Die Malerin von Fontainebleau
stellen!«
Der Qualifikator mischte sich ein. »Aber die Schwangere dürfen wir nicht verbrennen und den Gelehrten mit Namen Brun empfehle ich weiter in Haft zu behalten. Er scheint mir mehr über die Verstecke und die Organisation der Sekte zu wissen und wird nach einer gewissen Zeit vielleicht sprechen.«
»Gut. Über die Schwangere können wir später noch einmal beraten. Sie ist unser Pfand und bringt uns eventuell einen wichtigeren Mann, Jules Dubray. Aber der Arzt muss brennen. Er ist eine angesehene Persönlichkeit hier in Embrun. Mein Bursche hat sich für mich umgehört. Sein Tod wird die Zweifler und Aufsässigen einschüchtern«, erwiderte Sampieri.
»Darf ich die Messieurs nun zum Essen bitten?«, lud der
Erzbischof ein. »Der verehrte prévôt , Monsieur Tellier, wird uns dabei Gesellschaft leisten.«
Obwohl Sampieri sich mehr von der Verhandlung versprochen hatte, war er mit dem Ausgang des Prozesses zufrieden, da er die Autorität der Inquisition in Embrun bestätigt sah. Den prévôt würde er beim Essen von der Notwendigkeit einer drastischen Strafe überzeugen. Seine Heiligkeit würde sein Wirken in Embrun begrüßen, war es doch ganz im Sinne der päpstlichen Politik. Und der Rex christianissimus , wie sich der Monarch der Franzosen so gern nannte, war in einer Lage, die es ihm nicht erlaubte, den Papst vor den Kopf zu stoßen.
Die Kleriker waren im Begriff, den Kerker zu verlassen, als ein junger Mönch zu ihnen trat. »Exzellenz, Eure Männer haben einen Gefangenen gemacht, der Eure Aufmerksamkeit verdient.«
Der Erzbischof wirkte verdrossen. »Hat das nicht Zeit bis nach dem Essen?«
Aus dem Dunkel des Kellergewölbes im bischöflichen Palast lösten sich die Gestalten von zwei Knechten, welche einen gefesselten Mann in ihrer Mitte führten. Ein triumphierendes Lächeln glitt über Sampieris Gesicht. Dieser Tag war voller Überraschungen!
Luisa hatte noch nie einen echten Löwen gesehen, sie kannte den majestätischen König des dunklen Kontinents nur aus der Mythologie und aus Illustrationen. Daniel in der Löwengrube war eine Geschichte aus dem Alten Testament, und der Apostel Markus wurde mit einem Löwen dargestellt. Allerdings hatte das magere Tier, dessen Mähne zerzaust und stellenweise ausgefallen war, wenig Ähnlichkeit mit Panthera leo oder den gewaltigen Bestien, die sich auf Fresken und Gemälden tummelten.
»Oh, er sieht traurig aus, findest du nicht, Gérard?«
Sie standen vor dem Gehege der wilden Tiere des Duc de Villeneuve. In einem der zwei großen Käfige hinter dem Obstgarten lief ein Löwe unablässig hin und her, in dem anderen hockte ein Bär auf einem Baumstumpf. Etwas abseits beleuchteten Laternen ein kleines Haus, das einem überdimensionalen Puppenhaus glich, nur war die Vorderfront vergittert, und drei Affen sprangen darin herum.
Gérard sah sich die ganze Zeit über wachsam um, denn Luisa hatte ihm von Mallêts bedrohlichem Auftreten erzählt. »Hm, kein Leben für ein Tier, das sonst durch die Wüste jagt oder wo es lebt. Warum musste er Euch hier treffen? Es ist so dunkel, und man kann nicht alle Ecken und vor allem den Garten nicht einsehen.«
»Ah, da seid Ihr!«, ertönte schon die sonore Stimme des venezianischen Botschafters. »Brav, Ihr habt Euren Begleiter dabei, allerdings kann er nicht mit in den Salon.«
Gérard runzelte die Stirn. »Und wenn jemand einen heimtückischen Anschlag zu verüben versucht?«
Giustiniani machte eine dramatische Geste, wobei seine golddurchwirkte Schaube flatterte. »Keine Sorge, im Moment sind mehr Wachen und Soldaten auf der Burg als Höflingsvolk und Diener. Auch im Salon sind wir nicht unter uns. Die schottische Leibgarde des Königs ist stets präsent. Nein, blanker Stahl wird heute nicht das Mittel der Wahl sein, wahrscheinlicher wäre eine Prise Gift im Wein.«
Entsetzt starrte sie den Botschafter an, der jedoch herzlich lachte.
»Macht nicht so ein Gesicht! Das wird nicht geschehen! Ihr trinkt, was ich trinke, und haltet Euch in meiner Nähe.« Giustiniani schien bester Laune und schien dem Wein schon reichlich zugesprochen zu haben, denn plötzlich begann er zu deklamieren:
»Euch Kleine trug ich in Gewandes Falten
Von dannen, wo der Berg Carena stand;
Und eine Löwin, zahm – durch Zaubers Walten -
Vom Dickicht her zu euch die Wege fand.
Aus ihren Zitzen – Mühe galt’s verwenden! -
Ließ ich euch zwanzig Monde Nahrung spenden.«
»Das ist aus Ludovico Ariostos Orlando Furioso «, sagte
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