Die Malerin von Fontainebleau
Sonnenaufgang aufbrechen.
Da es in Strömen goss, ließ Rosso seinen Assistenten das Maultier beladen und sich um die Pferde und den Proviant kümmern, während er selbst in die Küche ging, um sich mit einem Teller warmer Grütze und einem Becher Gewürzwein zu stärken. Es gab nur eine Schlossküche in Ventadour, und in dieser drängten sich die königlichen Küchen- und Kellermeister, die für die verschiedenen Abteilungen zuständig
waren. Für jedes Gericht gab es einen Spezialisten, einen Zuträger, Küchenkinder und Laufburschen. In Meister Rossos Augen stand der Aufwand des königlichen Reisezugs in keinem Verhältnis zum Zweck der Reisen. Tausende von Menschen und Pferden unablässig zu unterhalten verschlang Unsummen. Nun, das sollte seine Sorge nicht sein.
In Kisten wartete das königliche Geschirr darauf, aufgedeckt zu werden. Auch dafür war ein Diener zuständig, und wehe dem, der einen Teller des vergoldeten Porzellans zerbrach. Der Lärm war ohrenbetäubend. Menschen, Hunde, Hühner, und was sich sonst auf zwei oder vier Beinen durch Haus und Hof bewegte, schnatterten durcheinander. Rosso winkte einem Burschen, der einen Krug in der Hand hielt. Nachdem der Bursche ihm seine bescheidenen Wünsche erfüllt hatte, trat der Maler auf den Hof. Auch hier herrschte an diesem Morgen ein aufgeregtes Durcheinander. Fuhrwerke wurden angespannt und Reit- und Jagdpferde für die Damen und Herren des Hofes bereitgestellt.
Pellegrino stand neben ihrem Gepäck und führte eine lautstarke Auseinandersetzung mit einem Stallknecht. Als er Meister Rosso sah, winkte er ihm. »Ich weiß nicht genau, warum sie unsere Pferde nicht sofort herausführen können, aber es kann nicht mehr lange dauern. Entschuldigt die Verzögerung, Meister.«
»Schon gut. Umso besser wird das Wetter sein, wenn wir auf brechen.« Die grauen Wolken verzogen sich langsam, und es hatte aufgehört zu regnen. Um sich die Beine zu vertreten, schlenderte Rosso über den Hof zu einem der überdachten Gänge, in denen die Hofgesellschaft flanierte, während sie auf den Beginn der Messe wartete. Nach dem Gebet ging man gegen elf Uhr zum Essen, und anschließend empfing Franz an manchen Tagen ausländische Botschafter oder gab Audienzen. Staatspolitische Angelegenheiten wurden meist
noch vor der Messe besprochen, und das schien auch heute der Fall gewesen zu sein, denn eben kam eine Gruppe hochrangiger Männer, angeführt von Montmorency, um die Ecke.
Der Connétable wirkte ebenso wie der neben ihm schreitende Mallêt und ein weiterer Höfling der konservativen Fraktion außerordentlich zufrieden. Durch ihre schwarzweiße Kleidung unterschieden sie sich augenfällig von den farbig gewandeten Seigneurs, unter denen Rosso Chabot de Brion im Gespräch mit dem Marquis Lucien de Saint-Flour entdeckte. Beide zeigten ernste Mienen, vor allem Brion wirkte besorgt. Die Zeichen standen denkbar schlecht für Brion, den einstigen Liebhaber von Madame d’Étampes und ehemals Favorit des Königs. Parallel zur wachsenden Beliebtheit Montmorencys am Hof war der Stern Brions gesunken und hatte mit der Erhebung des Rivalen zum Connétable seinen derzeitigen Tiefpunkt erreicht. Der junge Marquis entdeckte Rosso.
»Ah, werter Meister! Wenigstens ein fröhliches Gesicht an diesem trüben Morgen.«
Philippe de Chabot, Seigneur de Brion, der in des Königs Alter war, rieb sich die hohe Stirn. Obwohl auch er ein erfahrener Feldherr war und die französische Außenpolitik viele Jahre lang beeinflusst hatte, wirkte er weniger soldatisch als Montmorency. Gram schien heute seine Schultern zu beugen, und dunkle Augenringe sprachen von sorgenvollen Stunden. Darüber konnten weder der schwere Pelz noch die kostbaren Waffen hinwegtäuschen. »Seid froh, dass Ihr nicht von den Launen des Hofes abhängig seid«, murrte der Seigneur.
»Seid vorsichtig, Philippe«, sagte der Marquis mit einem Blick auf Montmorency und die anderen, die sich in Hörweite befanden.
»Was soll mir jetzt noch passieren? Er hat mich als Verräter denunziert, aber das lasse ich mir nicht bieten!«, fauchte
Brion und bedeutete Rosso, ihm und Saint-Flour zu folgen. Nachdem sie genügend Abstand zwischen sich und die Seigneurs gebracht hatten, erklärte er: »Ihr seid einer der wenigen ehrlichen Menschen hier am Hof, die Seiner Majestät nicht nach dem Mund reden. Nehmt Euch vor Montmorency und seiner Meute in Acht. Sie diskreditieren jeden, der ihnen im Weg steht. Im Moment bin leider ich das.« Er
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