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Die Malerin von Fontainebleau

Die Malerin von Fontainebleau

Titel: Die Malerin von Fontainebleau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilken Constanze
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viel Schmelzwasser in den Bergen geführt. Einen Steinwurf entfernt sah er die Abzweigung, die unter Umgehung der Stadt in die Berge hinaufführte. Armido schnalzte mit der Zunge und ließ das graue Pferd,
eine kleine, widerstandsfähige Rasse, die hier in den Bergen oft zu finden war, in leichten Trab fallen. Bald darauf bog er auf den schmalen Weg, der eine Anhöhe hinauf durch Mischwald und weiter oben durch reinen Nadelwald führte.
    Neben dem Weg verlief ein reißend gewordener Bach. Entwurzelte Bäume und Geröll zeugten von der verheerenden Kraft des Schmelzwassers. Armido verlagerte sein Gewicht nach vorn, um dem Pferd den Aufstieg zu erleichtern. Bald würde er absteigen müssen.
    Seine Mission war nicht erfolgreich verlaufen. Zwar hatten der Buchdrucker und seine Freunde Mitgefühl gezeigt, doch sahen sie keine Möglichkeit, ihm anders als mit Geld zu helfen. Zu groß war die Furcht der reformistisch gesinnten Gruppe vor neuerlichen Repressalien oder gar Verhaftungen durch die königliche Justiz. Und zu frisch waren die Wunden, die die Plakataffäre hinterlassen hatte. Auch Casper war peinlich befragt worden und nur knapp mit dem Leben davongekommen. Peter Lavbruch und seine Brüder, die nach Genf gereist waren, um mit Calvin zu sprechen, mussten sich ebenfalls bedeckt halten. Und so hatte Armido nichts vorzuweisen außer einem Beutel voller Goldstücke, die andererseits nicht zu unterschätzen waren.
    Ein tief hängender Tannenzweig nötigte ihn zum Absteigen. Armido, dessen Bart inzwischen dicht geworden war, so dass er als Südfranzose durchgehen mochte, stapfte den Berg mit dem Pferd am Zügel hinauf. Durch die dicht stehenden Nadelbäume drang wenig Sonne, und er befürchtete, dass die Dämmerung nicht mehr lange auf sich warten lassen werde. Selbst als Ortskundiger war es gefährlich, nach Einbruch der Dunkelheit durch die Berge zu streifen, und er hatte auch so genug Sorge, den richtigen Weg zu finden. Wenn er sich richtig erinnerte, gabelte sich nach diesem Wald der Weg. Der eine Pfad führte nach Réallon, der
andere weiter hinauf ins Hochgebirge, wo sich der Weiler der Vaudois befand. Doch bevor er die Waldgrenze erreicht hatte, kam er an einen Felsblock, hinter dem ein kaum erkennbarer Pfad abzweigte. War dies die Abkürzung, von der Sidrac gesprochen hatte? Unschlüssig stand Armido neben seinem Pferd und klopfte ihm die Flanke.
    Während er noch überlegte, hörte er melodisches Pfeifen und Hundegebell. Schon stob ein zotteliger schwarzer Hund aus dem Unterholz und blieb kläffend vor Armido stehen. Zumindest knurrte der Hund nicht.
    »He, ist ja gut«, sprach er beruhigend auf das große Tier ein, das unverdrossen weiterbellte.
    »Rufus! Aus!« Die energische Stimme brachte den Hund zum Schweigen, der jetzt lauernd um Armido herumstrich. Mit angelegter Armbrust trat ein junger Mann hinter zwei Fichten hervor. Er trug dunkelbraune und grüne Kleidung, die ihn mit dem Wald verschmelzen ließ. Über seiner Schulter hingen zwei Hasen.
    Wahrscheinlich ein Wilderer, dachte Armido und war erleichtert, dass es keiner der Bischofsleute war. »Monsieur, bitte, ruft Euren Hund zurück. Ich bin nicht von hier und froh, Euch zu treffen. Sagt, führt mich dieser Weg hinauf zum Weiler von Sidrac Bayle?«
    Der Wilderer stieß einen kurzen Pfiff aus, und der Hund setzte sich auf die Erde. Misstrauisch musterte der Mann Armido. »Was könnt Ihr von Sidrac wollen? Seid Ihr ein Spion des Bischofs?« Er behielt die Armbrust im Anschlag.
    Armido grinste. »Dasselbe habe ich auch von Euch befürchtet. Nein, ich arbeite für Meister Rosso Fiorentino in Fontainebleau, aber die Liebe hat mich in diese unwirtliche Bergregion verschlagen.«
    Rufus hatte sich wieder erhoben und schnüffelte an Armidos Beinen. Sein Herr nahm die Armbrust herunter. »Das
klingt so seltsam, dass es wohl wahr ist. Auf Wilderei steht der Tod.« Er legte den Kopf schief. »Aber der Bischof von Embrun presst uns aus wie alte Zitronen.«
    »Sagt, was ist in Embrun geschehen? Was bedeutet die Rauchsäule?«, fragte Armido.
    »Verfluchte Sache. Seit dieser Priester dort ist, ist niemand mehr sicher. Der Bischof lässt ihn die Leute verhören und gefangensetzen, wie es ihm gefällt. So was hat es hier seit zweihundert Jahren nicht gegeben. Damals war schon einmal die Inquisition zu Gast. Sie suchen nach Ketzern.« Der Jäger stieß ein bitteres Lachen aus. »Angst und Schrecken wollen die verbreiten, und es gelingt ihnen! Arnaud ist kein Ketzer, zum

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