Die Malerin von Fontainebleau
Luisa und spielte nervös mit der Lederrolle, in der sich Rossos Zeichnung befand.
»Bravo! Ruggiero und Marfisa liefern sich als Ritter und Ritterin einen erbitterten Zweikampf, als eine Geisterstimme ihnen verkündet, dass sie Zwillingsgeschwister sind.«
Bevor der weinselige Botschafter weiter deklamieren konnte, sagte Luisa: »Sollten wir nicht gehen? Gérard kann uns bis zum Salon begleiten.«
»Ah, ja.« Giustiniani warf einen letzten Blick auf die Tiere. »Manchmal vermisse ich Venedig so sehr, dass es schmerzt. Ich bin nicht mehr der Jüngste. Hier entlang!« Er zeigte auf eine Laterne, die an einem Stallgebäude hing. »In fremder Erde begraben zu werden wäre furchtbar. Vor meinem Tod will ich noch einmal die Lagune sehen und die Stimme eines Gondoliere hören.«
Das Heimweh des Botschafters war verständlich, aber Luisa hatte andere Sorgen und hoffte, dass der Mann sein Versprechen halten und sie dem König vorstellen werde. Vom Zwinger mit seinen Gehegen ging es vorbei an den Stallungen und den Wirtschaftsgebäuden, in denen noch gekocht und gewaschen wurde. Luisa hatte sich gewaschen, die Haare stramm gebunden und ein elegantes Barett mit Federschmuck aufgesetzt. Kurze Pluderhosen und ein eng anliegender blauer Schoßrock vervollständigten ihre höfische Garderobe.
Im Hof ging es vergleichsweise ruhig und beschaulich zu, lediglich die Ankunft einer Karosse brachte die Knechte und Stallburschen, die vor einem Weinfass hockten und sich bereits dem Kartenspiel widmeten, in Bewegung.
»Kardinal Tournon und seine Bagage, wenn mich nicht alles täuscht. Ich hatte mich schon gewundert, wo er steckt. Er lässt sich sonst keine Gelegenheit für einen großen Auftritt entgehen«, bemerkte Giustiniani und wollte weitergehen, doch Luisa hielt inne.
»Dann ist Guy de Mallêt auch hier. Er wird verhindern, dass ich mit dem König spreche, und falls es mir doch gelingen sollte, eine Begnadigung zu erwirken, wird er mich heimlich töten!« Luisa war verzweifelt und versuchte, die Gesichter der Reiter zu erkennen, was im spärlichen Licht der Fackeln nicht möglich war.
»Ach was. Nur Mut, kommt jetzt. Sie sind ja gerade erst angekommen«, ermunterte der Venezianer sie und zog sie mit sich auf den Palas zu, vor dessen Eingang vier Gardisten der königlichen Leibwache standen.
Gérard durfte sie bis in die Halle begleiten, musste dort aber auf einer Bank Platz nehmen und auf sie warten, was er ohne zu murren tat. Ein livrierter Diener erschien und wollte wissen, was sich in Luisas langer Lederhülse befand. Mit der Inspektion zufrieden sagte er kurz: »Folgt mir.«
Der Botschafter und Luisa wurden eine Steintreppe hinauf in den ersten Stock geführt, wo zwei Soldaten die Tür zum Salon bewachten. Bis auf wenige Leuchter und Halterungen für Fackeln und Kohlebecken waren die Wände aus massiven Steinquadern kahl. Durch die Türen drangen fröhliche Stimmen, Musik und Gesang.
»Eine kleine Gesellschaft?«, fragte Luisa skeptisch.
»Für einen König gelten andere Maßstäbe. Ah!« Der Botschafter verneigte sich tief, denn die Türen schwangen auf,
und der Zeremonienmeister, ein würdiger Herr in schillernder Robe und mit dem obligatorischen Stab, ließ sie eintreten.
Befangen und sich ihrer schlichten Kleidung bewusst, betrat Luisa hinter dem Botschafter den Salon, der die Größe eines Saales hatte, doch durch kostbare flämische Tapisserien und Vorhänge in changierenden Rottönen wohnlichen Charakter zeigte. Die Leibwache des Königs hatte sich an strategischen Punkten wie Türen und Fenstern postiert, hielt sich aber im Hintergrund, und die farbenfrohen Uniformen der Männer verschmolzen im Gesamtbild des prächtig ausgestatteten Raumes mit der Dekoration. König Franz I. saß in einem hohen Armlehnstuhl in der Nähe des Kamins. Seine Robe war von strahlendem Weiß, Gold und Blau, die große weiße Feder auf seinem Barett von erlesener Schönheit.
Der Zeremonienmeister stieß mit seinem Stab auf den Boden, die Musiker hörten auf zu spielen, und die Tänzer hielten in ihrer Bewegung inne. Verlegen angesichts der Aufmerksamkeit, die man ihr nun widmete, umklammerte Luisa ihr Lederetui und schritt zwischen den Gästen hindurch, die sie neugierig musterten.
»Monsieur Giustiniani bringt einen Gast aus Fontainebleau mit einer persönlichen Botschaft von Meister Rosso«, verkündete der Zeremonienmeister und vollführte einige kunstvolle Bewegungen mit seinem Stab.
Franz I. war in ein Gespräch mit seiner
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