Die Malerin von Fontainebleau
starken Schnaps in den Mund. Als er ruhiger atmete, nahm sie den letzten Tuchfetzen von seinem Arm. Armido schlug die Hand vor den Mund, als er die klaffende Wunde sah, die sich über den Unterarm bis zum Handgelenk zog. Der Schwerthieb war bis auf den Knochen gegangen und hatte alle Sehnen durchtrennt. Das Fleisch klaffte weit auseinander und färbte sich an den Rändern bereits dunkel. Schmutz und Sekrete verunreinigten die Wunde.
Suzanne senkte ihre Stimme zu einem Flüstern. »Der Wundbrand hat bereits eingesetzt. Er hat gekämpft bis zum Letzten und uns alle herausgebracht, aber dabei ist Schmutz in seine Wunde gekommen. Ich hätte sie nähen können.
Nicht so gut wie Sidrac, aber ich hätte es gemacht. Doch so …« Mit ernster Miene sah sie Armido an.
»Amputation?« Das Wort klang furchtbar, doch wenn Jules’ Leben anders nicht zu retten war, mussten sie es tun.
In diesem Moment kam Dufy mit den Armen voller Decken und Lebensmittel zurück. »Ich habe gerettet, was nicht verdorben war.« Sein Blick fiel auf Jules, und er legte seine Lasten ab und trat näher. Scharf sog der Jäger die Luft ein. »Das sieht übel aus.«
»Und das Bein?«, fragte Armido.
Suzanne nahm den Verband auch dort ab. »Ein Spieß, aber der Stich ist nicht so tief. Das heilt wieder. Vier, fünf Stiche mit einem festen Faden werden reichen.«
»Seid Ihr eine Heilerin wie Euer Mann?« Dufy sah sie bewundernd an.
»Nein, das nicht, aber ich kann helfen. Ich habe meinem Mann oft genug zugesehen und die Arzneien angemischt. Also, was sagt Ihr zu seinem Arm? Je eher wie handeln, desto größer sind seine Chancen zu überleben. Wenn das Schwären einmal richtig einsetzt, kann ich nichts mehr tun.«
Je länger Armido vor Jules stand und auf Knochen und Sehnen starrte, die sich weißlich zwischen dem Fleisch abzeichneten, desto flauer wurde ihm. »Müssen wir ihm das wirklich antun?«
Der Jäger nickte. »Ich glaube, ja. Eine Nacht noch, und es kann zu spät sein. Dann steigen die Gifte auf. Soll ich Öl heiß machen?«
»Nein!«, kam es aus Suzannes und Armidos Mund. Erstaunt sah die Arztfrau den Stukkador an. »Was weißt du über die Chirurgie?«
»Nicht viel. Aber in Paris hat mich ein gelehrter Medicus nach der Folter behandelt, und er berichtete, dass ein Feldscher namens Paré von der Behandlung mit Öl abrät.«
Dufy zuckte mit den Schultern. »Was immer die Herrschaften meinen. Soll ich den Mann dann binden, damit er sich nicht wehrt, wenn wir schneiden?«
»Wartet noch. Ich will erst in unser Haus gehen und nachsehen, was von den Arzneien meines Mannes übrig ist. Sidrac verwendet eine Essenz aus Alraunwurzel und Mohn, mit denen er einen Schwamm tränkt und ihm dem Patienten auf Mund und Nase legt. Ich habe das mehrfach mit Erstaunen beobachtet. Die Patienten haben sich kaum gerührt, während er geschnitten hat.« Sie wandte sich an Marie und die Kinder. »Die Kleinen sollen das nicht mit ansehen, Marie. Bring sie nach oben und leg sie schlafen. Sing ihnen etwas vor, wenn du magst.«
Marie, eine schlichte Frau mit großen Augen in einem schmalen Gesicht, erhob sich und nahm eines der Kleinkinder auf den Arm.
»Da oben liegen noch Strohsäcke und Decken«, sagte Dufy, während Suzanne das Haus verließ.
»Können wir ein Feuer im Kamin machen? Die Kleinen haben Hunger. Wir haben seit dem frühen Morgen nichts gegessen.« Tatsächlich sahen Marie und die Kinder erschöpft aus.
Froh, etwas Nützliches tun zu können, entfachten die Männer ein Feuer aus zerbrochenen Stuhlbeinen und Scheiten, die hinter dem Haus gelegen waren. Armido suchte einen Topf, der sich am Haken über der Feuerstelle befestigen ließ, und gab Wasser hinein. Rufus hatte sich neben dem Kamin hingelegt, wurde jedoch von seinem Herrn aufgescheucht. »Los, komm, mein Alter. Wir holen die Hasen, und Euer Pferd bringe ich auch mit, Armido.«
»Armido!«, rief Jules leise.
Sofort eilte der Gerufene an das Krankenlager. »Ich bin hier.«
»Was geht vor? Mein Arm!« Jules hatte den Kopf gehoben und starrte entsetzt auf das dunkelrote Fleisch und die Sehnen, die sich aufgerollt hatten.
»Ich fürchte, den wirst du verlieren, mein Freund. Aber besser den als dein Leben.«
Jules biss sich auf die Lippen. »Wo hat uns das alles nur hingeführt? Vielleicht hätte ich auf Aleyd hören sollen.«
»Sobald du wieder bei Kräften bist und Aleyd frei ist, gehen wir von hier fort. In Siena lassen sie uns in Frieden leben, solange wir nicht
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