Die Malerin von Fontainebleau
ketzerische Vaudois kennt?«
»Nein!«
Ein Blickwechsel zwischen Sampieri und dem Folterknecht hatte zur Folge, dass Isabeau erneut eine Brandwunde zugefügt wurde.
»Ich wiederhole meine Frage. Lebst du mit den Vaudois zusammen?«
»Ja«, flüsterte sie kaum hörbar.
Triumphierend sah Sampieri zum Qualifikator. »Dann stimmt es, dass du seit Jahren Ketzerei treibst?«
Ein leises »Ja« kam von der Streckbank.
Ergeben bestätigte Isabeau alle Anschuldigungen, die man ihr im Zusammenhang mit Hexerei und ihren Kenntnissen als Kräuterfrau zur Last legte, und stockte erst, als Sampieri sie fragte, ob sie den Aufenthaltsort der flüchtigen Vaudois aus dem Weiler kannte.
»Nein, bei Gott, ich weiß nicht, wo sie sind.«
Auch weitere Folterungen von Guillaume konnten sie in diesem Punkt nicht beeinflussen. Sie verriet niemanden und nannte auch keine Namen von Predigern.
»Und willst du nun vor diesem heiligen Inquisitionsgericht auf die Knie fallen und abschwören, auf dass wir dir die Absolution erteilen?«, fragte Sampieri.
Guillaume nahm Isabeau die Fesseln an Knöcheln und Armen ab und half der Entkräfteten von der Bank auf die Füße. Sie konnte sich kaum aufrechthalten, ein Arm hing unnatürlich verdreht herab, und Brandmale und Reißwunden von den eisernen Dornen bedeckten ihren Rücken. Während der Folterungen hatte sie sich die Lippen aufgebissen, und ihr Blick schien wirr, doch Isabeau hob das Kinn. »Ich spucke auf euch alle!«
Der Erzbischof wurde unruhig: »Sie ist nicht bußfertig
und will nicht abschwören. Wir verschwenden unsere Zeit. Verlest das Urteil.«
Monsignor Sampieri nickte, räusperte sich und stand auf. »Wir, das Inquisitionsgericht und der durch göttliche Barmherzigkeit berufene Erzbischof der Stadt Embrun, die wir uns vergewissern wollten, ob das, was uns gegen dich gesagt worden ist, sich auf irgendeine Wahrheit stützt und ob du in der Finsternis wandelst oder im Licht, haben geruht, die Zeugen sorgfältig zu vernehmen, dich vorzuladen und zu verhören und alles bis ins Einzelne zu tun, was uns gemäß den kanonischen Bestimmungen zu tun oblag.« Es folgten eine Reihe juristische Wendungen, bis Sampieri zum Schluss kam. »Wir müssen also leidvoll verkünden, dass du eine verworfene Gesinnung hast und es verschmähst, dich an unseren gesünderen Rat zu halten. Die Kirche Gottes hat lange Zeit gehofft, dass du unter Anerkennung deiner Schuld ablassen würdest, du aber verharrst in störrischer Haltung. Nun weiß die Kirche nicht, was sie dir anderes zu Dank und Lohn tun kann, als dass du den Übrigen ein Beispiel seist und andere von solchen Ketzereien ferngehalten werden. Solche Untaten dürfen nicht ungestraft bleiben. Deshalb urteilen wir Erwählten, die hochheiligen Evangelien vor uns liegend und damit im Angesicht Gottes, dich als unbußfertig und verstoßen dich als verstockten Ketzer. Fürderhin können wir nicht weiter für dein ewiges Seelenheil sorgen und sagen uns daher von dir los.«
Monsignor Sampieri räusperte sich. »Wir entlassen die Verurteilte in die Freiheit.«
Isabeau stand mit erhobenem Kinn und geschlossenen Augen nackt vor dem kirchlichen Gericht und hörte sich ihr Todesurteil an. In die Freiheit entlassen zu werden bedeutete aus dem Mund eines Inquisitors nichts anderes, als dass dem weltlichen Gericht, welches das Urteil vor der Hinrichtung
während eines Autodafés verkündete, nahegelegt wurde, den schmachvollen Tod auf dem Scheiterhaufen zu bestimmen. Natürlich überließen die Inquisitoren die Schmutzarbeit den Vertretern der weltlichen Macht, konnten die Kleriker auf diese Weise doch für sich beanspruchen, ihre Hände nicht mit Blut befleckt zu haben.
Nachdem die Verurteilte hinausgeführt worden war, erhob der Erzbischof sich umständlich. Er stützte sich auf einen Gehstock, um den gichtigen Fuß zu entlasten. »Wenn diese Frau schon so verstockt ist, können wir von den Männern bei erneuter Befragung wohl kaum mehr erwarten.«
Sampieri klappte das große Buch zu, das vor ihm auf dem Tisch lag. »Nein, aber wir sollten ein Exempel an diesen widerspenstigen Leuten statuieren und alle, die aus dem Weiler stammen, verbrennen. Das scheint mir das geeignete Mittel, die Flüchtigen aus der Reserve zu locken. Und«, Sampieri hob den Zeigefinger, »indem wir diese grausamste Strafe verhängen, die das ewige Verderben, die Qualen des Höllenfeuers, nach sich zieht, zeigen wir dem Volk, was es heißt, sich gegen die einzig wahre Kirche zu
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