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Die Malerin von Fontainebleau

Die Malerin von Fontainebleau

Titel: Die Malerin von Fontainebleau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilken Constanze
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heruntergebrannten Kerze war abzulesen gewesen, dass seit dem Komplet drei Stunden vergangen waren und es demnach noch vor Mitternacht sein musste. Erst zu den Vigilien würden die Glocken wieder läuten.
    Dieser Tage war es besser, über den Hof als durch das gesamte Schloss zu laufen. Wenn Grivel oder ein Wachmann ihn erwischte, müsste er eine Reihe unangenehmer Fragen über sich ergehen lassen, und noch ein Vergehen konnte er sich nicht leisten. Draußen jedoch konnte er immer eine Ausrede erfinden, und sei es nur der Gang zum Abort. Der Ballsaal, die Galerie und die königlichen Gemächer waren nur bestimmten Dienern zugänglich, denn es hatte Diebstähle gegeben. Didier hatte einen Verdacht, aber ihn fragte ja niemand. Es hatte mit kostbaren Farbmitteln angefangen, und jetzt bestahl jemand die Künstler in ihren Gemächern. Eine Katze miaute, irgendwo schrie ein Nachtvogel. An den Wänden rings um den Hof brannten Fackeln. Der an die Kapelle grenzende Bauteil war noch im Rohbau begriffen. Soweit Didier gehört hatte, sollte dort ein Pavillon entstehen, ähnlich dem Pavillon des Poêles.
    Er umrundete einen Haufen Steine und lief geduckt zu einem Fenster, von dem er wusste, dass es von außen leicht zu öffnen war. Gegenüber an der Treppe stand ein Bewaffneter, und gleich rechts von ihm befand sich der Saal der Wachen, doch Didier hörte sie lachen und die Würfel rollen. Unbemerkt kletterte er in den Korridor, der zur Kapelle führte, und schlüpfte durch die massive Tür, die mit einem viel zu lauten Geräusch hinter ihm zufiel.
    Erschrocken machte er einen Satz nach vorn. Auf dem Altar, der von einem Hungertuch bedeckt war, brannten zwei große Kerzen. Didier kniete nieder und bekreuzigte sich. Er nahm die Fastenzeit ernst. Vierzig Tage, hieß es in der Heiligen Schrift, hatte Moses auf dem Berg Sinai gefastet, und
vierzig Tage wanderte Elias zum Berg Horeb, ohne etwas zu essen. Erneut griff er nach seinem Amulett. Er war kein Heiliger, aber er schützte die Kirche auf seine Weise. Ein Geräusch aus dem Beichtstuhl ließ ihn herumfahren. Seine Gnaden waren bereits dort!
    Rasch kniete er sich vor der vergitterten Öffnung auf das Bänkchen. »Euer Gnaden, ich bin es, Didier!«, flüsterte er.
    Sein Auftraggeber hatte ihm eine Nachricht zukommen lassen, dass er ihn heute zu sprechen wünsche, außer der Reihe, denn eigentlich waren sie für den ersten Montag im April verabredet gewesen. Didier war nervös, weil er endlich sagen wollte, dass alles sein Verdienst war. Dafür würde er doppelten Lohn erhalten, und vielleicht hatten Seine Gnaden sogar noch andere Verwendung für ihn.
    » In nomine Patris et Filii et Spiritus Sancti. Amen . Was kannst du mir zu dem Toten sagen?«
    »Oh, Euer Gnaden, Ihr werdet stolz auf mich sein! Ich war es! Ich habe diesen unwürdigen Ketzer getötet, um diesen Hof von solchem Gesindel zu befreien!« Seine Hände waren feucht, und er zitterte vor Aufregung.
    »Red keinen Unsinn! Der Mann war doppelt so schwer wie du und einen ganzen Kopf größer. Außerdem gab es keinen Grund, diesen Mann, einen ehrbaren Künstler, zu töten. Unfug!« Ungeduld und Ärger schwangen in der Stimme mit.
    Gekränkt sagte Didier: »Ihr solltet mehr Vertrauen in meine Fähigkeiten haben, Euer Gnaden. War der Brief nicht eine wertvolle Information?« Er hatte zwei Goldstücke erhalten, weil der Unbekannte die Nützlichkeit der bruchstückhaften Information bestätigt hatte.
    »Warum also sollte ich über den Tod eines niederländischen Künstlers erfreut sein?«
    »Weil er ein Ketzer war! Er hat schlecht über die Kirche gesprochen!«, ereiferte sich Didier.

    »Bist du von Sinnen? Nicht jeder, der irgendwann schlecht über die heilige römische Kirche spricht, ist gleich ein Ketzer! Dann müssten wir zwei Drittel der Menschheit auf den Scheiterhaufen bringen. Zudem verbiete ich dir jede Art von eigenmächtigem Handeln! Ich will Informationen über die Vorgänge hier am Hof und speziell über die Gebrüder Paserini!« Die Worte kamen schnell und gepresst durch das Gitter, und Didier zuckte ängstlich zurück.
    »Ja, Euer Gnaden. Aber ist denn der Tod dieses Mannes nicht von Nutzen für Euch?« Er konnte nicht glauben, dass er umsonst gemordet und eine Todsünde auf sich geladen haben sollte.
    »Wie also willst du den Mann getötet haben?«
    »Oh, ich habe mir einen raffinierten Plan ausgedacht. Der Niederländer hat sich öfter mit Eliette, einer Dirne aus dem Dorf, getroffen. Ich habe ihm gesagt, dass

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