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Die Malerin von Fontainebleau

Die Malerin von Fontainebleau

Titel: Die Malerin von Fontainebleau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilken Constanze
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geblieben. Sie stocherten eine Weile in den stinkenden Überresten, fanden jedoch nur zwei tote Kaninchen, deren Fell zur Gänze versengt war. Rufus zerrte an einem der Tierkadaver, wurde aber von Dufy zurückgerufen.
    Anders sah es im Haus des Ziegenhirten Pascal aus. Das Feuer schien hier nur den Stall erfasst zu haben und war an der Mauer verglüht, auf der im Schatten noch Schneereste verblieben waren. Sie stießen die Tür auf und wären fast über Pascals Körper gefallen, dessen Beine unter einer Tischplatte lagen. Armido warf das Möbel zur Seite und biss sich vor Schmerz und Wut über die Grausamkeit der bischöflichen Schergen auf die Lippen. Ein Schwerthieb hatte dem Ziegenhirten das Gesicht zerschnitten. Seine Hände waren blutig und zerfetzt, mit ihnen hatte er wohl die Angreifer abzuwehren versucht. Den Tod herbeigeführt hatte
ein Spieß, dessen abgebrochener Schaft aus dem Bauch des Hirten ragte.
    Dufy stand mit geballten Fäusten neben Armido. »Tapferer Mann. Er wollte sich mit der Tischplatte als Schild dem Mordgesindel entgegenstellen. Vielleicht hat er so seiner Familie Zeit verschafft, dass sie sich verstecken konnten.« Er warf Armido einen mitleidigen Blick zu. »Von uns hätte Euch niemand verraten. Die wenigsten wussten von der Existenz des Weilers und schon gar nicht, dass Ihr Vaudois seid. Sidrac kennen wir nur als Medicus.«
    Von draußen drang klägliches Jammern zu ihnen, und sie fanden eine Ziege eingeklemmt in den Stalltrümmern. Die anderen Tiere der Herde waren entweder weggelaufen oder fortgetrieben worden. Dufy strich dem jammernden Tier über den Kopf und zog es dann unter lautem Protest heraus. »Der Hinterlauf ist gebrochen.« Kundig tastete er das verletzte Tier ab. »Komplizierter Bruch, und innere Verletzungen hat es auch. Ich muss es erlösen.« Er zog sein Jagdmesser heraus und durchtrennte dem Tier blitzschnell die Kehle.
    Armido wandte sich ab.
    »Wir lassen es ausbluten. Wenn wir die anderen im Wald finden, werden sie sich über etwas Fleisch freuen. Es scheint so, als hätten die Soldaten alles mitgenommen.«
    »Wie kann man nur so unbarmherzig sein? Frauen und Kinder hungern zu lassen …« Armido stieg über die Bretter und Balken hinaus auf den freien Platz.
    Bei Hugues’ Haus begann der Weg durch den Wald nach Embrun. Fassungslos stand Dufy vor dem Schlachtfeld, das sich ihnen im Innern bot. »Hier waren die Soldaten zuerst.« Er wischte sich eine Träne aus dem Auge, und Armido schluchzte.
    Hugues lag mit eingeschlagenem Schädel vor der Feuerstelle. Knochensplitter und Gehirnmasse waren ausgetreten
und verteilten sich auf dem Fußboden. Nicht weit davon entfernt lag Sophie, die Frau des Ziegenhirten, unter einer Bank. In ihren Armen hielt sie ihr jüngstes Kind. Beide waren tot, getötet im Namen des Herrn. Nachdem Armido und Dufy das Haus durchsucht und niemanden mehr gefunden hatten, traten sie vor die Tür. Armido zündete sich ebenfalls eine Lampe an.
    »Was meint Ihr, sollen wir nach den Frauen rufen?« Und wo war Jules? Armido hoffte, dass sein Freund zum Zeitpunkt des Überfalls entweder nicht hier gewesen war oder mit den Frauen hatte flüchten können.
    Dufy nickte und hielt seinem Hund ein Kinderhemd vor die Nase, das er aus Hugues’ Haus mitgenommen hatte. »Such, Rufus.«
    Sie warteten, bis der Hund eine Spur aufgenommen hatte, und folgten ihm laut rufend in den Wald. »Suzanne! Wo seid ihr? Ich bin es, Armido!«
    Rufus’ Bellen und eine zaghafte Frauenstimme ertönten ungefähr zur selben Zeit, und kurz darauf trat eine vollkommen verstört aussehende Suzanne hinter einer Fichte hervor. Ihr Kleid war schmutzig und zerrissen, die Augen vom Weinen geschwollen. Mit ausgestreckten Händen wankte sie in Armidos Arme. Er drückte sie an sich und strich ihr über die zerzausten Haare. »Wo sind die anderen, Suzanne? Jules?«
    Es dauerte, bis sie das Schluchzen so weit unter Kontrolle hatte, dass sie sprechen konnte. Misstrauisch beäugte sie den Jäger. »Martin Dufy, was macht Ihr hier?«
    »Er hat mir geholfen, Suzanne. Ohne ihn wäre ich noch nicht hier«, beruhigte Armido sie.
    »Ah. Armido, du hast ja keine Vorstellung! Es war so furchtbar! Sie haben uns überfallen, als wären wir die übelsten Verbrecher. Marie!«, rief sie in die Dunkelheit, und Pascals Frau kam mit drei kleinen Kindern heraus.

    »Jules ist verwundet. Die Jungen sind bei ihm. Er kann nicht gehen, aber mit eurer Hilfe bringen wir ihn ins Haus. Steht es noch?«, fragte Suzanne und

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