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Die Malerin von Fontainebleau

Die Malerin von Fontainebleau

Titel: Die Malerin von Fontainebleau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilken Constanze
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Sie sieht nicht gut aus heute Morgen.«
    »Ich hoffe, dass wir noch nicht fort müssen.«
    Armido setzte sich vor eine dampfende Schüssel Grütze und nahm einen Löffel. »Köstlich, danke. Was meint Ihr mit Warten? Wollt Ihr wirklich fort von hier?«

    Arnaud nickte. »Kommt mit!« Er stand auf, und Armido folgte ihm in die Gaststube. Dort öffnete Arnaud einen Fensterladen und den oberen Teil eines Fensters. Durch die kleine Öffnung konnten sie auf die Straße und den Platz vor der Kathedrale sehen, wo sich eine kleine Menschenmenge versammelt hatte. Sie schüttelten ihre Fäuste und schrien etwas, das Armido nicht verstand. Manche Dialekte bereiteten ihm Schwierigkeiten. »Was sagen sie?«
    Auf Italienisch erklärte Arnaud: »Nicht sehr Schmeichelhaftes über alle Fremden und Nichtkatholiken. Die Leute hier sind arm und hassen jeden, der mehr hat. Nur die wenigsten können lesen oder schreiben. Wenn dann so ein charismatischer Prediger daherkommt wie der dort, dann sind seine Hetzpredigten wie Öl im Feuer.«
    »Prediger?« Armido konnte den Geistlichen, der von den Einwohnern Embruns umringt war, nicht erkennen.
    »Ein Priester, denke ich. Er steht seit dem Morgengebet auf den Stufen vor der Kathedrale und hetzt die Leute gegen Ketzer auf. Entschuldigt, ich verabscheue das Wort, vor allem, wenn Aziza in der Nähe ist.«
    Es begann zu schneien. Die Menge bewegte sich auf die Kathedrale zu, und Armido entdeckte einen schmächtigen jungen Mann, dessen spitzes Gesicht ihm bekannt vorkam. Als der Priester die Stufen hinaufging und sich zu den Leuten umdrehte, stolperte Armido einen Schritt nach hinten. »Nein!«
    Arnaud sah ihn besorgt an. »Ihr seht aus, als hättet Ihr einen Geist gesehen!«
    »Keinen Geist, leider. Der Mann dort draußen ist einer von denen, die mir das angetan haben!« Er streckte die Arme aus.
    Sofort schloss Arnaud das Fenster. »Mein Gott! Wer …?«
    »Monsignor Sampieri.« Er erinnerte sich nur zu deutlich
an den Geistlichen, der ihn ins Kreuzverhör genommen hatte. Der Mann kannte kein Mitleid. Sampieri war eine Missgeburt der katholischen Kirche und ihrer verkrüppelten Moral, die durch das Instrument der Inquisition mit aller Gewalt durchgesetzt werden sollte. Und der rattengesichtige Bursche gehörte zu Sampieri. Armido lehnte sich gegen die Wand und starrte wie gelähmt in den Raum.
    »Ist das ein Zufall, oder kann er wissen, dass Ihr hier seid?«
    »Ich weiß nicht …« Er war unfähig, irgendetwas zu denken. Die Angst und das Ohnmachtsgefühl der Folter kehrten zurück und drohten ihn zu überwältigen.
    Arnaud entfernte sich und kam kurz darauf mit einem Becher zurück, den er Armido unter die Nase hielt. »Trinkt!«, befahl er.
    Gehorsam trank Armido es in einem Zug aus. Der scharfe Apfelschnaps brannte in seiner Kehle und wärmte seine Eingeweide. Er hustete und räusperte sich. »Ich weiß es einfach nicht. Ich meine, niemand weiß, wohin ich gegangen bin. Es gab einen Brief, den ich verbrannt habe.« Josette? Nein, unmöglich, sie hatte nur einen kurzen Blick erhascht.
    »Geht jede Einzelheit durch. Erinnert Euch, Armido. Vielleicht hat doch jemand den Brief gelesen. Wollt Ihr mir nicht genau erklären, warum Ihr eigentlich hier seid?«
    Armido sah den Wirt an, dessen Frau in den Augen der engstirnigen Fanatiker eine Ketzerin war. »Gebt mir noch einen Schluck, dann erzähle ich Euch alles.«
    Sie saßen in der warmen Küche, als Armido seinen Bericht schloss. »Ich weiß, dass sie irgendwo hier ist. Ihr Bruder will Estève Brun aus dem Gefängnis holen. Also müssen sie hier sein.«
    Arnaud hatte die ganze Zeit über wortlos zugehört. Jetzt rieb er sich den kurzgeschorenen Schädel. »Das ist noch schlimmer, als ich befürchtet habe. Ihr habt Euch wirklich
gefährliche Feinde gemacht.« Er grinste schief. »Für die kurze Zeit, die Ihr hier in Frankreich seid, ist das beachtlich. Ich habe immerhin ein paar Jahre in Konstantinopel gebraucht.«
    Ein schwaches Lächeln glitt über Armidos Gesicht. »Was soll ich tun? Wenn ich mich da draußen zeige, lässt er mich gefangennehmen, ob mit oder ohne Grund.«
    Der Wirt machte eine wegwerfende Handbewegung. »Wenn sie es auf einen abgesehen haben, erfinden sie schon das Passende, darum braucht Ihr Euch nicht zu sorgen. Verfluchte Bastarde …«
    Aziza kam in die Küche. »Deine Mutter hat Schmerzen. Ich gehe nur rasch zum Magus und hole …«
    Weiter kam sie nicht, denn Arnaud schlug mit der Hand auf den Tisch. »Du bleibst

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