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Die Malerin von Fontainebleau

Die Malerin von Fontainebleau

Titel: Die Malerin von Fontainebleau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilken Constanze
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hier!«
    Ergeben schlug die Orientalin die Augen nieder. Da sprang Arnaud auf und nahm sie in die Arme. »Du kannst nicht hinaus, Aziza. Geh nach oben zu Mutter und wirf einen Blick aus dem Fenster. Ein Inquisitor ist in Embrun.«
    Sie machte sich los, wobei ihr Schmuck leise klingelte, und sah ihn erschrocken an. »Wollen sie mich holen?«
    »Nein. Sie sind hinter mir und meinen Freunden her. Aber Euer Mann hat recht. Man weiß nie, was geschieht, wenn der Pöbel erst einmal aufgestachelt ist«, beruhigte Armido sie.
    Aziza murmelte etwas in einer Sprache, die Armido für Arabisch hielt, und ging hinaus.
    »Arme Aziza. Sie hat furchtbare Angst vor der Kirche, und ich kann es ihr nicht verdenken. Wir waren Zeugen eines Autodafés in der Nähe von Marseille, kurz nach unserer Ankunft. Und seit einigen Jahren hat sich auch die Stimmung in Embrun verändert. Die Leute sind verschlossener geworden, jeder bespitzelt jeden. Manchmal kommen Dominikanermönche in die Dauphiné und hetzen die Leute auf.« Arnaud
griff nach seinem Umhang, der auf einer Bank lag. »Ich gehe zu Magus, er ist Apotheker und weiß meistens, wo Sidrac zu finden ist. Wartet hier auf mich.«
    Armido packte seine Sachen zusammen und ging in den Stall, um nach seinem Pferd zu sehen. Es dauerte nicht lange, und der Wirt war von seinem Erkundungsgang zurück. Er schlug die Kapuze zurück, die voller Schnee war, und sagte: »Magus meint, dass Sidrac heute mit Sicherheit kommt, weil die Frau seines Nachbarn seit Tagen hohes Fieber hat. Sidrac wollte nach ihr sehen und außerdem Salben kaufen. Ich habe ihn gebeten, Sidrac zu mir zu schicken. Im Moment halte ich es für besser, wenn Ihr Euch nicht draußen zeigt.«
    Trotz seiner Ungeduld fügte sich Armido den Umständen und war dankbar, den hilfsbereiten Wirt gefunden zu haben. Arnaud hatte ein Brettspiel aus Konstantinopel mitgebracht, das auch Armido kannte. Es dunkelte bereits, als es endlich an der Vordertür klopfte. Arnaud ging in den Schankraum und kam mit einem großen Mann zurück, dessen dunkle Augen Armido interessiert musterten.
    Sidrac Bayle reichte Armido die Hand. »Gott mit Euch. Arnaud hat mich eingeweiht.« Der Arzt stellte seine Umhängetasche ab und entledigte sich eines schweren Umhangs. »Es ist kalt da draußen. Die Wege sind teilweise kaum passierbar. Ich bin heute Morgen in aller Frühe losgegangen und erst vor zwei Stunden hier eingetroffen.«
    »Du kannst heute nicht mehr zurück«, sagte Arnaud und bot Sidrac einen Platz in der Küche an.
    »Ah. Das Spiel der Könige. Was sagt Ihr dazu, Armido?«, fragte der Arzt mit einem Blick auf das Schachbrett.
    »Faszinierend. Ich bin kein großer Spieler, und es bedarf großer Übung, bis man es durchdrungen hat.«
    »Wohl wahr, es gelingt mir bis heute nicht, unserem guten Arnaud mehr als ein Unentschieden abzuringen.«

    Arnaud lächelte. »Ich habe in Konstantinopel zu viele Nächte beim nargileh- Rauchen und diesem Spiel verbracht.«
    »Nicht das Schlechteste, wenn du mich fragst …« Sidrac nahm den Becher, den Arnaud ihm reichte, und trank. »Und Ihr wollt Jules Dubray sprechen?«
    »Wir sind Freunde, aus Fontainebleau. Ich werde seine Schwester Aleyd heiraten.«
    Erstaunt hob Sidrac die Augenbrauen. »Davon hat sie nichts gesagt! Keine Silbe! Dann seid Ihr ein Bruder?«
    Armido seufzte. »Mit dem Herzen ja, aber als barbe George und Jules mich in Fontainebleau aufnehmen wollten, kam etwas dazwischen. David sollte alles bezeugen, aber ich kam zu spät und …« Er zuckte mit den Schultern. »Es sollte in jener Nacht nicht sein. Und dann wurde David getötet.«
    »Eine furchtbare Geschichte! Verzeiht, Jules hat von Euch erzählt, aber wir sind alle ständig auf der Hut vor den mouches , den königlichen Kommissaren.« Sidrac schnupperte in Richtung der Feuerstelle. »Was gibt es zu essen, Arnaud? Wo ist die bezaubernde Aziza?«
    Arnaud schaute in einen großen Topf. »Suppe. Sie bereitet einen Linseneintopf vor. Meiner Mutter geht es nicht gut, vielleicht kannst du später noch nach ihr sehen.«
    Von den Spitzeln hatte Armido bereits gehört. Doch er war davon ausgegangen, dass sie sich auf den Hof, die Parlamente und die Gerichte beschränkten. Eine naive Annahme, denn wie ließen sich besser Häretiker aufspüren als durch Denunzianten aus dem Volk? Stück für Stück bröckelten die Hoffnungen, die Armido auf dieses Land und seinen aufgeschlossenen König gesetzt hatte. Wie hatten die Künstler in Rom geschwärmt vom humanistischen

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