptau erschien. Die beiden Italiener verstummten gleichzeitig, als sie den Leichnam sahen.
    »Piet! Das ist Piet! Meine Güte, was ist mit ihm geschehen?«, fragte Primaticcio erschrocken.
    »Vielleicht hat er sich Eurem launenhaften Regiment entziehen wollen«, meinte Rosso trocken.
    »Aber was tut der junge Paserini hier?«, fragte Primaticcio barsch, ohne auf die sarkastische Bemerkung einzugehen.
    Luisa wiederholte ihre Erklärung, und Meister Rosso nickte. »Alles, was er sagt, kann ich bestätigen. Und ich werde mich bei Seiner Majestät beschweren, dass Ihr mir meine Künstler von der Arbeit abhaltet. Paserini, geht in die Galerie zurück. Der Putz muss bemalt werden.«
    Doch Guy de Mallêt hob die Hand. »Halt, so einfach ist das nicht. Solange der bailli nicht hier ist, vertrete ich als Ranghöchster französisches Recht. Und ich sage, dass Paserini in Haft genommen wird.«
    »Aber das ist doch Irrsinn!«, rief Rosso.
    Luisa rang nach Luft, und kalter Schweiß trat ihr auf die Stirn. Nicht in Haft, nur nicht in Haft, war der einzige Gedanke, den sie fassen konnte. Er durfte sie nicht mitnehmen!
    Primaticcio sah auf seinen toten Stukkador. »Ist er ertrunken?«
    »Nein«, sagte Le Breton. »Man hat ihn von hinten erstochen. Dafür kommt dieser schwachbrüstige Wicht nicht in Frage.« Sein Seitenblick galt Luisa.
    »Erstochen?« Ratlos starrte Primaticcio in die Runde. »Piet Straaten hat zu meiner Zufriedenheit gearbeitet. Was die Männer in ihrer freien Zeit tun, weiß ich nicht. Wahrscheinlich
spielen einige, aber das sollten sie uns besser selbst sagen.«
    Meister Rosso nickte. »Ich bin Eurer Meinung, Primaticcio. Durch unser Herumstehen richten wir hier nichts aus. Luca kommt mit mir. Ich übernehme die Verantwortung dafür, dass er das Schloss nicht verlässt.«
    Mallêt wollte etwas entgegnen, doch da trat Rosso dicht an ihn heran. »Es gibt Augenblicke, da steht einem das Schweigen besser zu Gesicht, vor allem, wenn ich an die Vorkommnisse in Paris denke.«
    »Ich habe nichts Unrechtes getan! Wir handeln im Namen der heiligen römischen Kirche!« Die schlanke Gestalt des Sekretärs streckte sich.
    »Aber nicht im Namen Seiner Majestät, die ihr Missfallen über Euer eigenmächtiges Vorgehen ausgedrückt hat.« Rosso winkte Luisa zu sich. »Bringt den Toten doch endlich fort«, fuhr Rosso die Mönche an.
    Von der Autorität des Florentiners beeindruckt, folgten die Mönche seinem Befehl. »Wir holen eine Trage.«
    Mallêt sah seinen Vorteil schwinden. »Unter diesen Umständen mag der junge Paserini mit Euch gehen, aber haltet Euch zu meiner Verfügung. Der bailli wird im Laufe des Tages eintreffen.«
    Le Breton wandte sich an die Arbeiter, die sich inzwischen in respektvollem Abstand um sie geschart hatten. »Los, was steht ihr da herum? An die Arbeit!«
    Primaticcio murmelte im Weggehen: »Ärgerliche Sache, gleich zwei Stukkadore in einem Monat …«
    Den Blick des Sekretärs meidend,

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